„Black Friday“
Wissenschaftler der DHBW Karlsruhe gibt Einblicke in die Konsumentenforschung

Foto: Bildrechte: DHBW KA//RAS

„Black Friday“ – Die Psychologie der (digitalen) Schnäppchenjagd

Mit dem „Singles´Day“, dem weltweit umsatzstärksten Shopping-Event, ging es am 11.11. wieder los. Dann startete die „Black Week“, um am kommenden „Black Friday“ und „Cyber Monday“ traditionell wieder das Weihnachtsgeschäft einzuläuten. Doch warum ist dieses Massenphänomen der Schnäppchenjagd für viele so verlockend? Das erklärt Jan Michael Rasimus, Leiter des Eye Tracking-Labors der DHBW Karlsruhe, anhand von Erkenntnissen aus den Neurowissenschaften und der Konsumentenforschung.

Spannungsbogen
Rasimus: Die Erwartungen an den „Black Friday“ sind für viele Menschen enorm hoch. Seit Wochen ist das Thema omnipräsent. Es wird intensiv geworben, satte Rabatte in Aussicht gestellt und durch Countdowns zum großen Ereignis heruntergezählt. So entsteht der FOMO-Effekt. Die Abkürzung steht für „fear of missing out“, also die Angst, attraktive Angebote zu verpassen.

Belohnungssystem
Rasimus: Schon die Aussicht auf tolle Schnäppchen kann das Belohnungssystem des Gehirns aktivieren. Es motiviert dazu, bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen. Botenstoffe, wie Dopamin, sorgen dann für wahre Glücksgefühle, steigern das emotionale Verlangen und können so das Verhalten beeinflussen. Hirnareale, die uns sonst rational und vernünftig handeln lassen, sind dann deutlich weniger aktiv. Tatsächlich ist der Begriff Kaufrausch gar nicht so unpassend, denn es sind die gleichen Prozesse, die auch bei Rauschmitteln eine Rolle spielen.

Trigger-Reize
Rasimus: Trigger-Reize, die aus der Verkaufspsychologie bekannt und durch Eye Tracking (Blickverlaufsanalysen) nachweisbar sind, spielen an diesen Tagen natürlich auch eine wesentliche Rolle. Angebote in Verbindung mit grellen Signalfarben ziehen magisch an. Sie vermitteln einen Sonderangebots-Charakter und wirken oft sogar noch stärker als der Preisnachlass selbst. Gleiches gilt für erlernte Symbole, Rabatt-Kennzeichnungen und Signal-Worte („Top-Deal“, „Sale!“, „billig“, etc.), die direkt ins Auge springen und Glücksgefühle auslösen. So genannte Ankerpreise werden durchgestrichen als Bezugsgröße neben den reduzierten Angebotspreisen platziert und suggerieren enorme Rabatte. Verknappung und Dringlichkeit (z.B. „Preisalarm“, etc.) steigern die Spannung zusätzlich, da die besten „Deals“ limitiert und nur für kurze Zeit verfügbar sind. Sie verführen leicht zu Impulskäufen. Es sind also die Gesamtinszenierung, das Einkaufserlebnis als solches und die geschaffene Atmosphäre, die Menschen zu Schnäppchenjäger*innen machen.

Shoppertainment
Rasimus: Ein klarer Trend rund um den Black Friday ist zunehmend das Shoppertainment. Eine Kombination aus E-Commerce (Shopping) und Unterhaltung (Entertainment) im Livestream. Es erinnert ein bisschen an das frühere Teleshopping im Fernsehen, ist im digitalen Zeitalter aber deutlich interaktiver. So können Zuschauer*innen beim Live-Shopping via Smartphone nicht nur direkt bestellen, sondern auch mit beliebten Moderatoren, Stars oder Influencern in direkten Dialog treten, um Fragen zu stellen, Wünsche und Meinungen zu äußern, an Spielen und Verlosungen oder unterhaltsamen Produktpräsentationen und Show-Acts teilzunehmen. Gleichzeitig erhalten sie hilfreiche Anwendungstipps. So wird die Schnäppchenjagd zum spannenden Einkaufserlebnis mit Event-Charakter und Rahmenprogramm. Während beim Online-Shopping in Deutschland bisher oft noch die Zeit- und Kostenersparnis im Vordergrund stand, haben jüngere Generationen (GenZ und zunehmend GenAlpha) bereits umfangreiche Erfahrung mit Social Commerce, also der Inszenierung und dem Verkauf von Produkten über Social Media-Plattformen gesammelt. Auch einige Händler setzen daher bereits auf digitale Live-Events. In Asien oder den USA hat sich Live-Shopping bereits seit einigen Jahren als gemeinsame Freizeitbeschäftigung etabliert. So werden die Tage rund um den „Singles´Day“ und „Black Friday“ als soziale Mega-Events zelebriert und hohe Milliarden-Umsätze erwirtschaftet.

Tipps für die erfolgreiche Schnäppchenjagd
Rahmenbedingungen
Rasimus: Tatsächlich bieten Händler oft auch „Best-Preis-“ und verlängerte „Geld-zurück-Garantien“ bei Nichtgefallen an, um das Bestell-Risiko für Kund*innen zu reduzieren. Dennoch sollten bisher unbekannte Anbieter genau überprüft werden (Impressum, AGBs, Kontaktmöglichkeiten, Zahlungsbedingungen, Gütesiegel, etc.), um nicht auf täuschend echt wirkende Fake Shops hereinzufallen. Denn gerade an solchen Aktionstagen, wenn Kaufentscheidungen allzu spontan getroffen werden, steigt auch die Gefahr auf Lockangebote wenig seriöser Händler hereinzufallen.

Vorbereitung
Rasimus: Um gut vorbereitet in die Rabattschlacht zu gehen, empfiehlt es sich, bereits im Vorfeld gezielt eine Liste für geplante Anschaffungen zu erstellen. Eine „horizontale Suche“ durch Preissuchmaschinen schafft Preis-Transparenz. Auch vermeintliche „Top-Deals“ sollten noch einmal kritisch geprüft und verglichen werden. Eine bewusste Pause zwischen dem Entdecken eines attraktiven Angebots und der Bestellung schützt vor unüberlegten, emotionalen Impulskäufen. Aus psychologischer Sicht sollten Einkäufe sofort beglichen werden. Allzu flexible Zahlungs- oder Finanzierungsmodalitäten vermindern nämlich den so genannten „Preisschmerz“ beim Bezahlen. Der Verlust des Geldes wird dann nicht unmittelbar spürbar und man neigt dazu, mehr auszugeben als ursprünglich geplant.
www.karlsruhe.dhbw.de

Autor:

Susanne Diringer aus Karlsruhe

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