Landau war Zentrum jüdischen Lebens
Seit dem Mittelalter

Die Judengasse in Landau um das Jahr 1900 | Foto: Stadtarchiv Landau
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  • Die Judengasse in Landau um das Jahr 1900
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Jüdisches Leben. Bereits im Mittelalter gab es jüdisches Leben in Landau. Bis 1900 wuchs die Zahl der Landauer jüdischen Glaubens auf über 800. Die Einweihung der Synagoge 1884 war ein Fest für die ganze Stadt.

„Die Judengasse war für mich die interessanteste Gasse der Stadt. Sie war etwas breiter, als es sich für eine Gasse gehört. Auf der einen Seite standen ansehnliche Bürgerhäuser. Auf der anderen Seite hausten die Nachfahren der einstigen Gettobewohner in winzigen Häusern. Sie hatten hier ihre Trödel- und Antiquitätenläden, die mit zauberhaften Dingen angefüllt waren, mit Maskenkostümen, eingelegten Spieltischen und altem Porzellan. (…) Die Menschen in den kleinen Häusern schienen mir alle bedrückt und so, als trügen sie gemeinsam eine unsichtbare Last.“ So beschreibt die Landauerin Martha Saalfeld (1896 – 1974) das Leben in der Landauer Judengasse. In ihrem gleichnamigen Roman „Die Judengasse“ verarbeitet sie ihre Erlebnisse in Landau. Jüdisches Leben gehörte bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 fest zum Bild der Stadt, die Zentrum des jüdischen Lebens in der Südpfalz war.

1900 lebten über 800 Bürger jüdischen Glaubens in Landau

Die Landauer Bevölkerung nahm ab dem Jahre 1880 rasant zu, da die Festungsanlagen abgebaut wurden, erklärt die Leiterin des Landauer Stadtarchivs Christine Kohl-Langer und auch die jüdische Gemeinde wuchs. Der Landauer Ostring war Wohnort für viele Menschen jüdischen Glaubens. Bis 1869 gab es eine jüdische Volksschule. Sie wird im Areal des heutigen C&A vermutet und befand sich wahrscheinlich in einem Privathaus. Nach 1869 besuchten die jüdischen Kinder die Landauer Kommunalschulen. Im Jahre 1900 war die jüdische Gemeinde schließlich auf 821 Mitglieder angewachsen. Eine Zahl, die seither nicht mehr erreicht wurde.
Die Synagoge war lange Zeit ein fester Bestandteil der Landauer Stadtbilds. Die jüdische Gemeinde traf sich ab 1794 in einem Wohnhaus in der heutigen Gymnasiumstraße. Als die Stadt Landau der Gemeinde eine große Baufläche im Süden der Stadt schenkte, wurde eine prächtige Synagoge errichtet, die 1884 eingeweiht wurde. „Es war ein Fest für die ganze Stadt“, sagt Christine Kohl-Langer, „die Bürger feierten und christliche Pfarrer hielten Predigten zur Einweihung.“

Die prächtige Synagoge in Landau, die 1884 eingeweiht wurde | Foto: Stadtarchiv Landau
  • Die prächtige Synagoge in Landau, die 1884 eingeweiht wurde
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Erste bekannte Landauer Juden

Die Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Landau geht zurück bis ins Mittelalter. Im Jahre 1274 verlieh König Rudolf von Habsburg die Stadtrechte an Landau. Zu diesem Zeitpunkt war bereits jüdische Gemeinschaft ansässig. Eine Urkunde von 1329 erwähnt die ersten bekannten Landauer Juden: Neiher Nase und seine Frau Selkind. Sie waren Kammerknechte des Königs. „So war es oft: Juden wurden von einem Lehnsherrn geduldet und durften dann in seiner Stadt oder Siedlung leben“, so die Historikerin Kohl-Langer. Sie waren zwar rechtlich abgesichert, aber vom Lehnsherrn abhängig. Je nach Finanzbedarf ließ man Juden in der Stadt leben und arbeiten oder verwies sie wieder aus der Stadt, wenn es Krisen gab. Für Unwetter, Missernten oder die Pest wurde meist Juden als Minderheit die Schuld zugewiesen, erklärt Kohl-Langer.
Die Ansiedlung war geprägt von Zu- und Wegzug. Einerseits nahm man die Steuern gerne an, andererseits kam es häufig zu Zwistigkeiten „oftmals wegen Geld oder wirtschaftlicher Probleme.“ Wegen dieser Streitigkeiten wurden sie der Stadt verwiesen. Es war ein unstetes, unsicheres Leben. Jüdische Familien waren darauf angewiesen, ein überregionales soziales Netz zu weben, um sich ein wirtschaftliches und soziales Überleben zu sichern, sagt die Archivleiterin, denn „Mobilität braucht Netze“, fasst Kohl-Langer zusammen. Spätestens unter den Nationalsozialisten machten sich Kontakte ins Ausland bezahlt. uck/kim

Weitere Informationen:

Das Frank-Loebschen Haus mit der Dauerausstellung über das jüdische Leben in Landau an der Kaufhausgasse 9 ist dienstags bis donnerstags von 10 bis 12 und 14 bis 17 Uhr geöffnet. Freitags bis sonntags ist die Ausstellung von 11 bis 13 Uhr zu sehen.
Jüngst ist das Buch „Juden in Landau – Landauer Juden. Zur Geschichte einer Minderheit und ihrer christlichen Nachbarn“ von Dr. Marie-Luise Kreuter erschienen.

Tod und Vertreibung
Die Judengasse in Landau um das Jahr 1900 | Foto: Stadtarchiv Landau
Die prächtige Synagoge in Landau, die 1884 eingeweiht wurde | Foto: Stadtarchiv Landau
Autor:

Dehäm Magazin aus Ludwigshafen

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