Agentur für Arbeit Speyer
Myroslava Pylypiv unterstützt andere Ukrainer bei der Jobsuche

Fast genau ein halbes Jahr ist es her, dass die Ukrainerin Myroslava Pylypiv vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen ist. Weil sie sehr gut Deutsch spricht, arbeitet sie seit Anfang Juni bei der Agentur für Arbeit in Speyer und hilft anderen Geflüchteten, in Deutschland anzukommen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. | Foto: Cornelia Bauer
  • Fast genau ein halbes Jahr ist es her, dass die Ukrainerin Myroslava Pylypiv vor dem Krieg in ihrer Heimat geflohen ist. Weil sie sehr gut Deutsch spricht, arbeitet sie seit Anfang Juni bei der Agentur für Arbeit in Speyer und hilft anderen Geflüchteten, in Deutschland anzukommen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
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Speyer. "Ich wollte zuerst nicht glauben, dass das Ernst ist, dass wirklich Krieg ist." Fast genau sechs Monate ist es her, dass Myroslava Pylypiv ihre Heimat verlassen hat. Wenn die 32-Jährige von der Nacht erzählt, in der Russland die Ukraine angegriffen hat, dann hat sie Tränen in den Augen, ihre Stimme bricht. Die junge Frau ist alleine mit ihren beiden Kindern, ihr Mann arbeitet in Polen, als sie in den frühen Morgenstunden des 24. Februar von Lärm geweckt wird. Später wird sie erfahren, dass die Russen einen nahen Flughafen bombardiert haben. Die Geräusche, die sie wecken, sind die von Explosionen, aber auch die der Flugzeuge, die versuchen, noch schnell in die Luft zu kommen.

Zwischen Ungläubigkeit und Panik wechseln die Gefühle der jungen Ukrainerin in diesen Stunden. Sie weiß nicht, was sie tun soll. Schließlich flieht sie mit ihren Kindern und einer rasch gepackten Tasche vor dem Krieg. Sie lässt vieles zurück: Verwandte, Freunde, ihr Haus und fast all ihr Hab und Gut. Die Szenen, die sich an der Grenze nach Polen abspielen, sind schrecklich: Die vielen Menschen, die das Land verlassen wollen, die Panik, der Stress, das Weinen. Myroslava Pylypivs Kinder wollen bis heute nicht über die Erlebnisse dort sprechen. Auf der polnischen Seite der Grenze treffen sie den Vater. Gemeinsam reist die Familie weiter nach Schifferstadt, wo die Mutter von Myroslava Pylypiv seit vielen Jahren lebt. "Zwei Wochen wollten wir bleiben," erinnert sie sich. Ende Februar war sie sicher, dass der Krieg bis dahin vorbei sein würde. Ein Irrtum.

Myroslava Pylypiv ist hin und her gerissen in dieser Zeit, weiß nicht, wie es weiter gehen soll und ob sie in ihre Heimat zurückkehren kann. Dazu kommt die permanente Sorge um Verwandte und Freunde. Irgendwann sagt jemand zu ihr: "Du musst Dein Leben weiterleben - mit Deiner Familie." Ein Wendepunkt. Die junge Ukrainerin besinnt sich auf das, was sie im Unterschied zu vielen Geflüchteten kann: Sie spricht Deutsch. Ihre Uroma war Deutsche. Als Kind ist sie zwei Jahre in Schifferstadt zur Schule gegangen.

Myroslava Pylypiv und ihre Familie haben sich entschieden, den Neuanfang zu wagen. In Deutschland. Sie möchten hier ein neues Leben beginnen, arbeiten, sparen, sich etwas aufbauen, irgendwann vielleicht eine Wohnung oder ein Haus kaufen. Die beiden Kinder - 14 und zehn Jahre alt - gehen in Schifferstadt zur Schule. Ihr Mann lernt erst einmal Deutsch, während seine Frau bereits eine Arbeit gefunden hat: Seit Anfang Juni hilft sie als Mitarbeiterin der Agentur für Arbeit Speyer anderen Geflüchteten aus der Ukraine, in Deutschland anzukommen und auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Für Myroslava Pylypiv mehr als nur ein Job. 

Zu gut 80 Prozent sind es Frauen, die aus der Ukraine geflohen sind und die gemeinsam mit ihren Kindern und ohne ihre Männer hier neu anfangen müssen. "Das ist nicht leicht", weiß Myroslava Pylypiv. In einem fremden Land und ohne die Sprache zu können. Um so mehr freuen sich die Ukrainerinnen, auf eine der ihren zu treffen. "Sie sind unwahrscheinlich dankbar, manche umarmen mich, und oft wollen sie auch von ihren Erlebnissen auf der Flucht erzählen", berichtet Pylypiv von ihren bisherigen Erfahrungen. "Myroslava hat einen ganz anderen Zugang zu den Geflüchteten aus der Ukraine - eben weil sie ihre Erfahrungen teilt", sagt Sandrina Lederer, die Pressesprecherin der Agentur für Arbeit Ludwigshafen. Eigentlich soll die neue Agentur-Mitarbeiterin ihren Landsleuten das deutsche Sozialsystem erklären: Wo gibt es Sprachkurse? Wie kommt man an eine Arbeitsstelle? Wie funktioniert das mit dem Bezug von Arbeitslosengeld II? Doch oft wird es in den Gesprächen auch sehr emotional.

Zum 1. Juni sind die Geflüchteten aus der Ukraine in die Zuständigkeit der Jobcenter gewechselt. Derzeit beziehen rund 1.200 Menschen aus der Ukraine im Bereich der Agentur für Arbeit Ludwigshafen Leistungen - nicht viele für den gesamten Geschäftsbereich, findet Daniel Lips, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Ludwigshafen. 294 Teilnehmende mit ukrainischer Staatsangehörigkeit machen aktuell einen Integrationskurs. Lips schätzt, dass sich ein Drittel der Geflüchteten aus der Ukraine wie Myroslava Pylypiv in Deutschland eine Existenz aufbauen möchte. Ein Drittel sei entschlossen, wieder in die Ukraine zurückzukehren und warte auf das Ende des Krieges, und ein Drittel habe sich noch nicht entschieden. Auf jeden Fall sei das Erlernen der deutschen Sprache der Schlüssel zum deutschen Arbeitsmarkt. Auch wenn viele der Ukrainerinnen gut bis sehr gut Englisch sprechen, sei es ohne Deutsch selbst in internationalen Unternehmen schwierig, weiß Lips. 

"Ich hätte niemals erwartet, dass Deutschland unsere Leute so gut unterstützt". Myroslava Pylypiv ist gerührt, auch davon, wie herzlich ihre Kinder von ihren Mitschülern in Schifferstadt aufgenommen worden sind. Eine Schulkameradin ihrer Tochter hat sogar ein paar Worte Ukrainisch gelernt, um die neue Mitschülerin beim Deutschlernen noch besser unterstützen zu können. "Ich bin dankbar, dass meine Kinder hier in Sicherheit sind", sagt die Ukrainerin. Sie freut sich, dass sie anderen Geflüchteten helfen kann. Fast jeden Tag telefoniert sie mit ihren Verwandten in der Ukraine. Viele seien müde und erschöpft - und schon zu sehr an den Alarm gewöhnt, als dass sie noch im Keller Schutz suchen. Das bereitet ihr große Sorgen. "Ich bete jeden Tag für den Frieden", sagt sie.

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Cornelia Bauer aus Speyer

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