BriMel trifft
Ully Zahn für Ahrtal-Einsatz mit Verdienstmedaille geehrt

Ully Zahn mit seiner Urkunde und Medaille | Foto: Brigitte Melder
5Bilder
  • Ully Zahn mit seiner Urkunde und Medaille
  • Foto: Brigitte Melder
  • hochgeladen von Brigitte Melder

Böhl-Iggelheim. Am 22. November traf ich Ully Zahn, der nach 16 Monaten Einsatz nach der Katastrophe im Ahrtal wieder einmal im Ländle war. Er steht unmittelbar vor seiner 30. Tour und hat letztes Wochenende seinen 75. Helfertag absolviert. Insgesamt hat er in dieser Zeit ca. 15.000 Euro Spendengelder gesammelt und da kommt noch einiges drauf, wenn auf dem Weihnachtsmarkt wieder gesammelt wird und er das gespendete Geld über 500 Euro von der Böhl-Iggelheimer Kleiderkammer überreicht bekommt. Die vielen Sachspenden, die er in dieser langen Zeit ins Ahrtal bugsiert hat, kann man gar nicht mehr genau benennen, denn stets fuhr er bis unters Dach voll beladen mit seinem eigenen PKW VW Touran oder mit dem Transporter (Leihgabe von Herrn Schäffner) die Strecke von insgesamt über 14.000 km. Und dieses überdurchschnittliche Engagement wurde nun endlich in Form einer Ehrung honoriert. Er bekam am 17. November die Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz in Mainz. Ein Resümee über die vergangene Zeit:

???: In dieser Zeit war es für Dich ein ganz besonderes Erlebnis das ergreifende Gebet von einer jungen Dame, die selbst Helferin einer freien evangelischen Gemeinde war, und dich gesegnet hat. Wie hast du dich in dem Moment und später noch gefühlt?
Ully: Ja, das war in der Tat eine unerwartete, aber nicht weniger bedeutsame Begegnung, die mich zumindest nachdenklich gemacht hat. Generell muss ich sagen, dass einen die Ahrtal-Erfahrung ganz schön erdet, wenn man mit Menschen zu tun hat, die über Nacht plötzlich nichts mehr besitzen als das was sie anhaben.

??? Du wirst im Ahrtal bestimmt schon ein bisschen vergöttert, wenn du mit Deinem Wagen angerollt kommst? Hast Du dort schon viele Freundschaften geschlossen?
Ully: Also vergöttert ist jetzt mal wieder maßlos übertrieben. Aber du hast Recht, man hat im Laufe der Zeit immer wieder neue Anlaufstellen, die man anfährt, aber auch viele Kontakte die man immer mal wieder besucht. Und die Freude ist immer riesig. Gerade in den Zeiten, in denen man mit den Spenden eine der vielen Versorgungsstationen unterstützt hat. Da sind die Kontakte definitiv bestehen geblieben und auch Freundschaften entstanden; sowieso ist Zuhören ein ganz großer Bestandteil der Besuche im Ahrtal.

??? In Deinem Heimatort Böhl-Iggelheim genießt Du bereits hohes Ansehen. Da weiß man, wenn man Dir etwas in die Hand gibt, kommt es auch 100 % dort an. Was hältst du von den Hilfsaktionen, die bereits in TV und über das Radio angelaufen sind? Ich habe gehört, dass die Spenden immer noch nicht bei der Bevölkerung angekommen sind.
Ully: Ob ich ein hohes Ansehen genieße, das weiß ich nicht, das ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass die Flutkatastrophe im eigenen Land nicht vergessen wird oder durch andere Weltereignisse in den Hintergrund gedrängt wird und dass den Betroffenen direkt und unmittelbar geholfen wird und das solange es nötig ist.

Die frühen Spendenaufrufe über Funk und Fernsehen sind und waren auch wichtig. Damit wurden z.B. einige der vielen TinyHouse-Siedlungen finanziert, wobei ich hier meine Haltung gegenüber den großen Hilfsorganisationen deutlich geändert habe. So ist z.B. von einer der Organisationen bekannt, dass sie selbst einen Verwaltungsaufwand von 13% angeben, d.h. von 1 Million Euro Spenden sind 130.000 € schon mal weg. Dazu kommt, das diese Hilfsorganisationen laut Satzung gar nicht an Privatpersonen auszahlen dürfen.

Überspitzt heißt das für mich: Ein Liter Milch an eine betroffene Familie zu überreichen macht mehr Sinn wie 100 € an „die Großen“ zu spenden, von der direkt erlebten Dankbarkeit mal ganz abgesehen.

??? Führst du Buch über Deine Spendenaktionen? Was alles an Spendengütern eingegangen ist und wieviel an Spendengeldern? So langsam verliert man doch den Überblick oder?
Ully: Naja … über die materiellen Spendengüter führe ich kein Buch, das wäre von Anfang an zu aufwendig gewesen, jede Schippe und jeden Besen zu zählen. Übrigens, allein die privaten Material-Spenden belaufen sich mit Sicherheit auf über zehntausende Euro. Was ich aber natürlich mache, ich führe quasi eine Liste mit Einnahmen (Geldspenden) und Ausgaben (egal in welcher Form). Jeder noch so kleine Betrag, egal über welchen Weg er mich das erreicht und jede Ausgabe, wird transparent nachgehalten und kann auch jederzeit eingesehen werden. Das ist mir wichtig!

??? Wie sieht es mit Spenden speziell für Kinder aus? Was wird da gebraucht, damit du in strahlende Kinderaugen blicken kannst?
Ully: Aktuell ist es so, dass dank massiver Unterstützung einiger fleißiger Spendeneinsammler wirklich viele Kinder Winter-Kleidung und -Schuhe bekommen, die ich direkt an betroffene Familien weitergebe und zu Weihnachten werden natürlich auch wieder Päckchen organisiert. Vergangenes Wochenende hat sich z.B. eine Mutter wie wahnsinnig über einen Kindertragegurt gefreut, damit sie mit ihrem vier Monate alten Jungen endlich wieder aus dem Haus kann.

??? Was hast du für einen Eindruck? Geht es gut voran oder was würdest du dir wünschen?
Ully: Ich würde mir wieder bessere Stimmung unter den Helfern wünschen - der Spirit der Anfangszeit ist vorbei - und mehr Akzeptanz der Behörden, die nach und nach alle Versorgungsstationen schließen. Dabei gibt es immer noch Einzelschicksale, gerade von älteren Menschen, die durch das Raster fallen und die nach wie vor noch dringend Unterstützung brauchen, und dass die Gelder der ISB schneller ausbezahlt werden.

??? Und jetzt möchte ich von Dir wissen, wie Du Dich fühltest als der Anruf oder Brief kam mit der Einladung zur Ehrung Deiner Verdienste nach Mainz. Erzähl mal.
Ully: Die Einladung kam per Brief von der Staatskanzlei. Der erste flüchtige Blick und ein ungutes Gefühl … „Was kann das bloß sein?“ wandelte sich schnell in Ungläubigkeit. Ich wusste, dass die Gemeinde schon nachgefragt hatte, aber dass meine Daten dann an das Land Rheinland-Pfalz weitergegeben wurden …..damit habe ich nicht gerechnet, und es wurden auch nur 150 Personen geehrt. Da waren ganz andere Kaliber dabei, vor denen auch ich den größten Respekt habe.

??? Die Verdienstmedaille wird einen ganz besonderen Platz bei Dir haben. Wo?
Ully: Am Anfang wohl in meinem Büro, vielleicht bei der Familiengalerie. Aber irgendwann kehrt wieder Alltag und Normalität ein, dann wird sie wohl in der Schublade verschwinden. Man muss das nicht überbewerten.

Vor allem möchte ich dazu noch eins sagen. Ich habe mir echt überlegt, ob ich die Medaille annehmen soll. Gerade von einer Landesregierung, die im Sommer 2021 in Punkto Katastrophenschutz wahrlich nicht geglänzt hat und vor allem auch in der Nachbearbeitung nicht fehlerfrei war bzw. ist. Siehe Untersuchungsausschuss.

Aber wenn bei der Ehrung 150 Helfer diesen speziellen Verdienstorden „Flut 2021“ mit dem (O-Ton): „… als Anerkennung für besondere Ehrenamtliche Verdienste um die Gesellschaft und die Mitmenschen beim Einsatz im Ahrtal bei der Flut 2021 - stellvertretend für die vielen tausend Menschen, die ehrenamtlich weit über ihre Grenzen hinaus gegangen sind und gemeinsam das Unmögliche möglich gemacht haben“ … überreicht bekommen, dann nimmt man den auch an.

Ich sage damit auch DANKE an meine Familie, die mir in der Zeit auch den Freiraum gegeben hat und immer noch gibt, an all meine Helfer und Spender, die mich mit Material- und Geldspenden unterstützt haben; ohne sie da draußen wäre die Hilfe nicht möglich gewesen. Damit ist dieser Orden auch ein Teil der Zusammenarbeit und ein Dank an Jeden.

??? Die Verdienstmedaille ist sowas von verdient und das ganze Dorf ist glücklich darüber, dass Dein Engagement nach so langer Zeit Früchte trägt. Ich jedenfalls bin sehr froh darüber. Herzlichen Glückwunsch!

Wer Ully Zahn bei seinen ehrenamtlichen Hilfsaktionen unterstützen möchte, darf gerne (nach Rücksprache mit ihm) in Form von materiellen Gütern spenden oder auch gerne über den aktuellen Paypal-Moneypool spenden: https://www.paypal.com/pools/c/119481300076535149
Herzlichen Dank Ully, unser Hero von Böhl-Iggelheim!
(mel)

Autor:

Brigitte Melder aus Böhl-Iggelheim

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

53 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

LokalesAnzeige
Ein echter Familienbetrieb: Das Bio-Weingut Mohr-Gutting in Duttweiler in der Pfalz | Foto: Bioweingut Mohr-Gutting/gratis
3 Bilder

Bioweingut Mohr-Gutting: Bio-Weine bester Qualität aus Duttweiler

Bioweingut Duttweiler. Abseits des Trubels der Deutschen Weinstraße, im Neustadter Ortsteil Duttweiler in der Pfalz, befindet sich das Weingut Mohr-Gutting. Der Fokus des Betriebes liegt auf Bioweinen. Biologische Vielfalt im ökologischen Weinbau fördern, darum geht es der Familie Mohr-Gutting. Bio? Logisch! Denn die Winzer von Mohr-Gutting setzen konsequent auf ökologischen Weinbau im Einklang mit der Natur. Wer speziell nach Bio-Weinen in der Pfalz sucht, der kommt am Weingut Mohr-Gutting...

Online-Prospekte aus Haßloch und Umgebung



add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.