Aus dem Schultagebuch von Karl Meißner (Teil 9)
Erinnerungen an die Westschule

Die Lehrerinnen und Lehrer an der Westschule im Jahr 1968.  Fotoarchiv: Markus Pacher
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Von Markus Pacher

Neustadt. In seinem Schul-Tagebuch erinnert sich mein Großvater Karl Meißner an seine Zeit als Lehrer an der West- und Ostschule. Nach dem Kriegsende unterrichte er zunächst bis zum Sommer 1949 an der Schillerschule in Haßloch, bevor er an seinen Wohnort versetzt wurde. In loser Folge möchten wir die Aufzeichnungen von Karl Meißner unseren Leserinnen und Lesern zugänglich machen. Sie bilden ein interessantes Dokument zum Unterrichtssystem im Nachkriegsdeutschland.

Eine erste Klasse habe ich in einem größeren Schulsystem nur einmal für kurze Zeit in meinem ersten Neustadter Jahr geführt. Das ist nun schon lange her. Ich muss mich neu eingewöhnen. Die Mentalität der Kinder ist eine andere als der Schüler auf der Mittel- und Oberstufe. dem Bewegungs- und Mitteilungsdrang muss hier besonder Rechnung getragen werden. Ihre Phantasie ist anzuregen und in Spiel, Musik und zeichnerischem Gestalten der Boden zu bereiten, auf dem allein ein erfolgreiches Lernen möglich ist.
Es ist ein Freude zu beobachten, wie die Mädchen allmählich zu mir als einer männlichen Lehrperson Vertrauen fassen uns sich willig meinen Anordnungen fügen.
Nur ein Geschwisterpaar verdirbt mir fortwährend das Konzept. Es sind Zwillingskinder eines Kaufmannehepaares aus der Kellereistraße, das ein Lebensmittelgeschäft betreibt. Die Kinder wiederholen die erste Klasse. Sie bekommen außerdem von dem Kollegen Klabes, einem Flüchtlingslehrer, Nachhilfestunden. Wenn sie die Klasse wieder nicht bestehen, müssen sie das nächste Schuljahr in die Hilfsschule überwechseln. Nach wenigen Tagen ist es mir klar, dass sie es nicht schaffen. Es mangelt ihnen völlig na Konzentration. Sei krabbeln unbekümmert über Tisch und ’Bänke; lachen in einem fort widerlich laut; sprechen zusammenhangloses Zeug über die Klasse hin und können kaum einige Worte lesen oder schreiben. An ein Versetzung in die nächste Klasse ist nicht zu denken. Ich erkläre es dem Vater und später auch der Mutter und berate sie in dem Sinn, die Kinder doch in die Hilfsschule zu schicken.
Dort seine die Lehrer auf Lernschwierigkeiten dieser Arte eingestellt. Aber sie wollen davon nichts wissen. „Nein, nein“, wehren sie ab, „wir können doch die Kinder nicht in die Dummschule tun. Was werden die Nachbarn und Kunden sagen, wenn sei davon hören?“ Es nützt nichts, dass ich von falschen Vorurteilen spreche. Sie lassen meine Einwände nicht gelten. Ja, der tüchtige Geschäftsmann bietet mir zuletzt eine Flasche Kognak an. Ich solle sie ruhig nehmen, er wolle mich jedoch auf keinem Fall bestechen. Wem nicht zu raten , ist nicht zu helfen. Die Kinder dürfen nicht vorrücken. Was mit ihnen geschieht ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Eltern sprachen davon, sie in ein Privatschule zu lassen.

Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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