300 Jahre alter Keller unter dem Wall:
Nur noch ein Gewölbe erinnert an die große Geschichte

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Philippsburg. Auf einige wenige Relikte aus der Festungszeit zwischen 1623 und 1799 kann Philippsburg stolz sein. Nur noch ansatzweise erinnern sie an die große Vergangenheit der einst mächtigsten Bastion am Rhein. Doch diese militärische Bedeutung hat der eigenen Bevölkerung und auch den Nachbargemeinden viele Belagerungen und Beschießungen beschert, immer wieder zur Zerstörungen und Vernichtungen von Menschenleben geführt.
Napoleon Bonaparte ließ das gegnerische Bollwerk schleifen. Zu den Überbleibseln gehören die Kasematten, auch Festungskeller genannt. Dabei handelt es sich Gewölbe, die gegen feindlichen Beschuss gesichert waren. Neben Rastatt und Germersheim hat Philippsburg eine solche Hinterlassenschaft aufzuweisen. Über dem historischen Gemäuer erhebt sich heute das Altenpflegeheim St. Franziskus.
Wer den rund 200 Quadratmeter großen Keller betritt, fühlt sich in finstere Kriegszeiten versetzt. Unter der Stadt lagerten damals Waren der verschiedenen umherziehenden Händler, Munition und vor allem Pulver für die Garnison. Heute ist im Innern ein tiefer Brunnen aus Ring- und Sandsteinelementen zu bewundern, der früher vor dem Eingangsbereich als Wasserreservoir diente. Er steht, wie damals üblich, auf Eichenbalken.
Wie alt der Festungsteil ist, weiß niemand so genau. Ursprünglich bestand die Unterkunft aus vier Gewölben. 1760 wird in einem Protokoll des Stadtrates ein „Keller unter dem Wall” bei der St. Josephi-Bastion erwähnt, ein genauer Lageplan ist beigefügt. Um 1844 nutzte eine Brauerei den Keller für die Herstellung untergärigen Biers. In dieser Zeit gab es auch eine „Gaststätte zum Felsenkeller". Zuletzt dienten von 1966 bis 1973 zwei der drei Bestände den Sportschützen fürs Pistolenschießen.
Seit 1983 steht die Anlage unter Denkmalschutz. Zur intensiven Forschung der Entstehungsgeschichte und der Verwendung der Kellerräume gründeten orts- und heimatverbundene Bürger den „Förderverein Festungskasematten“, der im Laufe der Zeit erhebliche Erd- und Restaurierungsarbeiten durchgeführt hat. 2007 war es so weit: Der ursprüngliche Zustand konnte wieder hergestellt werden.
Um Platz für das „Seniorenheim St. Franziskus" zu schaffen, sollte aus Kostengründen alle Reste der Vergangenheit verschwinden. Doch dann entschloss sich der Gemeinderat 1994 mit knapper Mehrheit für einen Teilerhalt: Nur das Gebäude „Zum Felsenkeller" und das südöstlich gelegene vierte Gewölbe von etwa zwölf Meter Länge kamen weg: zum Leidwesen vieler Heimatfreunde. Das Altenpflegeheim nahm 1997 den Betrieb auf.
30 alte Öffnungen im Sockelbereich des stets frostfreien Kellers sorgen für die Belüftung. Bis heute führen 24 kaminartige Lüftungsschächte in den Außenwänden und sechs in den Innenwänden nach oben. Die Zufuhr von Frischluft wird als Hinweis auf eine frühere Nutzung als unterirdische Bevorratungs-, Produktions- oder Aufenthaltsräume gewertet. In den Anfangsjahren gab es einen Lehmboden, heute sind dicke Steinplatten gelegt, alle in Handarbeit gefertigt.
Mit Stolz führen die sachkundigen Vorstandsmitglieder Wolfgang Bretschneider, Bruno Brogle und Heinz Herberger in das Reich der Vergangenheit, spannen den Bogen über 300 Jahre Festungsgeschichte. Seit der Fertigstellung 2007, so informieren sie, kann der beeindruckende Felsenkeller als Veranstaltungsraum verwendet werden, so für Hochzeiten, Betriebsfeiern, Ausstellungen. Doch Corona erschwert solche Vermietungen. Der Verein braucht die Belegungen, um die laufenden Ausgaben bestreiten zu können, für die Notbeleuchtung und die Ventilatoren, für Ausbesserungsarbeiten und Versicherungsgebühren. Wer Interesse hat: kontakt@felsenkeller-kasematten.de.

Autor:

Werner Schmidhuber aus Waghäusel

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