In sieben Tagen mit dem Bike von München nach Venedig
Traumpfad

Saftige Wiesen, zackige Kalkriesen am Dolomitenradweg | Foto: Markus Pacher
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  • Saftige Wiesen, zackige Kalkriesen am Dolomitenradweg
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Transalp.  Viele kennen den viel gerühmten Traumpfad von München nach Venedig: Auf Schusters Rappen in 31 Tagen vom Theresienplatz zum Markusplatz. Einen ganzen Monat Urlaub nehmen? Pusteblume, das schaffen wir niemals. Wir, das ist außer mir noch mein langjähriger Outdoor-Kumpel Thierry, der hochgewachsene Belgier mit den stahlharten Beinen. Unsere Idee: Wir schwingen uns auf die Mountainbikes und schaffen das in einer Woche. Sieben Tage quer durch die Alpen. Sieben Tage strampeln und Seele baumeln lassen in einem der schönsten Natur- und Kulturparadiese der Erde.

Von Markus Pacher

Was für ein Auftakt! Eben noch im Trubel der Millionenstadt München, nach weniger als einer halben Stunde mitten in der Natur. Saftige Wiesen und pittoreske, typische bayrische Bauerndörfer säumen unseren Weg gen Süden, immer das Weichbild der Alpen im Visier. Genussradeln vom Feinsten!

Frische Forelle am Tegernsee

Bald erreichen wir den Tegernsee, schütteln bei einem erfrischenden Bad im kühlen Nass die letzten Alltagssorgen von uns ab. In Wildbad Kreuth, bekannt für seine Fischzucht, goutieren wir ein leckeres Forellenbrötchen, genehmigen uns ein eiskaltes Bierchen, radeln alsbald am Ufer des Achensees entlang. Sein fjordartiger Charakter erinnert an unsere Norwegen-Tour vor zwei Jahren. Nur ist es dieses Mal zwanzig Grad wärmer und wir schwitzen, was das Zeug hält. Aber wie heißt es so schön: Vor dem Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt. Das spüren wir ganz besonders beim Steilaufstieg zum Dalfazer Wasserfall. Auf der Aussichtsplattform in luftigen Höhen errichten wir unser Nachtlager, genießen den Tiefblick auf den Achensee und die untergehende Sonne und schlummern trotz Getöse den Schlaf der Gerechten.

Bei brütender Hitze hinauf zum Brenner

Mit einer steilen Abfahrt vom Achenpass ins Inntal begrüßt uns der nächste Tag. Bretteben ist der Inntalradweg nach Innsbruck. Direkt unter dem Goldenen Dachl, dem Wahrzeichen der Stadt, genießen wir unseren Cappuccino nebst Sachertörtchen. Einziger Wermutstropfen: Unerbittlich brutzelt die Sonne auf uns herab. Der Anstieg zum Brenner bei brütender Hitze erweist sich als Höllenqual. Wer sich diese ersparen möchte, sei dringend empfohlen, sich in Innsbruck in den Zug zu setzen und auf der Passhöhe ganz entspannt auszusteigen. Über eine stillgelegte, zum Radweg umfunktionierte Bahntrasse sausen wir schließlich hinunter nach Sterzing. Bella Italia, wie schön bist du! Jetzt geht’s Richtung Eissacktal. Gebirgsbäche säumen unseren Weg. Einer davon lockt zum Biwakieren, bevor wir am nächsten Tag ganz entspannt durchs wunderschöne Pustertal radeln und im Vorbeiflug das berühmte Kruzifixus von Michael Pacher bewundern.


Durch die weißen Berge

Nach dem Brenner entpuppt sich die Passstraße nach Toblach als nächste große Hürde auf dem langen Weg in die Lagunenstadt. Auf einer unweit des Toblacher Sees gelegenen Wiese schlagen wir unsere Zelte auf und bereiten bei strömenden Regen, mehr schlecht als recht von einer Bergrettungsfolie geschützt, unsere italienisches Spezialgericht à la Spaghetti Carbonara zu. Der Dolomitenradweg führt uns über die ehemalige Trasse der legendären Dolomitenbahn durch die weißen Berge bis ins Piave-Tal mit seinen endlos großen Kiesbänken. Dieser Weg ist einfach sensationell und verdient nicht zu Unrecht das Prädikat einer der schönsten Radstrecken Europas.

Grandioser Blick auf die Drei Zinnen

Er lohnt sich allein schon wegen seines grandiosen Blicks auf die gigantischen Felstürme der Drei Zinnen. Menschenmassen begegnen uns im mondänen Cortina d’Ampezzo, dort, wo sich die Schönen und Reichen die Klinke in die Hand geben und wir zwei schwitzenden Radler ein eher mitleidiges Lächeln ernten. Auf unserer endlosen Abfahrt Richtung Mittelmeer folgt ein Highlight auf das andere - nicht zu Unrecht zählt der sogenannte „Lange Weg der Dolomiten“ zu den schönsten Radstrecken Europas. Kultureller Höhepunkt ist das idyllische Bergdorf Pieve di Cadore, bekannt als Geburtsstadt Tizians.

Wunderort Vittorio Veneto

Unsere Weiterfahrt ist zwar nicht ganz so spektakulär, aber landschaftlich und kulturell nicht minder reizvoll. Entlang eines idyllisch durch Wiesen- und Ackerlandschaften schlängelnden Kanals radeln wir zum malerisch in die venetischen Alpen eingebetteten türkisfarbenen Lago del Santa Croce. Vorbei am Lago Morto leiten uns zahlreiche rasante Schussfahrten in die fantastische Stadt Vittorio Veneto. Ihr unfassbarer Reichtum an Palazzi und Kirchen aus dem Mittelalter der Renaissance lässt uns vor Begeisterung den Atem stocken. Warum haben wir noch niemals zuvor etwas von diesem Wunderort gehört?
Plötzlich schlägt das Wetter um. Sintflutartige Regenfälle begleiten uns. In völlig durchnässtem Zustand setzen wir zum Endspurt nach Treviso an und erreichen unser vorletztes Etappenziel über die Autostraße, wo wir völlig durchnässt aber gesund und glücklich am frühen Abend eintreffen - und uns ausnahmsweise einmal ein Hotel gönnen.

Traumstadt Venedig

Nun trennen uns nur noch fünfzig Kilometer von Venedig, der Stadt unserer Träume. Und sie ist es geblieben, trotz oder gerade wegen Corona. Denn diesmal müssen wir uns nicht ins internationale Getümmel stürzen, sondern bewegen uns (fast) menschenfrei durch die engen mittelalterlichen Gassen, begleiten die Gondeln auf ihrem Weg durch die Kanäle, staunen über die Prachtbauten am Markusplatz und spüren dabei nur ein ganz klein wenig unsere strapazierten Beine. Fazit: 550 Kilometer spektakulärer Radgenuss und 3.800 Höhenmeter verteilt auf 6 Tagesetappen. Das nächste Mal mit dem E-Bike? Mein im 60. Lebensjahr befindlicher treuer belgischer Begleiter schaut mich verdutzt an und meint. „Wenn du Seniorensport betreten willst, ohne mich. Dazu bin noch viel zu jung!“ pac

Autor:

Markus Pacher aus Neustadt/Weinstraße

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