Zu den Vorgängen im Stadion / Update
KSC und Fans kritisieren Polizeieinsatz im Karlsruher Wildparkstadion

- Symbolbild von Polizei am Karlsruher Wildparkstadion
- Foto: Archiv www.jowapress.de
- hochgeladen von Jo Wagner
UPDATE
am 5.5., 14.45 Uhr, mit Aussagen der Polizei Karlsruhe
am 5.5., 17.15 Uhr, mit Aussagen des KSC
am 6.5., 17 Uhr, Aussage der Polizei
Karlsruhe. Südwestderby, volle Hütte, Blau-Weiß dominiert in der Stadt, viele Pfälzer-Fußballanhänger, angespannte Vorfreude, viel Polizei im Umfeld, Reiterstaffel, Mannschaftswagen im weiteren Umkreis und an den Zufahrtsstraßen … An sich herrschte bei den Fans beider Lager beste Stimmung am Sonntag in den Fanblöcken; "Gefrotzel", Schals, Gesänge - beim FCK noch Fahnen, Choreo.
Doch im Karlsruher Block findet vor dem Spiel nichts statt: keine Fahnen, keine Choreo! Die Karlsruher Fans haben kurzfristig beschlossen, alles im KSC-Fanblock abzusagen. „Die Polizei hat heute das erste Mal in Uniform die Eingangskontrollen auf unserer Südtribüne überwacht“, schildert die „Fanhilfe Karlsruhe“ die Situation: Dabei hätten sich Polizeieinheiten direkt auch in einem der Fluchtwege für die Südtribüne positioniert, diesen quasi verschlossen! Augenzeugen schildern, dass die Karlsruher Polizei eine „Kontrolle“ vorgenommen habe.
Die "Fanhilfe" schildert den Vorgang
Auf geposteten Fotos ist unter anderem zu sehen, wie eine größere Anzahl an Polizisten quasi eine Imbissbude abriegelt, auch in einem Bereich ist, in dem Kinder/Frauen und Männer beim Zugang getrennt werden. „Plötzlich“ habe sich die Polizei „behelmt“ und „Platz geschaffen“, beschreibt die „Fanhilfe Karlsruhe“ die Vorgänge weiter. Die freudige Derbystimmung kippte durch das Verhalten der Polizei: Augenzeugen zufolge geschah das auch mit körperlicher Gewalt durch die Polizei: „Fans wurden von hinten geschoben, bekamen Knüppel auf den Kopf und wurden körperlich angegangen“, so die „Fanhilfe Karlsruhe“ in ihrer Mitteilung, die auch über Soziale Medien geteilt wurde.
Ordnungsdienst habe mangelhaft kontrolliert, so der Vorwurf der Karlsruher Polizei
Die Polizei Karlsruhe nimmt dazu am Montag Stellung: "Bei der Überwachung der Art und Weise der Einlasskontrollen des eingesetzten Ordnungsdienstes wurden von vor Ort eingesetzten uniformierten Polizeikräften kurz nach 12:00 Uhr offensichtlich sicherheitsrelevante Mängel festgestellt, worüber der Sicherheitsbeauftragte des KSC mit der Forderung nach Nachbesserungen unmittelbar in Kenntnis gesetzt wurde".
KSC widerspricht Polizei-Aussagen
Dieser Polizei-Aussage widerspricht allerdings der KSC: "Der Sicherheitsbeauftragte des KSC wurde gegen 12 Uhr durch die Polizei informiert, dass Mängel in der Qualität der Einlasskontrolle auf der Südtribüne festgestellt wurden", so der KSC in einer MItteilung. Auf Rückfrage des Sicherheitsbeauftragten zu detaillierteren Informationen, um als Veranstalter gegen die vermeintlichen Schwachstellen vorzugehen, "konnte die Aussage seitens der Polizei nicht konkretisiert werden und keine weiteren Informationen übermittelt werden". Der Sicherheitsbeauftragte des Vereins informierte umgehend den Veranstaltungsleiter sowie den Bereichsleiter des Sicherheitsdienstes, welche sich zu diesem Zeitpunkt vor Ort im Bereich der Einlasskontrolle befanden.
Beurteilung der Einlasskontrolle im Blick
"Beide konnten keine sichtbaren Mängel bei der Einlasskontrolle feststellen", so der KSC: "Der Veranstaltungsleiter informierte sich bei den vor Ort befindlichen Einsatzkräften der Polizei, welche vermeintlichen Mängel festgestellt wurden. Daraufhin wurde ihm mitgeteilt, dass die Qualität der Personenkontrolle an den Drehkreuzen unzureichend sei." Aus diesem Anlass wurde nach Angaben des KSC der eingesetzte Sicherheitsdienst nochmals angewiesen, die Kontrollen intensiv durchzuführen. Weitere Forderungen der Polizei Karlsruhe zur Nachbesserung der Einlasskontrolle seien zu keinem Zeitpunkt an die Verantwortlichen des KSC übermittelt worden. Der von Seiten der Polizei Karlsruhe in der heutigen Pressemitteilung geäußerte Verdacht, dass verbotene Gegenstände in das Innere des Stadions gebracht werden sollen, wurde den Verantwortlichen des KSC "weder zum Zeitpunkt der Einlassphase noch im weiteren Verlauf kommuniziert." Darüber hinaus sei die separate Kontrolle der durch die aktive Fanszene mitgeführten Fanutensilien ohne Beanstandungen verlaufen, teilt der KSC mit - und wird deutlich: "Eine davon abweichende Beurteilung durch die Polizei ist uns bis heute nicht bekannt."
Unterschiedliche Schilderung der Vorgänge
"Da trotz dieser Forderungen in der Folge Angehörige des KSC-Fanlagers und deren mitgeführte Gegenstände sichtlich unzureichend kontrolliert den Einlass passierten, bestand Seitens der Polizei der Verdacht, dass verbotene Gegenstände in das Stadioninnere gebracht werden sollen", so der Pressesprecher der Polizei Karlsruhe: "Im weiteren Verlauf sammelten sich rund einhundert offenbar solidarisierende Personen vor den Einsatzkräften, um die Beobachtungen der Polizei bei den Einlasskontrollen zu erschweren bzw. zu verhindern." Hierbei wären eingesetzte Beamte auch aktiv bedrängt worden, weshalb weitere Einsatzkräfte hinzugezogen werden mussten. "Nachdem mehrere Aufforderungen ignoriert wurden, dieses Verhalten zu unterlassen, drängten Polizeibeamte die Fanszene mit einfacher körperlicher Gewalt zurück", so die Polizei.
Mit Beginn der polizeilichen Maßnahme hätten sich, so die Schilderung der Polizei Karlsruhe, mehrere Personen vermummt und auch vereinzelt Gegenstände auf die Polizisten geworfen. "Zur Bewältigung der Lage musste daraufhin kurzfristig auch der Schlagstock eingesetzt werden", so die Mitteilung der Polizei.
KSC widerspricht Aussage der Polizei
Die Äußerung, dass eingesetzte Beamte der Polizei aktiv bedrängt wurden, wurde durch die vor Ort befindlichen Verantwortlichen des KSC "nicht wahrgenommen und kann nicht bestätigt werden", schreibt der KSC. Auch gab es keine hörbare Aufforderung der Polizei an die Fans, das vorgeworfene Verhalten zu unterlassen: "Die daraufhin plötzlichen und unerwartet durchgeführten Maßnahmen der Polizei (Einsatz von Schlagstock, Fußtritte sowie Faustschläge gegen Fans) wurden aus Sicht des KSC ohne konkret erkennbaren Anlass durchgeführt und auch nicht angekündigt", moniert der KSC - und widerspricht der Aussage der Polizei.
Augenzeugen aus dem Fan-Lager, was auch in den Sozialen Medien widergegeben wurde, berichten zudem, dass es im engen Eingangsbereich des Stadions auch zum Einsatz von Pfefferspray gekommen sei, was die Polizei Karlsruhe jedoch abstreitet: "Entgegen anderslautender Meldungen, setzte die Polizei kein Pfefferspray ein. Auch waren wohl keine Kinder und Frauen bei den unmittelbaren polizeilichen Maßnahmen gegenüber der zu kontrollierenden Fan-Gruppe beteiligt."
Die Verwendung des Wortes "wohl" lässt bei dieser Formulierung aber durchaus Spielraum, denn aus Fankreise heißt es, dass der Polizeieinsatz auch in einem Bereich stattfand, in dem Kinder/Frauen und Männer beim Zugang getrennt waren. Deeskalierendes Verhalten, wie von der Karlsruher Polizei vor dem Spiel noch in einem offenen Brief angekündigt, sehe anders aus, kritisiert die „Fanhilfe Karlsruhe“ – und fordert die Verletzten auf, ihre Verletzungen durch einen Arzt attestieren zu lassen. Hinsichtlich Verletzungen von Besuchern würden der Polizei, so die Meldung, aktuell keine Erkenntnisse vorliegen.
Verletzte wurden durch das DRK Behandelt
Die Aussage des KSC ist in dieser Beziehung deutlich: Eine weitere Eskalation der Situation habe durch das gemeinsame kommunikative und somit deeskalierende Eingreifen von Verantwortlichen des KSC sowie von einzelnen Anhängern der aktiven Fanszene verhindert werden können. "Nach Rücksprache mit dem DRK begaben sich mehrere Personen, welche durch den Einsatz von Schlagstöcken verletzt wurden, in sanitätsdienstliche Behandlung."
Kurzer Einsatz der Polizei
"Mehreren KSC-Fans gelang es über die Drehkreuze zu klettern und ohne Kontrolle ins Stadioninnere zu gelangen", so die Schilderung der weiteren Vorgänge durch die Polizei Karlsruhe: "Nachdem eine größere Anzahl von Einsatzkräften zusammengezogen war, konnte die Lage aber letztendlich schnell bewältigt werden." Von mehreren Personen wurde von der Polizei die Identität festgestellt; diese müssten nun mit Strafverfahren unter anderem wegen Beleidigung, Körperverletzung und tätlichem Angriff auf Polizeibeamte rechnen.
Um den unkontrollierten Zutritt zum Stadion zu vermeiden, wurden die Einlasstore kurzfristig und umgehend geschlossen. Dass einzelne Personen aufgrund der eingetretenen Dynamik über die Drehkreuze geklettert sind, könne auch vom KSC nicht ausgeschlossen werden: "Die Aussage, dass diese Personen im Vorfeld nicht kontrolliert worden sind, kann nach jetzigem Kenntnisstand nicht bestätigt werden."
Deutliche Kritik des KSC
“Wir können die Situation vor Ort sehr gut beurteilen. Es waren mehrere Verantwortliche unseres Clubs zugegen und wurden Augenzeugen des Vorfalls", so KSC-Geschäftsführer Michael Becker deutlich: "Alle bestätigen übereinstimmend, dass es zu keinem Zeitpunkt Handlungen der Fans gegeben hat, welche die unverhältnismäßige und gewalttätige Aktion der Polizei auch nur annähernd gerechtfertigt hätte. Zudem bedauern wir, dass Kinder und Familien die Situation als Augenzeugen miterleben mussten."
Der KSC habe die Polizei zudem mit der Bitte kontaktiert, die aufgezeichneten Kamerabilder einsehen zu können. Darüber hinaus habe der KSC um ein klärendes Gespräch mit der Polizeipräsidentin und dem am Spieltag eingesetzten Einsatzleiter gebeten.
Aktuell werde in Absprache mit der Staatsanwaltschaft das Videomaterial gesichtet, so die Polizei Karlsruhe am Dienstag, 6. Mai 2025. Inwieweit das Material dem KSC zur Verfügung gestellt werden könne, werde auch mit der Staatsanwaltschaft geklärt. Dazu werde die Polizei ein Gespräch mit den Vereinsverantwortlichen des KSC führen.
(Der KSC nannte in einer ersten Stellungnahme nach dem Spiel den Einsatz „unverhältnismäßig“, wollte die Situation noch aufarbeiten - auch zum Vorwurf der Polizei in Sachen Kontrollen.
Von der Karlsruher Polizei lag – Stand 19 Uhr am Sonntag – keine Aussage vor, man wolle im Verlauf den Montagvormittags dazu eine Pressemitteilung veröffentlichen, die wir dann als Update dieser Meldung auch berücksichtigen werden.)
Das Fazit der Polizei zum Derby: "Sowohl während der Fußballbegegnung als auch nach dem Spiel gab es aus polizeilicher Sicht keine weiteren besonderen Ereignisse." Die Abwanderung beider Fangemeinden sei zudem ruhig verlaufen, die Polizei führt das "auf den Kräfteansatz der Polizei und der damit verbundenen Trennung beider Vereinsanhänger zurück" - unserer Einschätzung nach dürfte eher das Ergebnis des Spiels (2 zu 2) den Ausschlag gegeben haben!
Autor:Jo Wagner |
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.