Kritik an Pionier Quartier und Landesgartenschau
Landwirte wehren sich gegen "Flächenfraß"

Die Otterstädter und die Speyerer Landwirte haben sich zusammen getan, um gemeinsam gegen das geplante Pionier Quartier, ein interkommunales Wohn- und Gewerbegebiet, zu kämpfen | Foto: Cornelia Bauer
  • Die Otterstädter und die Speyerer Landwirte haben sich zusammen getan, um gemeinsam gegen das geplante Pionier Quartier, ein interkommunales Wohn- und Gewerbegebiet, zu kämpfen
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Speyer / Otterstadt. Die gemeinsamen Pläne von Speyer und Otterstadt für ein Pionier Quartier mit Landesgartenschau auf dem Gelände der ehemaligen Kurpfalzkaserne und in deren Umfeld stoßen nicht überall auf Zustimmung. Am  Mittwoch, 14. Juli, 19 Uhr, will sich in Speyer via Videokonferenz eine Bürgerinitiative gegen die Bewerbung für die Landesgartenschau 2026 gründen. Die Bewerbung müsste bis 15. Oktober eingereicht sein, doch die Initiatoren der Bürgerinitiative sehen in der Landesgartenschau ein "Prestigeprojekt ohne Sinn und Verstand", prangern Steuerverschwendung und die Versiegelung von Ackerland an. 

Der Flächenverbrauch des interkommunalen Wohn- und Gewerbegebietes ist auch dem Fuhr- und Ackerbauverein Speyer ein Dorn im Auge.  Die Speyerer Landwirte sprechen von Flächenfraß. 1.100 Hektar und damit etwa zwei Drittel der landwirtschaftlichen Flächen von Speyer seien seit 1950 auf Speyerer Gemarkung zugebaut worden. Von insgesamt 4.271 Hektar Gesamtfläche waren in den Fünfziger Jahren 1.671 Hektar landwirtschaftlich genutzt. 1979 waren es noch 895, 2016 571 Hektar. Auch die Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe sei seitdem drastisch zurück gegangen.

"Wir benötigen jeden Hektar Ackerfläche"

Die Landwirte protestieren: "Wir wollen weiter regionale Lebensmittel produzieren." Und appellieren an Bürger, Stadträte und Grundstückseigentümer, weitere Flächenversiegelung im Rahmen von Landesgartenschau und Pionier Quartier nicht zu zu lassen. "Wir benötigen jeden Hektar Ackerfläche für die uns bevorstehenden Herausforderungen", sagt Sebastian Fischer, Sprecher des Fuhr- und Ackerbauvereins. Dazu gehören etwa die Forderung nach mehr biologischem Anbau, neue Dünge- und Pflanzenschutzanwendungsverordnungen und die Farm-to-Fork-Strategie der EU. Der Ertrag pro Hektar Fläche sinkt, wenn weniger gedüngt werden soll und weniger Pestizide ausgebracht werden. Fischer wirbt für Biodiversität statt weiterer Verstädterung. Ackerboden schütze das Klima, weil durch den Anbau Kohlendioxid gebunden und Sauerstoff frei gesetzt wird. "2019 hat der Speyerer Stadtrat den Klimanotstand ausgerufen", erinnert Fischer. "Warum bleibt unser Beitrag aus Land- und Forstwirtschaft fürs Klima unbeachtet?"

Ähnlich argumentiert auch die Interessengemeinschaft Lebenswertes Otterstadt. Ausgerechnet landwirtschaftliche Flächen, die für seinerzeit zirka 80.000 Euro mit Beregnungstechnik versehen wurden, sind es, die jetzt überbaut werden sollen. Ackerflächen mit Böden, die durch die Beregnung zu den besten und fruchtbarsten im ganzen Land gehören. Die Interessengemeinschaft hat sich Anfang 2019 gegründet, als die Pläne für ein Pionier Quartier erstmals publik wurden. Ihre Mitglieder halten die Versiegelung von Ackerflächen für nicht zeitgemäß - angesichts von Dürresommern und sinkendem Grundwasserspiegel.

Interessengemeinschaft sammelt Unterschriften

"Hauseigentümern wollen wir das Anlegen von Schottergärten verbieten - und wir bauen weiter Flächen zu. Das ist paradox", sagt Eckhard Sans von der Interessengemeinschaft. Sans, der für die Grüne Kommunale Liste im Gemeinderat sitzt, ist davon überzeugt, dass es die offenen Flächen zwischen Otterstadt und Speyer auch für die Nachtabkühlung in Hitzesommern braucht. Und dass das Pionier Quartier mehr Verkehr für Otterstadt bedeutet. Die Interessengemeinschaft sammelt derzeit Unterschriften gegen die geplante Versiegelung. Auch wenn ein Teil der Fläche - der jenseits der K23 - aus den Planungen herausgenommen wurde. Vorerst.

Während die Gewerbeflächen überwiegend auf Otterstadter Gemarkung liegen, sollen auf der Speyerer Fläche Wohnungen entstehen. Plus für Otterstadt: zusätzliche Gewerbesteuereinnahmen, mit denen man hofft, die weg fallende Kiespacht von 50.000 Euro im Jahr kompensieren zu können. Wie viel das im Endeffekt sein könnte, darüber kann bislang allerdings nur spekuliert werden. Ebenso wie über die Kosten für Entwicklung und Erschließung und die Aufteilung von Ausgaben und Einnahmen zwischen Otterstadt und Speyer. "Wir müssen uns fragen, ob es uns das unsichere Geld aus der Gewerbesteuer Wert ist, wertvolle, beregnete Ackerböden aufzugeben", mahnt Eckhard Sans.

Bürgerentscheid am 26. September

Die Otterstadter Bürger sind am 26. September dazu aufgerufen, bei einem Bürgerentscheid darüber abzustimmen, ob Otterstadt auf den im Osten an die Kaserne angrenzenden zirka zehn Hektar Ackerfläche gemeinsam mit Speyer ein interkommunales Gewerbegebiet entwickeln und erschließen soll. Die Stadtverwaltung Speyer hat die 86 Grundstückseigentümer im Bereich Kurze Wingertsgewann/Im Gärtel bereits angeschrieben. Die Rückmeldungen bei den privaten Eigentümern waren überwiegend positiv; viele können sich die Umwandlung in Bauland vorstellen, lediglich elf Eigentümer haben sich gegen eine bauliche Entwicklung ausgesprochen.

Weitere Informationen

Gründung der Bürgerinitiative gegen die Landesgartenschau: volker.ziesling@t-online.de
Unterschriftensammlung "Keine Versiegelung": e-sans@t-online.de

Autor:

Cornelia Bauer aus Speyer

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