Stadt verlangt zunächst 180 Euro, später mehr
Bewohnerparken wird in Karlsruhe deutlich teurer

Die Jahresgebühr für einen Bewohnerparkausweis steigt 2022 von derzeit 30 auf 180 Euro. | Foto: Monika Müller-Gmelin, Stadt Karlsruhe
  • Die Jahresgebühr für einen Bewohnerparkausweis steigt 2022 von derzeit 30 auf 180 Euro.
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Karlsruhe. Da hat die Mehrheit des Karlsruher Gemeinderats den Bürgern der Stadt zum Jahreswechsel echt was "eingeschenkt": Am 14. Dezember hat eine knappe Mehrheit beschlossen, die Bewohnerparkausweise in Karlsruhe teurer zu machen, deutlich teurer, - und das schon ab Januar. 

Zunächst von 30 auf 180 Euro erhöht - später wird es noch teurer
Die Erhöhung ist deutlich: Aufgrund der von einer knappen Mehrheit des Gemeinderats (27 zu 20, Zustimmung bei Grüne, SPD, Die Linke, 2 Stimmen KAL/Die Partei - Ablehnung bei CDU, FDP, AfD, Freie Wähler, dazu eine Stimme KAL/Die Partei) festgelegten Erhöhung der Gebühren für 2022 und 2023, kostet der Ausweis statt bisher 30 Euro nunmehr 180 Euro pro Jahr. Das ist der sechsfache Preis!
Eine weitere Erhöhung steht danach übrigens an, das war der Diskussion im Gemeinderat zu entnehmen. Es soll danach noch teurer werden, schon jetzt steht eine Summe von über 300 Euro für den Ausweis im Raum! Das wäre dann eine Verzehnfachung des aktuellen Preises!

Sicher ist es eine diskussionswürdige Thematik, gerade in Sachen Platzbedarf, Kosten, allgemeine Plätze, Unterhalt, Nutzung der Flächen für andere Mobilitätsformen etc.; das spiegeln auch die mitunter intensiven Diskussionen in den Foren wider. Doch es braucht hin und wieder einen Anstoß, die alltäglichen Probleme der Bürger in der Stadt auch zu den Bürgervertretern zu bringen. Denn viele Bürger sind schlicht auf ein Auto angewiesen - und dafür brauchen sie eben auch Platz! Das Auto generell zu verteufeln, ist nicht die Lösung des Platzproblems, die Sorgen vieler Bürger einfach abzutun, auch nicht, denn die Autos sind da, sie brauchen Platz, doch Angebote werden zum Beispiel nicht in ausreichender Zahl von der Stadt vorgehalten..

Manchmal geht es auch schnell
Erstaunlich: Kaum beschlossen, wird es umgesetzt: Denn die neuen Gebühren gelten gleich im neuen Jahr. Die Stadt braucht dringend Geld, das war deutlich bei den Haushaltsberatungen zu hören. Statt aber "in der Fläche" für den Haushalt zu kürzen, wurde hier offensichtlich "Klientelpolitik" betrieben, denn manch andere Entscheidung in der Stadt dauert Jahre bis zur Umsetzung, aber wenn es in der aktuellen Phase um Geldeingang geht, sind manche Prozesse offensichtlich schneller! Was bei vielen Bürgern Kopfschütteln auslöst, ist der Umstand, dass in Zeiten, in denen Sparen angesagt ist, zum Beispiel die "Luxus-Variante" beim Umbau des Staatstheaters nicht richtig hinterfragt wird, was auch in Foren so deutlich thematisiert wird.

Wieder eine Entscheidung gegen Autofahrer

Diese Entscheidung des Gemeinderats war nicht überraschend, denn es passt erneut in die "gesammelten Maßnahmen" gegen die individuelle motorisierte Mobilität in Karlsruhe. Nach der Erhöhung der Parkgebühren, dem Streichen von vielen Parkflächen, dem Rückbau von leistungsfähigen Durchfahrts- und Zufahrtsstraßen - nun auch noch die Erhöhung der Kosten für die Bewohnerparkausweise! Bürger, die in der Stadt leben, ein motorisiertes Fahrzeug nutzen, seit Jahren die massive Buddelei ertragen müssen und kaum noch Parkflächen finden, werden nun noch stärker zur Kasse gebeten!

Viele Bürger sind auf individuelle Mobilität angewiesen
Karlsruhe hat aktuell rund 303.000 Bewohner, dazu rund 167.000 zugelassene Kraftfahrzeuge! Die wenigsten Pkw je 1.000 Einwohner gibt's logischerweise im Kernbereich der Stadt; Innenstadt-Ost (250), Südstadt (326), Innenstadt-West (376), Weststadt (379), Südweststadt (382) - naturgemäß am Stadtrand deutlich mehr. Zum Beispiel Grünwettersbach (628) und Stupferich (669).

In Karlsruhe werden seit Jahren mehr Pkw zugelassen, aber Bürger verlassen die Stadt
Beim Thema "individuelle motorisierte Mobilität" erwähnen etliche Gemeinderäte gerne, dass immer mehr Karlsruher auf Autos verzichten: Das stimmt leider so nicht ganz, denn die Anzahl der in Karlsruhe zugelassenen Kraftfahrzeuge hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen: 150.000 (2008), 154.000 (2011), 158.000 (2015) und 167.000 (2020)!
Einhergehend ist aber in der Tat ein Posten mit sinkenden Zahlen in Karlsruhe: Der Wegzug der Bürger, gerne ins Umland, denn die Belastung in der Stadt, die schlechtere Erreichbarkeit, höhere Kosten - da suchen viele Bürger eine Alternative, zogen in den vergangenen Jahren massiv weg: 303.000 (2020), 323.000 (2015)! Wer ins Umland zieht und in der Stadt arbeitet, nimmt mitunter (je nach Lage in der Region) dann auch gerne andere Transportmittel.

Durch dieses vom Gemeinderat so gewollte "Hopplahopp" in der Angelegenheit geht es auch um rechtliche Fristen! Fahrzeughalter haben nur eine Wahl: Zustimmen oder der Erhöhung widersprechen (den Ausweis bis 1. März zürückgeben), aber dann auf den Bewohnerparkausweis verzichten, also in ihrem Wohnviertel quasi nicht mehr parken! Seltsam ist zudem noch die Regelung, dass Bürger, die nach dem 1. März ihren Ausweis zurückgeben (weil sie vielleicht weg- oder umziehen), diese dann keine Rückerstattung der Gebühren bekommen! Mit anderen Worten, die Stadt Karlsruhe kassiert offensichtlich Geld für Leistungen, die nicht erbracht werden!

Stadt muss offene Fragen beantworten

Für die Stadt ist das ein gutes Geschäft, denn 180 Euro werden zunächst von Anwohnern kassiert, ohne dass eine richtige Gegenleistung geboten wird! Schließlich gibt es für dieses Geld keinen garantierten Platz! Immerhin werden von der Stadt Karlsruhe bislang rund dreimal so viele Ausweise ausgegeben, wie Plätze vorhanden sind! Mit anderen Worten: Die Stadt kassiert die Kohle von vielen Anwohnern, die trotz Zahlung keinen Parkplatz haben, weil es nicht genügend gibt!
Gerne wird in der Diskussion das "Pferd von hinten aufgezäumt" mit dem Hinweis, der neue Preis betrage ja nur 15 Euro im Monat für einen öffentlichen Parkplatz, in einem Parkhaus müsste man ja "viel mehr bezahlen". Das ist nicht die Frage, denn viele Bürger würden ja gerne einen Parkplatz mieten - aber wo? Blick in die Oststadt: Da herrscht ein massiver Parkdruck, der noch deutlich zugenommen hat durch Büro-Neubauten ohne genügende Anzahl an neuen Stellflächen! Da hat auch der Bürgerverein schon interveniert.

Denn auch das Thema der Kontrollen in den Anwohnerbereichen wurde seit Jahren nicht gelöst - und nervt Anwohner gewaltig, denn viele Parkplätze werden ohne Ausweis "genutzt", gerne in den Abendstunden. Auch für dieses Thema wurde im Gemeinderat keine Lösung angestoßen! Bei dieser Thematik reagieren etliche Bürgervereine in Karlsruhe auch "säuerlich, wie eine kurze Nachfrage vom "Wochenblatt" ergeben hat.

Künftig ein Jahr ab Ausstellung gültig
Mit der schnell durchgedrückten neuen Satzung ändert sich zudem die Gültigkeit der Ausweise. Statt wie bisher immer für das jeweilige Kalenderjahr, gelten sie künftig ab der Ausstellung für ein Jahr, also beispielsweise bei Ausstellung am 10. März läuft der Ausweis bis zum 9. März des folgenden Jahres. Diese Regelung bringt aber auch Schwierigkeiten im Alltag, daran wird wohl auch kaum jemand im Gemeinderat gedacht haben. Denn bislang war das geltende Jahr deutlich und schnell erkennbar auf dem Ausweis zu sehen.

Scheinheiligkeit der Diskussion
Die Diskussion im Gemeinderat rund um den "Karlsruher Pass" für Ausnahmen von den Gebühren diente wohl eher der Beruhigung des eigenen Gewissens für jene Gemeinderäte, die unbedingt die Erhöhung der Gebühren durchsetzen wollten! Denn die Verwaltung soll jetzt bei der Umsetzung des Beschlusses Inhaber des "Karlsruher Passes" bei der Gebührenregelung angemessen berücksichtigen - also eine Gebührenermäßigung einbauen.
Was aber ist mit Senioren, die nur eine karge Rente erhalten, aber individuell mobil sein müssen, was mit Familienmitgliedern, die Senioren betreuen, was mit Arbeitnehmern, die ihr Fahrzeug auch für die Erreichbarkeit des Arbeitsortes brauchen, aber eben nicht üppig verdienen oder oder oder? Da bleiben viele Fragen offen - aber so hat die knappe Mehrheit des Gemeinderats der Verwaltung einen Batzen Mehrarbeit aufgelastet (durch Einsprüche sowieso) - und somit einen Bärendienst erwiesen!

Infos: www.karlsruhe.de/bewohnerparken

Der Artikel wurde ergänzt

Autor:

Jo Wagner

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