Esskastanien in der Pfalz: Genuss, Geschichte und Naturerlebnis zur „Keschde“-Zeit

Kastanien am Baum - bald kann die Ernte beginnen | Foto: Heike Schwitalla
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Esskastanie. Wenn der Herbst in der Pfalz ankommt, färben sich die Wälder warmgolden, und vielerorts duftet es nach gerösteten Kastanien. Die Esskastanie, im Dialekt liebevoll „Keschde“ genannt, ist dabei weit mehr als ein saisonales Symbol. Landesforsten Rheinland-Pfalz berichtet, dass rund die Hälfte aller deutschen Edelkastanienvorkommen in den südpfälzischen Forstämtern Annweiler und Haardt liegt. Damit zählt die Pfalz zu den wichtigsten Verbreitungsgebieten der Esskastanie in Deutschland.
Die Edelkastanie prägt nicht nur das Landschaftsbild vieler Pfälzer Wälder, sondern auch Kultur und Küche der Region. Ihr Holz ist widerstandsfähig und wird traditionell im Weinbau und in der Landwirtschaft als Pfosten- und Zaunmaterial verwendet, während ihre Früchte zu Spezialitäten wie Kastanienbrot, Keschde-Suppe oder süßem Kastanienpüree verarbeitet werden.

🌰 Herkunft und Charakter der Esskastanie

Die Esskastanie (Castanea sativa) stammt ursprünglich aus den wärmeren Regionen Südeuropas und Kleinasiens. Die Römer brachten sie über die Alpen, wo sie rasch in den klimatisch begünstigten Gegenden Wurzeln schlug – auch in der Pfalz. Der Esskastanienbaum gehört botanisch zur Familie der Buchenartigen (Fagaceae), also zu derselben Familie wie Eiche und Buche.

Ihr Wuchs ist stattlich: bis zu 30 Meter hoch kann sie werden, mit einer breiten Krone und einer dunkelbraunen, längsgefurchten Rinde. Besonders auffällig sind die langen, schmalen Blätter mit fein gesägtem Rand – glänzend grün im Sommer, golden im Herbst. Im Gegensatz zu vielen neuen „zugewanderten“ Arten ist die Esskastanie längst Teil der pfälzischen Identität geworden. Sie prägt ganze Landschaftsbilder, besonders an den sonnigen Waldrändern, wo sie Trockenheit besser verträgt als Buche oder Fichte. 

Die Edelkastanie ist monözisch, das heißt, sie trägt sowohl männliche als auch weibliche Blüten auf demselben Baum. Die männlichen Blüten erscheinen in gelben, 10–20 cm langen Kätzchen, meist einige Tage vor den weiblichen Blüten. Die weiblichen Blüten sind klein, grünlich-weiß und wachsen in Gruppen zu zwei bis drei an der Basis der männlichen Kätzchen. Die Blütezeit reicht von Ende Mai bis Mitte Juli. Die Früchte der Edelkastanie, die Kastaniennüsse, entwickeln sich in stacheligen Bechern (Cupulae) mit meist drei Nüssen pro Becher. Sie reifen von September bis Oktober und werden sowohl roh, geröstet als auch zu Mehl verarbeitet. 

Esskastanien am Baum - bald kann die Ernte beginnen | Foto: Heike Schwitalla
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Ein Edelkastanienbaum (Esskastanie, Castanea sativa) kann sehr alt werden. In der Regel liegt die Lebensdauer bei 200 bis 400 Jahren, unter optimalen Bedingungen sogar bis 800 Jahre - etwa im Tessin. Einige besonders berühmte Exemplare in Europa, etwa in Italien, Frankreich oder Spanien, sollen sogar über 1.000 Jahre alt sein. Die lange Lebensdauer hängt von Standort, Bodenqualität, Wasserverfügbarkeit und dem Schutz vor Krankheiten ab.

Maroni oder Esskastanie - was ist der Unterschied?

Die Früchte der Edelkastanie, die Kastanien, reifen von September bis Oktober und befinden sich in stacheligen Bechern, meist mit zwei bis drei Nüssen pro Becher. Die Blüten sind monözisch, das heißt, ein Baum trägt sowohl männliche als auch weibliche Blüten. Die männlichen Blüten erscheinen in gelben Kätzchen und blühen einige Tage vor den kleinen, grünlich-weißen weiblichen Blüten. Die Früchte der Esskastanie sind teilweise mehlig, unregelmäßig geformt und schwerer zu schälen.

Maronen oder Maroni sind spezielle, kultivierte Sorten der Edelkastanie. Sie werden gezielt angebaut, um größere, gleichmäßig geformte und leicht schälbare Früchte zu erzeugen. Maronen haben meist nur eine Nuss pro Becher, sind aromatischer und süßer im Geschmack als wild wachsende Esskastanien. Sie werden nach der Ernte vor allem für den direkten Verzehr geröstet, für Pürees, Süßspeisen oder Backwaren verwendet. Holzlich unterscheiden sich Maronen nicht von wildwachsenden Esskastanien.

Zusammengefasst: Esskastanien bezeichnen die wild wachsenden Früchte der Edelkastanie, Maronen sind kultivierte, hochwertigere Sorten für den Verzehr. Beide stammen von derselben Baumart.

Achtung giftig: Verwechslungsgefahr zwischen Esskastanie und Rosskastanie

Die Verwechslungsgefahr zwischen Esskastanie (Castanea sativa) und Rosskastanie (Aesculus hippocastanum) ist besonders für Laien groß, da die Früchte auf den ersten Blick ähnlich aussehen können. Beide tragen stachelige Fruchthüllen, die Nüsse oder Samen umgeben, und fallen im Herbst zu Boden.  Die Früchte der Esskastanie sind nahrhaft und essbar, während die Rosskastanie giftig ist. Die Samen enthalten Saponine, die bei Verzehr zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen können.
Für gesunde Erwachsene sind kleine Mengen in der Regel nicht tödlich, können aber stark krank machen. Große Mengen oder der Verzehr von Samen durch Kinder oder Tiere kann ernsthafte Vergiftungen verursachen und lebensgefährlich sein.

So kann man Esskastanie und Rosskastanie unterscheiden

🌰Esskastanie (Castanea sativa)

Frucht: Die Esskastanie hat eine abgeflachte Form mit einer spitzen Spitze. Die Fruchthülle ist mit vielen weichen, langen Stacheln bedeckt.

Blätter: Einzelne, lanzettliche Blätter mit gesägtem Rand.

Baum: Ein hoher Laubbaum mit einer tief längsrissigen Rinde.

🌰 Rosskastanie (Aesculus hippocastanum)

Frucht: Die Rosskastanie ist rundlich und glatt, mit einer stacheligen Hülle. Die Samen sind glänzend und braun.

Blätter: Handförmig zusammengesetzte Blätter mit 5–7 Blättchen.

Baum: Ein mittelgroßer Baum mit einer graubraunen, weniger tief gefurchten Rinde.

Esskastanien sammeln - wo, wann und was ist erlaubt

Die Esskastanie - auch „Keschde“ genannt - findet man  vor allem im südlichen Pfälzerwald, entlang der Deutschen Weinstraße und im Wasgau. Besonders bekannt sind die Regionen um die Forstämter Annweiler und Haardt, da etwa die Hälfte aller deutschen Edelkastanienvorkommen dort wächst. Ein beliebtes Ziel für Sammler ist der Pfälzer Keschdeweg, der auf rund 60 Kilometern von Hauenstein über den Haardtrand bis nach Neustadt führt und zahlreiche alte Esskastanienbestände passiert. Weitere Orte mit vielen Kastanienbäumen sind unter anderem Meisental bei Busenberg, Bad Bergzabern am Liebfrauenberg, St. Johann in Albersweiler, Kalmit bei Maikammer und die Rietburg bei Edenkoben.

frisch geerntete Keschde | Foto: Heike Schwitalla
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Sammelzeit: Die beste Sammelzeit ist der Oktober, wenn die Kastanien reif vom Baum fallen. Je nach Region und Witterung kann die Saison von Ende September bis in den November variieren.
Im Internet findet man - etwa auf der Seite mundraub.org - Orte, an denen man Esskastanien sammeln kann. 
Achtung: In deutschen Wäldern gibt es klare Regeln für das Sammeln von Pflanzen, Früchten und Pilzen. Grundsätzlich darf nur gesammelt werden, was für den Eigenbedarf bestimmt ist, und in geringen Mengen. Für Esskastanien bedeutet dies meist ein bis zwei Kilogramm pro Person und Tag. Beim Sammeln ist darauf zu achten, die Bäume nicht zu beschädigen und nur reife Früchte zu nehmen, damit die natürliche Vermehrung erhalten bleibt.

Esskastanien - für Gourmets ein saisonaler Genuss

Nicht nur die heißen Maroni - wie sie im Herbst wieder in allen Städten angeboten werden, sind ein beliebter Genuss im Herbst. Auch andere Rezepte machen die Esskastanie zu etwas ganz besonderem. Etwa als Beilage zum Wild - als ganze Nuss oder als Püree. Auch im Risotto ist die Esskastanie ein Genuss. Kastanienbrot, Kastanieneis und karamellisierte Kastanien sind nicht nur in der Pfalz in beliebter herbstlicher Genuss. 

Pfälzer Keschdesupp

Pfälzer Keschdesupp (Kastaniensuppe)

Für 4 große Teller

Zutaten

  • 2 Gemüsezwiebeln
  • 1 EL Butterschmalz
  • 1 Knoblauchzehe
  • 600 g gekochte, geschälte Esskastanien
  • 2 EL Puderzucker
  • 1 Glas trockener Riesling aus der Pfalz
  • 1 Liter Gemüsebrühe
  • 1 Scheibe trockenes Brot
  • 1 Lorbeerblatt
  • etwas Sahne
  • Pfeffer, Salz, Kümmel, Muskat, Thymian nach Geschmack

Zubereitung

  1. Zwiebeln klein würfeln und in heißem Butterschmalz anschwitzen, bis sie glasig sind.
  2. Knoblauch hacken und zu den Zwiebeln geben.
  3. Esskastanien hinzufügen, mit Puderzucker bestäuben und leicht karamellisieren lassen (nicht zu dunkel werden lassen, sonst bitter).
  4. Mit Riesling ablöschen und kurz einkochen lassen.
  5. Gemüsebrühe und das zerkrümelte Brot hinzufügen. Lorbeerblatt dazugeben und alles zugedeckt bei kleiner Hitze ca. 15 Minuten köcheln lassen.
  6. Lorbeerblatt entfernen. Suppe pürieren und nach Belieben etwas Sahne einrühren.
  7. Mit Pfeffer, Salz, Kümmel, Muskat und Thymian abschmecken.

Serviervorschlag

  • Mit frisch gebratenen Croutons servieren.
  • Perfekt für einen herbstlichen Genuss!

heiße Maroni - frisch aus dem Backofen | Foto: Heike Schwitalla
  • heiße Maroni - frisch aus dem Backofen
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Esskastanie: Wild wachsend, 1–3 Nüsse pro stacheligen Becher, essbar.

Maronen: Kultivierte Edelkastanien, größere, aromatische Früchte, meist 1 Nuss pro Becher, leichter zu schälen.

Rosskastanie: Giftig, rundliche Samen, nicht essbar, nur Zierbaum oder für medizinische Extrakte.

  • Nur für den Eigenbedarf in geringen Mengen (ca. 1–2 kg pro Person/Tag).
  • Bäume und Früchte nicht beschädigen, nur reife Nüsse sammeln.
  • Private Grundstücke nur mit Erlaubnis betreten.
  • Südpfalz (Rheinland-Pfalz)
    • Forstämter Annweiler und Haardt: Etwa die Hälfte aller deutschen Vorkommen.
    • Beliebte Sammel- und Wandergebiete: Pfälzer Keschdeweg, Meisental bei Busenberg, Rietburg bei Edenkoben, Kalmit bei Maikammer, St. Johann in Albersweiler, Bad Bergzabern am Liebfrauenberg.
    • einzelne Vorkommen im Landkreis Germersheim - beispielsweise in der Hördter Rheinaue und in Schwegenheim
  • Baden-Württemberg
    • Kaiserstuhl, Ortenau, Kraichgau: Alte Esskastanienbestände an Waldrändern und Weinbergen, z. B. Breisach, Endingen, Achern.
  • Bayern
    • Oberpfalz und Fränkische Schweiz: Kleinere Vorkommen in sonnigen, kalkhaltigen Lagen.
  • Hessen
    • Rheingau und Taunus: Einige Esskastanienbestände an Waldrändern und Weinlagen,
Kastanien am Baum - bald kann die Ernte beginnen | Foto: Heike Schwitalla
Esskastanien am Baum - bald kann die Ernte beginnen | Foto: Heike Schwitalla
frisch geerntete Keschde | Foto: Heike Schwitalla
heiße Maroni - frisch aus dem Backofen | Foto: Heike Schwitalla
Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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