Stadt Speyer nimmt landesweite Vorreiterrolle in der Coronakrise ein
OB Seiler stellt erstes lokales Pandemiekonzept vor

Nicht erst seit Corona: OB Stefanie Seiler fordert ein eigenes Gesundheitsamt für die Stadt Speyer - zu lange und schwerfällig seien die Kommunikationswege nach Ludwigshafen. | Foto: Heike Schwitalla
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  • Nicht erst seit Corona: OB Stefanie Seiler fordert ein eigenes Gesundheitsamt für die Stadt Speyer - zu lange und schwerfällig seien die Kommunikationswege nach Ludwigshafen.
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Speyer. Am Freitag lud die Stadtverwaltung in Speyer zur "großen Corona-Pressekonferenz" in die Feuerwache. Rückblick und Vorausschau, Analyse und Lagebeschreibung im Hinblick auf die Pandemie standen auf der Tagesordnung. Schnell wurde klar, so sehr man in der Domstadt die Lage mit 19 bekannten Infektionen und einer Sieben-Tage-Inzidenz von derzeit 14 (in Speyer liegt die kritische Anzahl der Fälle bei 25) unter Kontrolle hat, so sehr weiß man innerhalb der Stadtspitze auch, wie fragil dieser Zustand ist und dass man jederzeit auf Eskalation vorbereitet sein muss. Deshalb hat man als eine der ersten Städte in Deutschland nun ein eigenes Pandemiekonzept vorgelegt, das greift, bevor die kritische Zahl von 25 Fällen erreicht ist.

Bund und Land sagen, es sei die Sache der Kommunen und Kreise dafür zu sorgen, dass es zu keinem neuerlichen Lockdown kommt, so Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler, gäben aber gleichzeitig keinerlei Anweisungen, wie diese Vorsorge auszusehen habe. "Daher sind wir in Speyer zu dem Schluss gekommen, dass wir eine eigene Strategie brauchen und entwickeln werden, die wir aber selbstverständlich auch gerne anderen Kommunen zur Verfügung stellen", so die OB weiter. Sie hätte sich eigentlich gewünscht, dass sich der Rhein-Pfalz-Kreis und die Gesundheitsämter gemeinsam mit den Kommunen um eine einheitliche Regelung für die Region bemüht hätten, aber das sei nicht geschehen. 

Überhaupt, so hört man heraus, wenn man den Ausführungen der OB folgt, liegt in der Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsamt in Ludwigshafen einiges im Argen, weshalb sie in Zeiten der Corona-Pandemie mehr denn je für ein eigenes Gesundheitsamt für die Kreisfreie Stadt Speyer plädiert. "Oder zumindest eine kompetente Außenstelle", wie sie betont. "Es gibt da viel Regelungsbedarf und gerade in solch schwierigen Zeiten, wäre es schön, einen Ansprechpartner vor Ort zu haben." Es geht um Kostenübernahme bei Corona-Tests, Fragen um Kompetenzen und Anlaufstellen - etwa für Reiserückkehrer. "Ich kann nicht erwarten, dass ein Reiserückkehrer nach Ludwigshafen fährt, sich dort in eine Schlange stellt und auf einen Test wartet. Deshalb haben wir unser Abstrichzentrum kurzfristig reaktiviert, um den Menschen vor Ort eine Lösung zu bieten, bei der auch eine Kostenübernahme gesichert ist, denn die Gesundheitsämter zahlen nur, wen sie auch beauftragt haben. Das ist derzeit noch ein schwieriger, langer und schwerfälliger Prozess, den wir gerne abkürzen würden."
Auch für Lehrer, Erzieher, Schul- und Kitapersonal wird es im Speyerer Abstrichzentrum Testmöglichkeiten geben, realisieren kann die Stadt das nur durch zahlreiche ehrenamtliche Helfer, das DRK und die niedergelassenen Ärzte. Eine mobile Testeinrichtung des DRK fährt beispielsweise an Schulen, Kitas, Firmen und andere Einrichtungen, wenn es dort Verdachtsfälle und die Notwendigkeit für Gruppentests gibt. Die Speyerer Ärzte, allen voran Dr. Maria Montero-Muth engagieren sich neben der Arbeit in ihren Praxen zusätzlich in der Corona-Ambulanz, um den Einsatz gegen die Pandemie so gut als möglich vom Alltagsgeschäft zu trennen.
"Am Samstag öffnet das Abstrichzentrum für das Speyerer Schul- und Kitapersonal, rund 80 Anmeldungen allein aus den Kitas gibt es bereits", berichtet Montero-Muth.

Dr Maria Montero-Muth ist niedergelassene Ärztin in Speyer und Initiatorin der Corona-Ambulanz. Sie setzt sich für klare Regelungen und durchschaubare Teststrategien ein. | Foto: Heike Schwitalla
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Mit einem Ampelsystem  im Kampf gegen die Pandemie

Die Ambulanz und das Abstrichzentrum sind ein wichtiger Teil des lokalen Pandemiekonzeptes, das Abstichzentrum etwa bleibt in "stand by" und wird betrieben, wann immer es nötig ist, auch, weil es vor Ort einfacher ist, Infektionsketten zu verfolgen und zu unterbrechen. "Es dauert ungefähr einen Arbeitstag um es zu reaktivieren", berichtet Stadtfeuerwehrinspekteur Peter Eymann. Der wichtigste Aspekt des Konzepts sei es, dem Infektionsgeschehen immer einen Schritt voraus zu sein, und so den großen, drastischen Lockdown möglichst zu verhindern, sagt Eymann. Man gehe dabei von zwei Corona-Szenarien aus, dem Hotspot-Geschehen - etwa in Schulen oder Unternehmen und dem diffusen Geschehen, wie es sich entwickeln kann, wenn beispielsweise viele einzelne infizierte Reiserückkehrer Menschen aus unterschiedlichsten Umfeldern anstecken. Bei beiden gilt: Der jetzt vorgelegte Leitfaden setzt ein, bevor die kritische Zahl der 25 Neuinfektionen pro Woche überhaupt erreicht ist.

Stadtfeuerwehrinspektor Peter Eymann: Er will mit dem lokalen Pandemiekonzept Corona immer einen Schritt voraus sein.  und so gravierende Einschränkungen des öffentlichen Lebens verhindern. | Foto: Heike Schwitalla
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Grün, gelb, rot - Handlungsstrategien vor dem behördlich verordneten Lockdown

Die "grüne Ampelphase" setzt bei unter 15 wöchentlichen Neuinfektionen ein - dabei sind noch keine Maßnahmen erforderlich, es beginnen aber Gespräche und ab zehn Neuinfektionen auch die neuerliche Sensibilisierung der Bevölkerung - etwa über die Medien und soziale Netzwerke, was Hygienemaßnahmen, Abstandsregeln und Maskenpflicht betrifft.
Im Bereich von 15 bis 20 Neuinfektionen setzt die "gelbe Ampelphase" ein. Möglich sind jetzt erste Kontaktverbote, das Abstrichzentrum kann in Betrieb genommen werden, außerdem können vorbereitende Maßnahmen für Verbote, Einschränkungen und Schließungen (Clubs, Sportanlagen, Freizeitaktivitäten, Handel etc. ) getroffen werden. 
Kommt es zu 20 bis 25 Neuinfektionen pro Woche, setzt die "rote Ampelphase" ein. Dann kann die Stadt ein Kontaktverbot außerhalb des eigenen Haushalts aussprechen, gastronomische Betriebe können geschlossen werden, ebenso Friseure,  die Stadt kann dann Gottesdienste verbieten oder Theater und Museen nicht mehr öffnen. 
All das, so betont die Oberbürgermeisterin, heiße nicht, dass alle Maßnahmen jedes Mal in Kraft treten, aber es sind Werkzeuge, über deren Einsatz zur Eindämmung der Corona-Pandemie dann im Einzelfall entschieden werden kann. Man werde in jedem Fall individuell besprechen und natürlich mit den Landesbehörden abstimmen, welche Maßnahmen in Kraft treten müssen - dies soll anhand von Checklisten in Gesprächen innerhalb der Fachbereiche, Stabsstellen und der Stadtspitze geschehen. "Wir werden das Infektionsgeschehen betrachten und dann Rückschlüsse ziehen und Maßnahmen erarbeiten", erklärt Stefanie Seiler. "Alles tun, um einen neuerlichen, plötzlichen und kompletten Lockdown wie im März zu verhindern, weil wir wissen, dass dieser katastrophal für unsere Wirtschaft aber auch für unsere Bürger wäre", sagt das Stadtoberhaupt und ist sich sicher, mit dem lokalen Pandemiekonzept den richtigen Ansatz gefunden zu haben. "Wir sind eine der ersten Kommunen, die so ein Konzept hat und es auch transparent macht. Da sind wir stolz drauf, aber natürlich werden wir unser Konzept gerne anderen Kommunen zur Verfügung stellen."
Sie wünscht sich, dass gerade Kommunen im Speyerer Umland dieses aufgreifen, da es naturgemäß viele Überschneidungen in die benachbarten Landkreise gibt. "Menschen arbeiten in Speyer, gehen hier zur Schule oder leben hier und sind beruflich in einem der angrenzenden Landkreise tätig, da macht eine einheitliche Regelung natürlich Sinn - beispielsweise, was den ÖPNV und die Schülerbeförderung betrifft, die seit Ferienende immer wieder in der Kritik steht", sind sich die Entwickler des Pandemiekonzeptes sicher.

Die aktuellen Corona-Zahlen für Speyer und den Rhein-Pfalz-Kreis gibt es hier

Coronavirus-Fallzahlen
Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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