Kein Schutz für Opfer? Karlsruhe urteilt zu US-Drohnenkrieg über Ramstein

- Symbolbild: US-Drohne vom Typ MQ-9 Reaper auf einem Militärflugplatz in North Dakota. Zwar starten Drohnen nicht direkt von der Air Base Ramstein, doch der US-Stützpunkt in der Westpfalz spielt eine zentrale Rolle bei der Signalübertragung für Einsätze im Ausland.
- Foto: Photo by Spc. Armani Wilson (Joint Force Headquarters)
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Zwei Männer aus dem Jemen klagen gegen Deutschland – weil ihre Angehörigen bei US-Drohnenangriffen getötet wurden. Die Einsätze liefen über Ramstein. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Von Erik Stegner
Ramstein-Miesenbach. Darf Deutschland zusehen, wenn über den US-Stützpunkt Ramstein tödliche Drohnenangriffe koordiniert werden? Zwei Männer aus dem Jemen, deren Angehörige bei einem US-Einsatz ums Leben kamen, wollten das nicht hinnehmen – und klagten vor dem Bundesverfassungsgericht. Doch die Richter in Karlsruhe haben ihre Verfassungsbeschwerde nun zurückgewiesen. Die Bundesregierung muss demnach keine Maßnahmen gegen die Vereinigten Staaten ergreifen – obwohl Ramstein technisch eine zentrale Rolle bei den Angriffen spielt.

- Symbolbild: Eine bewaffnete US-Drohne vom Typ MQ-9 Reaper im Abendlicht auf einem Militärflugplatz. Die Air Base Ramstein in der Westpfalz spielt als Datenknotenpunkt eine zentrale Rolle bei der Steuerung solcher Einsätze – auch wenn die Drohnen nicht von deutschem Boden starten.
- Foto: Photo by Clark Nieddu (432nd Wing)
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Klage aus dem Jemen: Bundesregierung in der Pflicht?
Die Kläger werfen Deutschland Untätigkeit vor. Ihrer Auffassung nach hätte die Bundesrepublik eingreifen müssen, da die Drohnenangriffe unter Beteiligung einer in Ramstein betriebenen Satellitenrelaisstation erfolgen – ein zentrales Bindeglied bei der Signalübertragung zwischen US-Kommandozentralen und Drohnen im Ausland. Die Männer leben nach eigenen Angaben in ständiger Angst vor weiteren Angriffen und sehen in der deutschen Untätigkeit eine Verletzung ihrer Rechte.
Richter sehen keine Völkerrechtsverletzung
Das Bundesverfassungsgericht entschied nun, dass Deutschland mit seinem Verhalten keine völkerrechtlichen Pflichten verletzt hat. Zwar könne die Bundesrepublik in bestimmten Fällen eine Schutzpflicht gegenüber Menschen im Ausland haben – dies sei jedoch nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Es müsse etwa ein klarer Bezug zur deutschen Staatsgewalt bestehen sowie eine ernsthafte Gefahr der systematischen Verletzung internationalen Rechts durch den Drittstaat.

- Symbolbild: Satellitenantennen und militärische Ausrüstung bei einem US-Einsatz. Über die Air Base Ramstein werden Satellitensignale für weltweite Drohneneinsätze der US-Streitkräfte weitergeleitet – ein zentraler technischer Bestandteil der Steuerung.
- Foto: John Sorensen (Allied Joint Force Command Naples)
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Beides sah der Zweite Senat im vorliegenden Fall nicht gegeben. Zwar sei bekannt, dass über Ramstein eine Satellitenverbindung für Drohneneinsätze laufe – jedoch habe das Gericht keine ausreichenden Hinweise darauf gefunden, dass dabei völkerrechtswidrige Kriterien zur Unterscheidung zwischen zivilen und militärischen Zielen zur Anwendung kommen. Auch eine systematische Missachtung völkerrechtlicher Standards durch die USA sei nicht nachweisbar.
Ramstein bleibt strategischer US-Knotenpunkt
Die Bundesregierung, die bereits seit Jahren wegen der Rolle Ramsteins in der Kritik steht, begrüßte das Urteil. Es bestätige die bisherige Rechtsauffassung, wonach Deutschland nicht automatisch für Handlungen dritter Staaten verantwortlich sei, nur weil diese militärische Einrichtungen auf deutschem Boden nutzen. Das gemeinsame Statement von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt wertet das Urteil als „wichtiges Signal für unser außen- und sicherheitspolitisches Handeln“.

- US-Militärflugzeuge auf der Air Base Ramstein: Der Stützpunkt in der Westpfalz bleibt ein bedeutendes internationales Drehkreuz für logistische und strategische Operationen der Vereinigten Staaten – auch im Rahmen weltweiter Einsätze.
- Foto: Senior Airman Regan Enriquez
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Zugleich betonte die Bundesregierung, man werde sich weiterhin für die Einhaltung des Völkerrechts einsetzen – auch über die deutschen Grenzen hinaus. Das Urteil gilt dennoch als Präzedenzfall, da es die Kriterien für staatliche Schutzpflichten gegenüber Menschen im Ausland konkretisiert – und dabei erstmals auch die indirekte Mitwirkung an völkerrechtlich umstrittenen Einsätzen über ausländische Militärbasen auf deutschem Boden beleuchtet.
Ramstein als Datendrehscheibe
Die Air Base Ramstein dient dem US-Militär als logistisches und technisches Drehkreuz. Zwar werden Drohnen nicht direkt von der Westpfalz aus gestartet oder gesteuert, jedoch laufen zentrale Datenverbindungen über den Standort. 2010 informierten die USA das Bundesverteidigungsministerium über den Bau einer Relaisstation zur Signalübertragung – das Ministerium sah damals keine völkerrechtlichen Bedenken.

- US-Transportflugzeug vom Typ C-130 Hercules im Steigflug – mit Ramstein-Kennung „RS“: Der US-Stützpunkt in der Westpfalz ist nicht nur logistische Drehscheibe, sondern auch ein wichtiger Bestandteil militärischer Kommunikations- und Unterstützungsstrukturen weltweit.
- Foto: Senior Airman Regan Enriquez (86th Airlift Wing)
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Die juristische Auseinandersetzung um den Fall hatte bereits vor mehr als zehn Jahren begonnen. Für die Kläger bleibt nach dem Urteil aus Karlsruhe nun nur noch der Gang zu internationalen Instanzen – ein Schritt, den ihre Unterstützer derzeit prüfen.
Hintergrund: Was in Ramstein wirklich passiert
- Ramstein ist ein technisches Drehkreuz für das US-Militär in Europa.
- Über eine Satellitenrelaisstation werden Signale für Drohneneinsätze übertragen.
- Die Drohnen starten nicht von deutschem Boden – aber die Steuerung erfolgt über Ramstein.
- 2010 informierten die USA das Verteidigungsministerium über die Relaisstation – Deutschland sah keine Bedenken.






Autor:Erik Stegner aus Landstuhl |
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