Interview der Woche
Oliver Steinke

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Oliver Steinke ist ein Autor mit besonderen Themen, ob in Buchform oder in biographischen Artikeln in der Rheinpfalz am Sonntag. Er ist Mitglied des Neustadter Literatennetzwerks TeXtur. Michael Landgraf, der das Netzwerk 2017 mitgegründet hat, befragt ihn zu seiner Autorentätigkeit und zu seinem neuen Roman „Brachvogelweg 92“.

Lieber Oliver, was ist dein Beruf und was bedeutet für dich Schreiben?
Ich arbeite im sozialen Bereich als Begleitung vor allem eines Mannes, der von klein auf vieles anders wahrnimmt und dem ich helfe, den Alltag zu bewältigen. Schreiben ist für mich mitteilen. Ich schreibe vor allem gegen das Vergessen an, dass eine ganz andere Welt auf der Basis von Gemeineigentum möglich und bitter nötig ist.

Gibt es besondere Persönlichkeitstypen oder Botschaften, auf die du durch deine schriftstellerische Tätigkeit aufmerksam machen möchtest?
Ja, mich interessieren Menschen, die gegen Ungerechtigkeit aufbegehren und die allen ein Leben frei von Hunger und Armut, auch geistiger Armut wünschen. Die nichts mehr verabscheuen, als die Radfahrermentalität, nach oben buckeln, nach unten treten. Auch wenn viele meiner Heldinnen und Helden Anarchisten sind, darf man das nicht in eine Ideologie pressen. Christen wie Dietrich Bonhoeffer, Schamanen wie Sitting Bull oder irische Nationalisten wie Constance Markievicz gehören genauso dazu. Ideologien sind trügerisch, alles Totalitäre führt in den Abgrund: Nichts ist so wahr wie der Spruch: „Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert“.

Dein neuer Roman heißt „Brachvogelweg 92“ und liest sich sehr spannend. Er beschreibt den Alltag von Jugendlichen des Jahres 1992. Worum geht es da?
Meine Generation wurde mit Mauerfall und Sturz der osteuropäischen Diktaturen erwachsen. Unser Ministerpräsident in Schleswig Holstein Uwe Barschel ließ seinen SPD Kontrahenten ausspionieren und war in Waffengeschäfte verstrickt. Alles schien falsch und vieles war es auch. Deshalb wollten wir es anders machen, wir nannten es nicht so, aber wir experimentierten mit einer Form der Basisdemokratie. Sowohl in den besetzten Häusern als auch in den politischen Gruppen gab es wöchentlich „Plenen“, hier entschieden wir alles gemeinsam. Das klappte über viele Jahre gut. Unser größtes Problem waren Angriffe von Neonazis, die regelmäßig Leute zusammenschlugen oder unsere Häuser in Brand stecken wollten. Diese ständige Bedrohung schweißte die Szene zusammen und das wiederum führte zumindest in Flensburg dazu, dass die Neonazis in andere Städte abwanderten.

Wieviel Biographisches steckt in dem Roman?

Viel, wenn auch nicht alles aus dem Jahr 1992. Natürlich habe ich verfremdet und hier und da etwas weniger oder mehr erzählt, schließlich ist es ja ein Roman. Aber die Aktionen wie Hausbesetzungen oder Demonstrationen finden sich in den Archiven der Tageszeitungen. Mir entspricht aber nicht eine bestimmte Person, das verteilt sich eher. Wer genau liest, kann vor allem bei Hannes neben der Leidenschaft für Gerechtigkeit auch größere Defizite entdecken. Es geht mir um genau diese Grautöne. Die Szene war eine Mischung aus Aufrichtigkeit und Mut, aber auch Oberflächlichkeit, Egozentrik, vielleicht sogar Dünkel, einiges war eher wahnhaft als heldenhaft. Das Positive, Kreativität und gegenseitige Hilfe, überwiegt für mich. Es gab und gibt viele Hausbesetzerszenen. Man glaubt es kaum, selbst Angela Merkel war ja mal dabei.

Was sind deine nächsten Projekte?
Ich weiß es noch nicht genau. Es gibt die Fortsetzung meines historischen Romans „Kaperfahrt nach Palmares“, der im 17. Jahrhundert spielt. Ich denke auch über einen Spin off vom Brachvogelweg 92 nach, oder über eine Weiterentwicklung des Romans über den biblischen Simon Magus. Ich habe das Gefühl, alle Themen, die ich in den letzten 20 Jahren aufgegriffen habe, sind noch lange nicht zu Ende erzählt.

Lesezeichen: Oliver Steinke, Brachvogelweg 92, Brot und Kunst Verlag, Neustadt 2022, ISBN 978-3-949933-00-4. 15 Euro.

Autor:

Michael Landgraf aus Neustadt/Weinstraße

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