Staatsphilharmonie brilliert
Monumentalwerk METROPOLIS im Konzert

Symbolbild  | Foto: Marko Cirkovic

Ein Jahrhundert ist fast vergangen, seit Fritz Langs Meisterwerk "Metropolis" seine Premiere feierte, und dennoch scheint die Essenz des Films zeitlos relevant. Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz hat mit dem Saisonauftakt ihrer Reihe "Modern Times" ein kraftvolles Statement für die zeitlose Relevanz der Kunst gesetzt. Im Mittelpunkt des Abends stand die Aufführung von Gottfried Huppertz' begleitender Filmmusik zu "Metropolis", einer Komposition, die ebenso wie der Film selbst, die Extreme menschlicher Emotionen und die Kluft zwischen Technologie und Menschlichkeit erforscht. Unter der versierten Leitung von Dirigent Stefanos Tsialis wurde der Abend zu einer spannungsgeladenen Verschmelzung von Musik und Film, von Geschichte und Gegenwart.

In einer Zeit, in der die ethischen und sozialen Fragen rund um fortschreitende Technologie und soziale Spaltung relevanter denn je sind, spiegelt "Metropolis" die komplexen Dilemmata unserer eigenen Epoche wider. In der Zukunftsstadt Metropolis ringen Industrielle und Arbeiter um die Kontrolle einer Maschinenwelt, die so fremdartig wie faszinierend ist, und die letztendlich das Potenzial hat, ihre Schöpfer zu vernichten. Wie die dystopischen Visionen von Orwell oder Huxley bietet auch "Metropolis" eine unheimlich vorausschauende Darstellung von Themen, die sich im 21. Jahrhundert weiter entfalten.

Es ist also kein Wunder, dass die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz gerade dieses Werk für den Saisonauftakt wählte. In einer Welt, die zunehmend von künstlicher Intelligenz, Automatisierung und einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich geprägt ist, spricht "Metropolis" in der musikalischen Sprache eines fast vergessenen Jahrhunderts und doch mit einer Dringlichkeit, die nichts an Aktualität verloren hat.

Die Prämisse des Abends versprach eine symbiotische Verschmelzung von visuellen und auditiven Reizen, ein kinästhetisches Gesamterlebnis, das die narrative und emotionale Kraft der einzelnen Komponenten potenzieren würde. Jedoch präsentierten sich in den ersten 10 bis 15 Minuten der Darbietung episodische Timing-Diskrepanzen. Es schien, als ob die musikalische und filmische Komponente jeweils in ihrer eigenen Zeitschleife gefangen wären, mit nur intermittierenden Phasen der Synchronisation. Dies erschuf eine Metaebene der Dissonanz, die die anfängliche Immersion erschwerte. Der Zuschauer war gezwungen, in einer Art dualer Bewusstseinslage zu verharren, geteilt zwischen den beiden Darbietungen, die sich nur zögerlich zu einem stimmigen Ganzen fügten.

Dieser Mangel an synchronem Timing, ein Aspekt, den man als Quintessenz des kohärenten Zusammenspiels von Filmbild und Livemusik betrachten könnte, wurde jedoch mit fortschreitender Spieldauer beinahe vollständig aufgelöst. Ab einem bestimmten Moment schien es, als hätte das Orchester nicht nur den Rhythmus, sondern auch die emotionale Essenz des Filmes ergriffen. Der Dirigent Stefanos Tsialis gelang es, das Ensemble zu einer Nuancierung der Timbre und einer Steigerung der expressiven Dynamik zu führen, die den atmosphärischen und emotionalen Facetten von Huppertz' Partitur gerecht wurden.

Die interpretative Stilsicherheit, mit der die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz den komplexen Themenkomplex von "Metropolis" – die Fragmentierung des menschlichen Lebens, die Industrialisierung und die Degradierung der Individualität im Zeitalter der Maschinen – musikalisch umsetzte, war bemerkenswert. Trotz einer ungewollten Momentaufnahme von Dissonanz – ein kieksendes Horn, das vielleicht als ironischer Kommentar zur Imperfektion der menschlichen Technologie interpretiert werden könnte – behielt das Ensemble eine klare, kohärente Linie bei. Sie bewegten sich geschickt durch chromatische Progressionen, vielschichtige Polyphonien und komplexe Rhythmusstrukturen, ohne je den emotionalen Kern des Werkes aus den Augen zu verlieren.

Die Reaktion des Publikums war aufschlussreich. Tosender Applaus markierte nicht nur das Ende der gesamten Darbietung. Diese spontane, kollektive Würdigung zeigte, dass trotz aller anfänglichen technischen Herausforderungen das Konzert letztlich als grandioses Kunstwerk wahrgenommen wurde. Es war nicht nur die schiere Virtuosität der Musiker oder die akkurate Dirigierkunst, die für Begeisterung sorgte, sondern auch die Gesamtvision der Veranstaltung, die scheinbar historisch getrennte Welten zu einem sinnstiftenden Dialog verband.

Am Ende stellt sich nicht die Frage, ob diese Aufführung eine 'gelungene' war – diese Kategorie scheint fast trivial angesichts der Tiefe des künstlerischen Eindrucks, den sie hinterlässt. Vielmehr geht es darum, wie dieser Abend unser Verständnis von Kunst, Kultur und sogar der menschlichen Existenz erweitern kann. Das Ensemble und ihr Dirigent haben trotz der anfänglichen asynchronen Momente und kleinerer instrumentaler Querelen ein beeindruckendes Panorama an Emotionen, Gedanken und sozialen Kommentaren präsentiert. Sie haben uns gezeigt, dass selbst ein Jahrhundert-altes Werk wie "Metropolis" uns noch viel über unsere eigene, von künstlicher Intelligenz und sozialen Medien geprägte Welt lehren kann. Sie haben uns daran erinnert, dass die wahre Kraft der Kunst nicht nur in ihrer ästhetischen Perfektion liegt, sondern auch in ihrer Fähigkeit, zeitlosen, universellen Fragen des menschlichen Daseins eine Plattform zu geben.

In der Summe war dieser Saisonauftakt der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ein komplexes, mehrschichtiges Erlebnis, das trotz, oder gerade wegen seiner anfänglichen Unvollkommenheiten, das Publikum in eine tiefe Reflexion über die zeitlose Kraft der Kunst versetzte. Es war ein eindrucksvoller Beweis dafür, dass die klassische Musik – in all ihrer technischen und emotionalen Komplexität – in der Lage ist, den Puls der Zeit zu erfassen und uns ein Spiegelbild unserer eigenen Komplexität und unserer eigenen Herausforderungen zu bieten.

Autor:

Marko Cirkovic aus Durlach

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