OB-Wahl in Karlsruhe / Dr. Paul Schmidt, angestellter Physiker, Kandidat der AfD / Platz 4 auf dem Wahlzettel
Nachgefragt bei Dr. Paul Schmidt

Dr. Paul Schmidt, angestellter Physiker, Kandidat der AfD
 | Foto: Privat
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Wahl. In Karlsruhe wird am Sonntag, 6. Dezember, ein neues Stadtoberhaupt gewählt. Sechs Kandidaten hat der Wahlausschuss zugelassen (insgesamt waren elf Bewerbungen beim Wahlamt eingegangen). Alle Kandidaten für die OB-Wahl kommen im aktuellen „Wochenblatt“ zu Wort – in der Reihenfolge wie auf dem Stimmzettel. Damit sich Leser einen Eindruck machen können, haben wir jedem Bewerber dieselben Fragen gestellt:

???: Was macht für Sie Karlsruhe aus – wo „krankt“ es Ihrer Ansicht nach?
Dr. Paul Schmidt: Karlsruhe habe ich als Teenager als verschlafene, aber sehr sichere Beamtenstadt erlebt, in der gerade genug los war, dass es einem als junger Mensch nicht dauerhaft langweilig wurde. Heute ist die Situation völlig anders: es ist unheimlich viel los (wenn nicht gerade Corona ist). Man kann viel unternehmen, aber wirklich sicher fühlt man sich leider nicht mehr. Es gibt heute viel mehr Menschen hier in unserer Stadt, aber alles ist hektischer geworden und die Lebensqualität ist nicht mehr dieselbe. Karlsruhe lebt immer noch von dem vielen Grün, das die Stadt durchzieht und von den dörflichen und den Siedlungs-Strukturen, in denen es viele Ein- und Zweifamilienhäuser mit den sie umgebenden Gärten gibt.

???: Größere Projekte im Blick: Kombilösung, Staatstheater, Wildparkstadion, Stadthalle & Co.: Ist das noch finanzierbar – oder wo kann, wo muss der Rotstift angesetzt werden?
Dr. Schmidt: Die begonnenen Projekte müssen natürlich umgesetzt und zu Ende gebracht werden. Dies gilt aber nur eingeschränkt für das Staatstheater und für die Stadthalle. Beim Staatstheater muss erst einmal der tatsächliche Kostenrahmen geklärt werden. In Anbetracht der geplanten hohen Neuverschuldung muss vor allem neu untersucht werden, was das Staatstheater wirklich an Fläche und Einrichtungen braucht und worauf verzichtet werden kann. Bei der Stadthalle hat die Hauptplanungsfirma die Arbeit eingestellt und so einen Rauswurf provoziert. Den Nachweis, dass die Renovierung der Stadthalle unter Einhaltung der heutigen Anforderungen, [...]

Bis hierher stand das Interview in der gedruckten Ausgabe des Wochenblatts

[...] z. B. hinsichtlich des Brandschutzes, möglich ist, blieb sie schuldig. Nun muss der nächste Auftragnehmer diesen Nachweis erbringen. Es ist daher noch nicht klar, ob die Renovierung überhaupt durchführbar ist. Möglicherweise muss doch abgerissen und neu gebaut werden, und das nachdem schon so viel Geld für eine noch immer lückenhafte Planung ausgegeben wurde.

???: Bezahlbarer Wohnraum: Wie lässt sich das umsetzen?
Dr. Schmidt: Ich kann mich noch gut erinnern, wie schwer es mir nach dem Ende meines Studiums 1991 gefallen ist, in Karlsruhe auch nur ein Zimmer zu finden. Damals hatte Karlsruhe knapp 280.000 Einwohner, heute mehr als 310.000. Wohnungsnot und hohe Mieten waren schon damals ein Problem. In der Zwischenzeit sind sehr viele zusätzliche Wohnungen gebaut worden; mit der neuen Süd-Ost-Stadt wurde ein ganzes Viertel neu aus dem Boden gestampft. Und trotzdem haben wir immer noch dieselben Probleme. Diese Entwicklung zeigt, genauso wie die der Stadt München über die letzten 30 Jahre, dass der Zubau von Wohnungen nicht automatisch die Wohnungsnot und das Problem der hohen Mieten beseitigt. Oft genug ist das Gegenteil der Fall und durch gesteigerten Zuzug bleibt der erwünschte positive Effekt auf den Wohnungsmarkt aus. Daraus lernen wir, dass wir nur wohlüberlegt in das vertraute Bild unserer Stadt Karlsruhe mit ihrem Grün und den gewachsenen Wohnquartieren eingreifen dürfen. Zunächst müssen wir uns klar werden, für wen neuer Wohnraum geschaffen werden muss. Senioren haben andere Bedürfnisse als junge Familien mit kleinen Kindern oder Studenten. Bei allen Planungsmaßnahmen müssen die Bewohner in einem Viertel nicht nur symbolisch „gehört“ und „beteiligt“ werden, sondern es müssen Lösungen gefunden werden, die auch für die alteingesessenen Bewohner mit Verbesserungen verbunden sind. Die vom Gemeinderat beschlossenen Konzepte für eine bessere Belüftung der Innenstadt, für den Erhalt des Grüns in unserer Stadt und für die Abstimmung der Gebäudehöhen müssen dabei eingehalten werden. Die Infrastruktur, zu der auch unsere Straßen gehören, muss natürlich entsprechend mitwachsen.

???: Sauberkeit und Sicherheit: Für Karlsruher ein sehr wichtiges Thema, doch die Stadt kann hier nicht unbedingt beim Bürger punkten, schon gar nicht in der subjektiven Wahrnehmung. Was muss verbessert werden?
Dr. Schmidt: Wir sind uns sicher alle einig, dass jede Straftat in dieser Stadt eine zu viel ist, und dass unsere Stadt sicher, sauber und hell sein muss; nur so wird sie unsere Bürger und unsere Gäste (die auch Kunden unserer Kaufleute und Betriebe sind) zum Verweilen einladen. Schließlich sind wir gerade dabei, unsere Fußgängerzone straßenbahnfrei und besucherfreundlich zu machen und werden dafür in den nächsten Jahrzehnten viel Geld zurückzahlen müssen (rund 40 Mio. €/Jahr). Leider wurde in Baden-Württemberg über Jahre versäumt, Nachwuchs-Polizisten in ausreichender Zahl auszubilden, sodass wir sowohl bezogen auf die Fläche als auch auf die Einwohnerzahl im Vergleich der Bundesländer die wenigsten Polizisten haben. Damit haben wir in Karlsruhe auch nicht genug Polizei-Patrouillen, um im Stadtgebiet für Sicherheit zu sorgen. Deshalb haben wir den Kommunalen Ordnungsdienst KOD, für dessen weitere Aufstockung ich mich bereits seit 6 Jahren im Gemeinderat einsetze. Dieser Ausbau muss fortgesetzt werden, denn der KOD arbeitet sehr gut mit der Polizei zusammen und patrouilliert auch in den Abend- und Nachtstunden. Das oft vorgebrachte Argument, die polizeiliche Statistik weise heute nicht mehr Straftaten aus als früher, trifft nicht zu: Hier geht es um Delikte, deren Definition in den Statistiken über die Jahre immer wieder geändert wurden, sodass ein Vergleich der Zahlen nicht möglich ist. Nicht nur um potentielle Straftäter abzuschrecken, müssen unsere Innenstadt, und damit auch ihre Höfe und Passagen, hell und sauber sein. Graffiti und herumliegender Müll sind zu entfernen. Als Oberbürgermeister werde ich mich dafür einsetzen, dass die Stadt Hauseigentümer und Bewohner dabei unterstützt.

???: Der Handel moniert sinkende Attraktivität und Erreichbarkeit der Stadt. Wie kann dieser Prozess umgekehrt werden – mit Blick auf eine älter werdende Gesellschaft?
Dr. Schmidt: Für unsere Bürger und Gäste muss unsere Innenstadt als etwas Vertrautes, Liebgewonnenes erkennbar bleiben, dazu gehört auch die gute Erreichbarkeit mit dem eigenen Auto, auf das gerade viele ältere Leute angewiesen sind. Mit der Fertigstellung der Kombilösung muss daher der Umbau der Verkehrswege unserer Innenstadt zunächst beendet sein. Alle weiteren geplanten Umbauaktivitäten zum Verdrängen der Kfz aus der Innenstadt (die sogenannte „autofreie Innenstadt“) sind kontraproduktiv und widersprechen den Versprechungen, die die Verwaltung uns Bürgern vor den Abstimmungen über die Kombilösung gemacht hat. Ich würde als Oberbürgermeister darauf hinarbeiten, diesen teuren Stadtumbau zu vermeiden. Sollte die Gemeinderatsmehrheit dennoch darauf bestehen, so würde ich es zumindest um einige Jahre in die Zukunft zu verschieben, denn zunächst muss Karlsruhe bei unseren ehemaligen regelmäßigen Besuchern aus den benachbarten Kreisen wieder Vertrauen gewinnen. Weiterhin sind Konzepte zu entwickeln, um auch die Bereiche der Stadt, die in den vergangenen Jahren einen Rückgang der Kundschaft zu beklagen hatten, wieder für mehr Kunden attraktiv zu gestalten. Hier denke ich in der Innenstadt z. B. an die Reaktivierung der westlichen Kaiserstraße zwischen Europaplatz und Mühlburger Tor oder auch eine Verbesserung der Situation in der östlichen Kaiserstraße zwischen Marktplatz und Kronenplatz. Diese neuen Konzepte wären für mich als neuer OB Chefsache, und ich würde hierzu alle relevanten Verbände und Beteiligten zu einem runden Tisch einladen. In Mühlburg und Durlach würde ich mich für die Wiedereinführung der sog. Brötchentaste einsetzen, gegen deren Abschaffung ich mich in den letzten sechs Jahren im Gemeinderat engagiert habe. Diese Stadtteile brauchen dringend die Belebung durch Bürger, Gäste und Kunden, die kurz dort anhalten, um auf dem Weg zur oder von der Arbeit schnell ihre Besorgungen zu machen.

???: Hand aufs Herz: Warum sollten Karlsruher Sie wählen?
Dr. Schmidt: Unter den Kandidaten bin ich der einzige, der in Karlsruhe wirklich zuhause ist, der hier geboren wurde und hier in die Schule gegangen ist. Damit bin ich auch der einzige, der in Karlsruhe seit über 40 Jahren mit dem Fahrrad unterwegs ist und weiß, wie sich die Stadt in diesem Zeitraum entwickelt hat, im Gegensatz zu den vielen Versprechungen, die den Bürgern von der Kommunalpolitik schon gemacht wurden.
Ich bin in Karlsruhe daheim, habe aber auch schon im Ausland gelebt. Dementsprechend weiß ich auch, wie es ist, in einer fremden Stadt oder gar einem fremden Land Fuß fassen zu müssen. Ich wohne nicht nur schon sehr lange hier, ich bin auch mit einer Karlsruherin verheiratet; wir haben zwei Kindern, die öffentliche Schulen in Karlsruhe besuchen.
Gerade weil mir die Stadt so sehr am Herzen liegt, fühle ich mich als Stadtrat allen Bürgern Karlsruhes verpflichtet. Es ist meine Pflicht, dafür zu sorgen, dass im Rathaus für uns Bürger die richtigen Entscheidungen gefällt werden, sowohl als Stadtrat, als auch als Oberbürgermeister.
Leider habe ich in den letzten sechs Jahren viel zu oft erleben müssen, wie Parteipolitik die Entscheidungsfindung im Gemeinderat überlagert hat. Da werden immer wieder Anträge eingebracht, die von diesen Parteien von oben vorgegeben werden und in allen größeren deutschen Städten gestellt werden. Diese Anträge sind meines Erachtens nicht im Sinne der Bürger, da sie nur der Profilierung der Parteien dienen. Im Gemeinderat geht es doch hauptsächlich um Sachfragen, da muss es doch darum gehen, die Probleme der Stadt zu lösen, und dabei jeweils die beste, die pragmatischste Lösung zu finden. Daher mein Motto: Sachverstand statt Ideologie!

Autor:

Jürgen Therm aus Karlsruhe

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