Ein kubanischer Mythenerzähler
Ciro Quintana kommt in die Fächerstadt

- Ciro Quintana
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Bald erwartet die Kulturszene Karlsruhes ein außergewöhnliches Ereignis: Der weltbekannte kubanische Künstler Ciro Quintana wird persönlich in die Fächerstadt reisen, um eine Auswahl seiner Werke zu präsentieren.
Quintana ist nicht nur ein herausragender Vertreter der zeitgenössischen Kunst Kubas, sondern auch Mitbegründer der legendären Künstlergruppe “Puré”, die in den 1980er-Jahren das offizielle Kulturverständnis der sozialistischen Insel mit Ironie und Witz herausforderte.
Mit seinem vielschichtigen Stil, in dem sich Mythos, Pop und Politik auf überraschende Weise vermischen, hat er sich einen festen Platz in der internationalen Kunstgeschichte gesichert.
Von Havanna nach USA
Ciro Quintana wurde 1964 in Havanna geboren und absolvierte seine Ausbildung am renommierten Instituto Superior de Arte (ISA), der wichtigsten Kunsthochschule Kubas. Bereits während seiner Studienzeit machte er durch seine rebellische Haltung auf sich aufmerksam.
Die Gründung der Gruppe “Puré” im Jahr 1986 markierte einen Wendepunkt in der kubanischen Kunst: junge Künstler stellten die revolutionären Ideale in Frage und setzten stattdessen auf kulturelle Vielschichtigkeit und individuelle Ausdrucksformen.
Nach der Auflösung von “Puré” verfolgte Quintana erfolgreich eine Solokarriere. Seine Werke wurden in bedeutenden Museen wie dem Museo Nacional de Bellas Artes in Havanna sowie in Galerien in Spanien, Deutschland und den USA ausgestellt.
Heute umfasst sein Oeuvre mehrere Hundert Werke – von großformatigen Gemälden über Collagen bis hin zu installativen Arbeiten. Seit 1993 wohnt der Künstler in den USA.
Ein Stil zwischen Santeria, Sozialismus und Superhelden
Quintanas Werk ist ein visuelles Kaleidoskop: Er kombiniert Elemente aus der afro-kubanischen Mythologie (Santería), religiöse Ikonen, politische Propaganda und Popkultur zu einem ebenso üppigen wie kritischen Bilderkosmos.
Immer wieder tauchen Göttergestalten wie Chango (der Orisha des Feuers und Donners), Oshun (Göttin der Flüsse und Liebe) oder Elegguá (Hüter der Wege) in seinen Bildern auf – häufig neben Symbolen des Sozialismus wie der Che-Guevara-Silhouette, Sowjetsternen oder roten Fahnen.
Diese Verbindung von Heiligem und Profanem, von Revolution und Religion, erzeugt eine ironische Spannung, die den Betrachter fesselt. Quintana malt keine eindeutigen Botschaften, sondern öffnet Räume für Interpretation – seine Werke sind ein Spiegelbild der Widersprüche Kubas, eingefangen in einer barocken, farbintensiven Bildsprache.
Kuriose Einblicke
Ein bemerkenswerter Aspekt seines Schaffens ist sein wiederkehrender Einsatz von ästhetischem „Kitsch“, etwa durch die Verwendung von Glitzer, künstlichen Blumen oder bonbonfarbenen Hintergründen. Was zunächst oberflächlich wirkt, entpuppt sich als strategisches Mittel zur Unterwanderung politischer Ernsthaftigkeit.
Ein weiteres interessantes Detail: In mehreren seiner Werke verbirgt Quintana Zitate aus der klassischen Literatur und Philosophie – teils sichtbar, teils in Bildsymbolen verschlüsselt. Damit positioniert er sich nicht nur als Künstler, sondern auch als intellektueller Kommentator.
Mystische Begegnungen
Quintanas Bilder scheinen nicht nur zu sprechen – sie wirken. In einer Ausstellung in New York soll ein Besucher laut Berichten Tränen in den Augen gehabt haben, als er vor einem Gemälde mit Oshun stand – ohne zu wissen, wer die dargestellte Figur war.
Eine andere Geschichte erzählt von einer Galerie in Madrid, in der ein Stromausfall passierte, exakt in dem Moment, als ein Bild mit Elegguá enthüllt wurde – dem Orisha, der die Kontrolle über Wege und Schicksal hat.
Diese Anekdoten tragen zur mystischen Aura seiner Kunst bei und verstärken den Eindruck, dass seine Werke mehr sind als bloße Gemälde – sie scheinen „etwas“ zu transportieren.
Kunst und Kapital
Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist Ciro Quintana ein spannendes Investmentobjekt. Seine Arbeiten verzeichneten in den letzten Jahren eine stetige Preissteigerung, insbesondere seit der internationalen Wiederentdeckung kubanischer Gegenwartskunst.
Durch die wachsende Nachfrage nach außereuropäischen Künstlern auf globalen Kunstmessen – und angesichts des begrenzten Gesamtwerks von Quintana – gelten seine Werke als vielversprechend in Bezug auf langfristige Wertentwicklung.
Kunstexperten schätzen besonders die Originalität seines Stils, die Verbindung von lokaler Verwurzelung und globaler Lesbarkeit, sowie die Tatsache, dass er trotz politischer Brisanz nie dogmatisch, sondern stets vieldeutig bleibt. All das macht seine Werke nicht nur sammelwürdig, sondern auch zu langfristig stabilen Werten auf dem Kunstmarkt.
Begegnung mit einem lebenden Mythenerzaehler
Ciro Quintanas Besuch in Karlsruhe ist mehr als nur ein Ausstellungstermin – es ist eine Begegnung mit einem der bedeutendsten visuellen Erzähler der Karibik.
Seine Werke öffnen Türen zu einer Welt voller Symbolik, Widersprüche und Geheimnisse. Wer sich ihnen nähert, wird nicht nur Kunst erleben, sondern eine eigene Reise durch die kollektive Seele Kubas antreten. Und wer klug ist, erkennt darin auch eine Gelegenheit – kulturell wie ökonomisch.



Autor:Vitalii Matarykin aus Karlsruhe |
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