Weniger Gäste, strenge Auflagen - so lebt die Gastronomie mit Corona
"Ich habe mir die Hände doch zuhause schon gewaschen"

Symbolbild Gastronomie | Foto: Rudy and Peter Skitterians/Pixabay
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Jockgrim. Seit gut zwei Wochen haben Gaststätten unter strengen Corona-Auflagen wieder geöffnet. Nun besteht für die Gastwirte die Herausforderung darin, auf der einen Seite trotz strenger Vorgaben für die Gäste ein angenehmes Ambiente zu schaffen und auf der anderen Seite ihren Betrieb wirtschaftlich zu führen. In der Verbandsgemeinde Jockgrim haben deshalb auch nicht alle Gaststätten wieder geöffnet. Einige haben sich vorerst gegen eine Öffnung entschieden oder belassen es erst einmal beim Liefer- und Abholservice.

Das Fazit aus dem Ordnungsamt

Die Rückmeldung der Gastwirte, die ihre Lokale geöffnet haben, sei jedoch ermutigend, sagt die Verwaltung der Verbandsgemeinde. Der größte Teil der Gäste sei sehr gut informiert und durch Liefer- und Abholangebote könne man die geringeren Gästezahlen teilweise kompensieren. Nun ist auch das Ordnungsamt der Verbandsgemeinde Jockgrim unterwegs, um zu kontrollieren, wie die notwendigen Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen (Reservierung- und Anmeldepflicht, Zutrittssteuerung, Desinfektion, Mindestabstand, Bewirtung, Kontaktbeschränkungen, Mund-Nasen-Schutz, Öffnungszeiten) eingehalten werden. Die Lokale zeigten sich sehr gut vorbereitet. Das Ordnungsamt bestätigte auch, dass die Gäste sich - bis auf wenige Ausnahmen - solidarisch mit ihren Lokalen zeigen und die Auflagen ohne Murren erfüllen. Insgesamt waren nur geringfügige Beanstandungen festzustellen. Auch auf die Einhaltung des Datenschutzes im Rahmen der Anmeldepflicht wurde durch entsprechende Formulare geachtet.
"Es gab wenige Beanstandungen zu vermerken, die Gastwirte und auch die Gäste halten sich im Wesentlichen an die Vorgaben", sagt Christa Grünenwald im Auftrag der Verbandsgemeinde auf die Nachfrage des "Wochenblatts".  Und auf die Frage, was genau beanstandet wurde, erklärt sie: "Die Gäste vergessen immer wieder, den Mundschutz anzuziehen, wenn sie aufstehen – beispielsweise auf dem Weg zur Toilette. Je nach Größe des Lokals kann es auch vorkommen, dass die Abstandsregelungen nicht so einfach eingehalten werden können." Es sei natürlich für die Gastwirte auch enorm schwierig, den Überblick zu behalten, ob die Gäste konsequent die Abstandsregelungen einhalten.Deshalb will die Verwaltung auch weiterhin Kontrollen durchführen - wenn auch nur stichprobenartig.
Dem Engagement der Gastronomen zollt auch Bürgermeister Karl Dieter Wünstel Anerkennung. Die korrekte Umsetzung der Maßnahmen fordere den Gastgebern viel Flexibilität ab. Umso mehr freue er sich, dass viele Restaurants in der Verbandsgemeinde Jockgrim wieder geöffnet haben, ebenso freue er sich über die insgesamt positiven Rückmeldungen aus der Gastronomie.  Es tue ihm aber auch leid, dass sich aufgrund der örtlich begrenzten Möglichkeiten und der daraus resultierenden Infektionsgefahr nicht alle in der Lage sehen, öffnen zu können. Wünstel appelliert an die Gäste, die Lokale in der nach wie vor schwierigen Situation zu unterstützen und die reichhaltigen Angebote zu nutzen.

Die Sicht der Gastronomie

Corina Wagner vom Restaurant "Zum Bahnhof" in Jockgrim schildert die Situation aus der Sicht einer Gastronomin. "Wir haben genug Platz, von daher konnten wir auf unserer Gartenterrasse die Abstände gut einhalten, natürlich stehen jetzt deutlich weniger Tische draußen. Im Innenbereich können wir auch aufgrund des Platzes verteilen. Geändert hat sich, dass wir kein Besteck mehr eindecken, sondern dies einrollen und in abwaschbare Körbchen je nach Reservierung platzieren und die Körbchen nach jeder Tischbelegung desinfizieren. Desweiteren verzichten wir momentan auf unsere Speisenkarte, unser Angebot ist reduziert und ich habe ein paar Exemplare laminiert. Auch diese werden dann nach jedem Gast desinfiziert", berichtet sie. 
Es seien zusätzlich auch Hinweisschilder laminiert worden, um Ein-und Ausgang separat zu beschildern. Das Ganze ist natürlich erst einmal nicht billig. "Für Desinfektionsmittel, Flächendesinektionsmittel, antibakterielle Handwaschseife und einen Desi-Ständer mit Sensor und andere ähnliche Artikel habe ich mittlerweile schon weit über 500 Euro ausgegeben", berichtet Corina Wagner und ergänzt: "Schon seit der Schweinegrippe stehen an unseren Personal-Handwaschbecken übrigens Desinfektionsgels".
Auch auf der Terrasse werden nach jeder Tischbelegung die abwaschbare Tischdecken und die Stuhllehnen desinfiziert. "Auch Treppenhandläufe, Türklinken und ähnliches desinfizieren wir regelmäßig", sagt die Gastronomin. Ändern musste das Restaurant auch einiges in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltschutz "Beispielsweise haben nun leider wieder Milch und Zucker in Portionspackungen." Insgesamt ein Mehraufwand, der an die Substanz der Mitarbeiter geht.
Ihr sei aufgefallen, dass sich das Hauptgeschäft derzeit im Außenbereich des Restaurants abspiele. "Die Gäste sind noch sehr verhalten, möchten - warum auch immer - nicht so gerne in den Innenbereich", berichtet sie.
Im Großen und Ganzen seien die meisten Gäste - was die neuen Regelungen betrifft -  schon vorbereitet. In Einzelfällen erlebe man es aber schon, dass sich geweigert wird, die Desinfektionsstation zu benutzen oder das Formular auszufüllen. Auch mit verfälschten Informationen seien schon Formulare ausgefüllt worden und auch Kommentare wie "Ich habe mir die Hände doch zuhause schon gewaschen" kommen vor.
Ab und zu gebe es auch Gäste, die - wie gewohnt - ohne Anmeldung kommen und eigenmächtig einen Tisch suchen. "Besonders schwierig ist es bei Stammgästen, die sich wie gewohnt mit mehreren platzieren wollen und dann Diskussionen beginnen, dass nur wir es so päpstlich nehmen würden und 'woanders'  alles ganz anders und wäre und dort niemand was sagen. würde." Die Stimmung sei gerade im Innenbereich schon seltsam, durch die ungewohnt großen Abstände.
Im Vergleich zur Schließzeit zieht Corina Wagner noch eine negative Bilanz: "Die Zeit der Schließung war für uns etwas lukrativer als momentan. Der Abholservice wurde sehr gut genutzt. Bereits am ersten Tag der Schließung hatten wir diesen Service angeboten und verstärkt beworben und haben dadurch auch  viele neue Gäste gewonnen. Diesen Service bieten wir auch weiterhin an. Wir brauchten weniger Personal, weniger Energiekosten. Nun kommen deutlich weniger Gäste, da sie noch verunsichert sind. Durch die Auflagen ist das Personal sehr gefordert und ich brauche daher mehr Personal oder arbeite selbst noch mehr als vorher schon. Auch ich bin nervlich und körperlich an meiner Grenze."
Die ersten Tage der Öffnung seien kaum Gäste gekommen, erst allmählich werde das besser. "Wir haben die Öffnungszeiten reduziert, da meist spätestens um 20.30 Uhr niemand mehr da ist. Daher fallen bestimmte Stammtischgruppen weg, die sich mit Sicherheit auch weiterhin lieber privat treffen werden. Für uns ist es jedoch nicht wirtschaftlich, bis 22 Uhr oder 23 Uhr geöffnet zu lassen", fasst sie die Situation zusammen.

Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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