Markanter Flugdachbau: 50er Jahre Hafenkiosk sucht neue Nutzung

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Ludwigshafen. Das ehemalige Kiosk für Hafenmitarbeiter an der Kammerschleuse seht leer. Eingeschossige Rundbauten mit schwebenden Vordächern, wie das Kultkiosk, sind Deutschlands Erbe aus den 50ern. Man findet sie als Tankstellen, Imbisse, Verkaufsstände und Cafés. Die schönen Gebäude bleiben meist nicht lange ungenutzt.
Die Bauten, die kennzeichnend sind für die 50er, zeigen sich häufiger im Stadtgebiet Ludwigshafens, mit dem Café Laul und der historischen Tankstelle „Guter Hirte“. Auch die abgerissene Arealtanke in der Friesenheimer Sternstraße war so konstruiert.
Amerikanisierte Baukultur der 50er
Die runden Tankstellen mit weit auskragendem Flachdach finden sich zuhauf an der Route 66, zwischen Chicago und Los Angeles. Die ersten beiden Nachkriegsdekaden waren von US-amerikanischen Werten geprägt, auch die Architektur. Man verbindet die Bauten mit Wirtschaftswunder, Rock’n’Roll, Fortschritt, Industrieboom. Das Auto stand für Moderne, Freiheit und Ankurbeln der Wirtschaft und war noch positiv besetzt. Ältere wie jüngere Generationen sehen heute vor allem auch die Probleme, die das Automobil brachte, und steigen auf andere Mobilitätsformen um. Viele alten Tanken und Kioske in ehemaligen Industriearealen des Ruhrgebiets werden heute neu genutzt, als Supermärkte, zum Wohnen, als Friseure und Imbisse. Meist finden sich für die Gebäude schnell Liebhaber, die etwas Neues daraus machen wollen.
„In Zeiten reger Hafennutzung, als die Schiffe bis hierherkamen, hatten die Hafenarbeiter ihr eigenes Kiosk und kamen nach Feierabend oder in der Mittagspause auf ein Bier oder zum Lunch“, sagt Helmut van der Buchholz.
Als Trinkhalle konnte sich das Gebäude nach dem Wegzug des Hafens Richtung Süden nicht halten. „Die Huddelschuddler, ein Spielmannszug, nutzte das Gebäude eine Zeit lang als Treff, danach zog eine andere karnevalistische Gruppe ein, wie das Schild „Glücksritter“ am Eingang verrät“, sagt der Architekt Buchholz.
Schwebedächer waren in Ludwigshafen beliebt
Gebäude mit ähnlicher Baukultur wurden in Ludwigshafen bereits in den 90ern saniert. Das Café Laul, das das Stadtbauamt 1952 fertigstellen ließ, hat seit 1998 neue Pächter, nachdem die alten Mieter 46 Jahre eine Gaststätte darin betrieben. Die Stadt ließ das Café sanieren und die beiden Innenräume zusammenlegen. Das Gebäude hat laut Stadt eine komplizierte, mutige statische Konstruktion. Innen stützen das Dach 30 Säulen, außen einige weitere das weit auskragenden Flugdach. Die Außenplätze unter dem Schwebedach und die Innenplätze entlang des Fensterbands, das ums Café läuft, sind nachmittags bis abends oft voll besetzt.
Auch die ehemalige Gasolin Tankstelle in der Mannheimer Straße vor der BG Klinik zeigt die typische schwebende Überdachung der Zapfsäulen, die kennzeichnend ist nicht nur für Tanken aus dieser Zeit. Karls Latteyer und Alfred Koch planten die alte Tanke als Pavillon mit Dreiecksgrundriss und abgerundeten Ecken. Sie wurde Mitte der 90er saniert, mit kompletten Erhalt des Außenbilds.
Was wird aus dem historischen Hafenkiosk? „Nun sucht man nach Ideen, was man daraus machen kann“, sagt Buchholz. „Daran fehlt es den Kreativen in der Stadt nicht.“jg
Weitere Informationen:
Was aus ungenutzten Tanken im Ruhrgebiet wurde zeigt die Fotoserie Abgetankt unter https://abgetankt.de/


Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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