Verein "Mehlingen hilft": Zehn Jahre gelebte Mitmenschlichkeit

- Bereiten die Kuchentheke für das Montagscafé im Grinnerhof vor: Sandra Bähr (von links) Tanja Denowell-Brentzel und Elisabeth Ellenberger
- Foto: Sandra Bähr/gratis
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Mehlingen. Dort einspringen, wo Hilfe nötig ist. Das hat sich der Verein "Mehlingen hilft" auf die Fahne geschrieben. Vor zehn Jahren gegründet, hat sich daraus ein Netzwerk entwickelt, das Gemeinschaft und Zusammenhalt lebt und denen unter die Arme greift, die nicht aus dem Vollen schöpfen können. Doch dabei ist es nicht geblieben: Mit Verve beschreiten die Vereinsmitglieder und Helfer neue Wege. Ihr Ziel ist es, das gesellschaftliche Engagement weiter auszubauen.
Von Monika Klein
Kai Ellenberger und Tanja Denowell-Brentzel, Vorsitzender und seine Stellvertreterin, sprudeln über, wenn sie von dem erzählen, was sie bereits erreicht haben. "Wir haben vielleicht einen Sprachfehler. Das könnte sein", meinen sie schmunzelnd, denn die Hände in den Schoß zu legen und nein zu sagen, wenn jemand Hilfe benötigt, ist nicht ihr Ding. "Für mich ist der Verein ,Mehlingen hilft' ein Ausgleich zum Stress im Beruf", meint Ellenberger, Chef einer Metallbearbeitungs‑ und Zerspannungsfirma mit Sitz in Kaiserslautern. Missstände sind es, die ihn, seine Stellvertreterin und all die anderen Mitstreiter auf den Plan rufen.

- Bereiten die Kuchentheke für das Montagscafé im Grinnerhof vor: Sandra Bähr (von links) Tanja Denowell-Brentzel und Elisabeth Ellenberger
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Denowell-Brentzel führt ein kleines Deko- und Geschenkelädchen im Ort und arbeitet im Landhaus Grinnerhof mit Ferienwohnungen und einem Café. Genau dieses Café in der Königstraße 4 ist ein unverzichtbarer Dreh- und Angelpunkt für die Dorfgemeinschaft. In Kooperation mit "Mehlingen hilft" öffnet es an jedem Montag zwischen 15 und 18 Uhr mit einer gut bestückten Kuchen- und Tortentheke, aus der jeder ein Stück auswählen kann und eine Tasse Kaffee erhält – beides kostenlos. Spenden sind zwar willkommen, aber "nur von dem, der es sich leisten kann", betont Ellenberger. Das ist den Vorsitzenden wichtig, denn niemand im Dorf soll ausgegrenzt werden, nur weil der Geldbeutel schmal ist.
Café als sozialer Treffpunkt
Seit das Café vor drei Jahren ins Leben gerufen wurde, wird an Montagnachmittagen an den Tischen munter geplaudert. Männer und Frauen jeden Alters geben sich die Türklinke in die Hand, man kennt sich, es wird gescherzt und gelacht. Gab es anfangs noch ein Zögern, das kostenlose Angebot in Anspruch zu nehmen, half eine pfiffige Idee weiter: An der Kerwe wurden Gutscheine verteilt, die gerne eingelöst wurden. Seitdem ist die Hemmschwelle verschwunden.

- Leckere Kuchen und Torten: Ein Stück und eine Tasse Kaffee gibt es gratis
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Den Anstoß, ein solches Café im Ort zu eröffnen, gab die Pandemie, die die soziale Isolation, insbesondere für die älteren Mitbürger, verstärkt hat. Dass sich dieser soziale Treffpunkt genau gegenüber der Kleiderkammer befindet, die zudem die gleichen Öffnungszeiten hat, ist gewollt. Gut erhaltene Kleidung für jedes Alter und jedes Geschlecht als auch Hausrat und andere Dinge sind hier für kleines Geld, meist im Cent-Bereich, zu haben.

- Die Vorsitzenden Tanja Denowell-Brentzel (von links) und Kai Ellenberger mit den guten Seelen der Kleiderkammer: Eleonore Denowell, Chris Basinski, Aliah Wared und Ingrid Hauff
- Foto: Hans Herzog/gratis
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Mit der Kleiderkammer fing alles an. Als die ersten Flüchtlinge im Februar 2015 in der 3700-Seelen-Gemeinde eintrafen, war das Engagement der Bürger groß. Schnell fanden sich 60 Personen, die sich in der Flüchtlingshilfe engagierten und unter anderem Kleidung spendeten, für deren Aufbewahrung Räumlichkeiten her mussten. Als dann am 29. Juni 2015 der gemeinnützige Verein offiziell gegründet wurde, wurde als Zweck die Hilfe von bedürftigen Mitbürgern in Mehlingen sowie die Hilfe und Unterstützung von Flüchtlingen fest in der Satzung verankert.
Für mehr Mobilität
Seitdem haben die rund 50 Vereinsmitglieder und etliche Mitstreiter vieles auf den Weg gebracht. Zum Beispiel 2018 die ersten Mitnahmebänke im Ort, für die das Land dank Fördermitteln eine Anschubfinanzierung ermöglichte. Das Konzept ist einfach: Wer sich auf eine der Bänke setzt, kann mittels Schild Vorbeifahrenden mitteilen, wohin er möchte oder ob er eine Pause macht. Die Idee weitete sich aus, sodass sich mittlerweile 20 dieser Bänke über die ganze Verbandsgemeinde verteilen.

- Eine der Mitnahmebänke: Wer darauf sitzt, macht entweder eine Pause oder benötigt eine Mitfahrgelegenheit
- Foto: Kai Ellenberger/gratis
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Darüber hinaus stehen die Mitglieder von "Mehlingen Hilft" mit Rat und Tat zur Seite, um Menschen in Not- und Krisensituationen beizustehen, etwa durch Beratungsangebote und Spendenaktionen. Zudem werden Gemeinschaftsgefühl und Zusammenhalt durch Aktivitäten gestärkt. Das können Feste und diverse Aktionen sein oder auch das Einführen eines Lebendigen Adventskalenders, wie es 2019 erstmals der Fall war. Die Hilfe beschränkt sich nicht nur auf den Ort, der Verein hat auch Hilfsconvois ins Ahrtal und in die Ukraine entsandt.
Es ist ein Netzwerk mit anderen Vereinen, Organisationen, den Kirchengemeinden und Privatpersonen im Ort gewachsen, das aufgrund seiner Vielfalt umso mehr ermöglichen kann. Zu diesem Netzwerk gehört auch Regina Lippke, Inhaberin der Paracelsus-Apotheke in der Hauptstraße 20. Sie hatte angeregt einen "Nachhaltigkeitskühlschrank" im Hof aufzustellen. Er kann mit überschüssigen, haltbaren Lebensmitteln – etwa nach einer reichen Ernte – gefüllt werden, um bei Bedürftigen gratis den Tisch zu decken.

- Kostenlos zum Mitnehmen: So sieht der gut gefüllte Nachhaltigkeitskühlschrank im Hof der Apotheke aus
- Foto: Kai Ellenberger/gratis
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"Wir sind für alle da", unterstreichen Ellenberger und Denowell-Brentzel. Sie schließen niemanden aus, der Hilfe benötigt, und können bei ihren Vorhaben auf viele Mitstreiter bauen, die bei Bedarf die Ärmel hochkrempeln. "Wir haben einen E-Mail-Verteiler. Wenn ich eine Anfrage stelle, ist das eine reine Formsache", weiß der Vorsitzende um die Bereitschaft der Männer und Frauen anzupacken. "Die Leute, die sich bei uns engagieren, wollen keine Vereinsmeierei, sie wollen helfen", macht er deutlich. Gerne will er noch mehr bewegen, um den Ort voranzubringen und engagiert sich in der Bürgerstiftung Mehlingen-Baalborn, für die gerade das erforderliche Grundkapital gesammelt wird.
"Die zehn Jahre sind so schnell vergangen", sagen die Vorsitzenden mit Überzeugung, "wir hatten tolle Erlebnisse." Daraus ist für das Jubiläum, das Mitte Mai gefeiert wurde, eine Chronik mit rund 80 Seiten entstanden. Sie ist im Café Grinnerhof, in der Kleiderkammer und im Mehlinger Schwimmbad erhältlich.
Autor:Monika Klein aus Kaiserslautern |
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