Immer mehr Schwarzwild
Wildschweine im Naturschutzgebiet

Naturschutzgebieten und Streuobstbeständen – wie hier im Untergrombacher Weiertal – nehmen die Schäden durch Wildschweine in den letzten Jahren erheblich zu | Foto: vun
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Untergrombach. Milde Winter und ein reichhaltiges Nahrungsangebot: Wildschweine vermehren sich in den vergangenen Jahren wie selten zuvor, der Zuwachs ist rasant. Schäden auf Ackerflächen, Wiesen, siedlungsnahen Gärten und sogar Sportplätzen, in früheren Jahrzehnten ein eher seltener Anblick, sind mittlerweile fast alltäglich geworden. Zwar bemühen sich die Jäger erfolgreich um stärkeren Abschuss, doch erhöht sich gleichzeitig die Wachsamkeit der vorsichtigen Tiere: Einerseits durch den vermehrten Jagddruck selbst, andererseits durch immer stärkeren Zustrom von Forstnutzern und Erholungssuchenden in die Wälder – oft bis in die Nacht hinein.
Von den Rotten zerwühlt wird nicht nur eingebautes Ackerfeld, sondern ebenso waldnahes Grünland in Naturschutzgebieten. Eine Erfahrung, die auch die Landschaftspfleger vom Untergrombacher Verein für Umwelt- und Naturschutz beinahe wöchentlich machen. Der Verein besitzt rund sechs Hektar Wiesen in den artenreichen Schutzgebieten am Michaelsberg und im Weiertal – und findet bei seinen Pflegeeinsätzen immer wieder Teile der Flächen zerwühlt vor. Zwar bedeutet dies, anders als bei betroffenen Landwirten, keinen direkten finanziellen Schaden, verursacht jedoch einen massiv erhöhten Pflegeaufwand. „Die Löcher und Gräben, die das Schwarzwild hinterlässt, machen eine Pflege mit den vorhandenen Mähgeräten immer schwieriger“, sagt Thomas Adam, Vorsitzender des Untergrombacher Vereins. Ein enger Austausch besteht mit den Jagdpächtern des betroffenen Reviers, die sich bereit erklärt haben, Schäden auf besonders stark verwüsteten Wiesenflächen durch persönlichen und maschinellen Einsatz zu beseitigen.
Adam versucht, die „ökologische Logik“ hinter den Schäden zu begreifen. Denn echte Magerwiesen sind eigentlich keine Lebensräume für Wildschweine, die nährstoffarmen Böden der Trockenrasen bieten den Tieren kaum Nahrung. Und so sind es denn auch in den Naturschutzgebieten gerade die eingestreuten nährstoffreicheren Flächen, die besonders stark betroffen sind. Wo Obstbäume regelmäßig gedüngt wurden und der Grasaufwuchs nach dem Mulchen über viele Jahre zum Verrotten liegen blieb, reichert sich Bodennahrung in den oberen Erdschichten an. Dadurch wird die Vegetation deutlich wuchskräftiger – und bietet insbesondere den Engerlingen der Maikäfer eine ideale Lebensgrundlage. Deren tierisches Eiweiß aber wiederum ist es, nach dem die Wildschweine mit Vorliebe suchen, wenn sie mit dem Rüssel den Oberboden umbrechen. Nährstoffreichtum auf Wiesenflächen erhöht also die Wahrscheinlichkeit von Wühlschäden erheblich. Und dieser Zusammenhang zeigt sich deutlich auch auf den Grundstücken in Naturschutzgebieten. „Manchmal ist eine einzelne Fläche, oft nur wenige Ar groß, praktisch genau bis zur Grenze des Nachbarstücks völlig zerwühlt – und nebenan ist fast gar nichts passiert“, sagt Adam. „Das betroffene Stück wurde früher gedüngt und gemulcht, die anderen daneben sind mager und nährstoffärmer und bleiben weitgehend verschont.“
Wichtig sei es den Vereinsmitgliedern bei ihren Beobachtungen vor allem gewesen, die Wechselbeziehungen zu verstehen. „Im Naturschutz gibt es immer auch ‚Zielkonflikte‘, das ist normal“, so Adam. Deshalb könne es beispielsweise auch nicht darum gehen, den Engerlingen des Maikäfers in Naturschutzgebieten durch Ausmagerung sämtlicher Böden jegliche Lebensgrundlage zu entziehen, damit um jeden Preis Wildschweinschäden vermieden bleiben. „Auf den vielen kleinteiligen Parzellen soll und muss es Vielfalt geben, das macht den Charakter unserer Landschaft aus.“
Nur einen Ratschlag verbinden die Untergrombacher Naturschützer ausdrücklich mit ihren Erkenntnissen: Wer in herbstlichen Streuobstbeständen das herabfallende Obst aufsammelt und etwa zu Saft oder Marmelade verarbeitet, anstatt es ungenutzt liegenzulassen, vermindert die Wahrscheinlichkeit von Wildschweinschäden. Denn auch die süßen Früchte sind es, die das Schwarzwild anlocken. rk/ps

Autor:

Roland Kohls aus Ludwigshafen

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