Stunde der Gartenvögel - Nabu ruft Vogelfreunde auf zur Zählung
40 Prozent weniger Vögel

Kohlmeise in einem Otterberger Garten  | Foto: Claudia Horn
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Naturschutz. Mit einer Gesamtfläche von über 10.000 Quadratkilometern, das entspricht immerhin drei Prozent der Fläche Deutschlands, kommt Gärten als Lebensraum für Tiere eine hohe Bedeutung zu. Amsel, Blau- und Kohlmeise und Haussperling sind bekannt und kommen in nahezu jedem Garten vor, doch es  gibt es weitaus mehr Arten. In der Zusammensetzung der heimischen Vogelwelt sind immer wieder Veränderungen zu verzeichnen. Zum vierzehnten Mal ruft der Nabu deutschlandweit auf, am zweiten Wochenende im Mai – dieses Jahr am 10. bis 13. Mai - die Vögel im Garten zu zählen. Über Zweck und Ergebnisse der Aktion unterhielt sich das Wochenblatt mit Jürgen Reincke, dem
Vorsitzenden des Kaiserslauterer Nabu.

von Jens Vollmer

???: 60.911 Vogelfreunde haben im letzten Jahr in 40.002 Gärten 1.407.976 Vögel gezählt. Insgesamt führt der Nabu 209 gezählte Vogelarten in seiner veröffentlichten Liste auf. Aus welchem Grund wird jedes Jahr diese Zählung durchgeführt?

Reincke: „Anhand solcher seit vielen Jahren immer wieder durchgeführter Zählungen können wir sagen, dass in den letzten zwölf Jahren bei den Vögeln ein Rückgang von 40 Prozent zu verzeichnen ist. „Citizen Science“ hilft den Wissenschaftlern, wichtige Erkenntnisse zu gewinnen. Die Bevölkerung ermittelt Zahlen, die für die Wissenschaftler alleine nicht erfassbar wären. Ebenfalls aufschlussreich ist „Die Stunde der Wintervögel“ - ein Ableger der ursprünglichen Aktion.

???: Wie werden die Ergebnisse genutzt?

Reincke: „Es werden Statistiken erstellt, aus denen man ableiten kann, welche Vogelsorten sich vermehrt haben und welche rückläufig sind. Dann geht es an die Ursachenforschung, aus welchen Gründen diese Veränderungen zu verzeichnen sind. Allerdings kann es sich dabei auch erst einmal um eine einmalige Verlagerung durch einen besonderen Grund in einem Jahr handeln und die Art sich wieder erholen. Veränderungen müssen deshalb über mehrere Jahre beobachtet werden.

???: Welche Vogelarten werden weniger?

Reincke: „Der Star wurde nicht ohne Grund zum „Vogel des Jahres 2018“ gewählt. Der Bestand hat in den letzten Jahrzehnten stark abgenommen, so dass er inzwischen auf der Roten Liste steht. Die kontinuierlichen Abnahmen bei Amsel, Grünfink und Hausrotschwanz setzen sich auch in diesem Jahr fort. Bei den ursprünglichen Waldvogelarten Ringeltaube und Buntspecht bleibt es bei weiteren Zunahmen, während die bisher beobachtete starke Bevölkerungszunahme beim Feldsperling zum Stillstand gekommen ist. Während sich bei den Vögeln unserer Dörfer und Städte über die Jahre Zu- und Abnahmen unter den Vögeln die Waage halten, gibt es auf den Wiesen und Feldern fast nur Verlierer. In den vergangenen 25 Jahren brechen dort die Bestände typischer Vogelarten der Agrarlandschaft, wie Rebhuhn (minus 84 Prozent seit 1990), Fasan, Kiebitz oder Feldlerche regelrecht zusammen. Der Feldsperling ist eine der wenigen Arten, der mit „Landflucht“ auf die Misere reagieren kann. Rebhuhn oder Kiebitz haben diese Möglichkeit nicht, sie sind zu sehr auf Agrarlebensräume spezialisiert.“

???: Welche Ursachen gibt es hierfür?

Reincke: „Die Diskussion um Glyphosphat ist ja hinlänglich bekannt. Generell geht es zum einen darum, dass durch den Einsatz von Spritzmitteln die Insekten bis zu 85 Prozent zurückgegangen sind. Selbst Autofahrer bemerken diesen Rückgang auf ihrer Windschutzscheibe. Insekten und Wirbellose sind wichtig zur Aufzucht des Nachwuchses oder generell Ernährungsgrundlage mancher Vogelarten. Zum anderen ist aber auch die Strukturveränderung in der Landwirtschaft schuld. Ackerrandstreifen mit Hecken werden für eine bessere Effizienz entfernt, Brachstreifen fallen weg. Eine konsequente Monokultur verhindert andere Pflanzen, so sind die Kornblume oder der Mohn nur noch selten zu sehen. Wird mit Gülle gedüngt, fördert das die Artenarmut, da dadurch einige wenige Gräser die Überhand gewinnen und den Boden schnell bedecken. Die Aussaat vieler Pflanzen erreicht den Boden nicht mehr und sie bleiben auf der Strecke. Für eine Artenvielfalt sind nährstoffarme Böden wichtig. Ein dritter Grund ist die Renovierung von Häusern. Nischen werden verschlossen, so dass Mauersegler, Schwalben oder auch Stare auf der Strecke bleiben und keine Nistplätze mehr finden.“

???: In Städten beobachtet man auch neue Vogelarten wie Papageie und Wellensittiche.

Reincke: „Es fällt natürlich gerade in Parks von Städten auf, wenn ausgesetzte oder entflogene exotische Arten sich vermehren, doch für die absolute Zahl aller Gartenvögel sind diese Ausnahmen wenig relevant.“

???: Was kann jeder selbst für Gartenvögel tun?

Reincke: „Beerentragende Hecken und alte Baumbestände sind Vögeln willkommen, wilde Ecken im Garten sind nützlich, in denen sich auch mehr Insekten und Raupen tummeln, Sperlinge freuen sich zudem über kleine Sandgruben – sie baden darin, um Parasiten loszuwerden, regelmäßig gereinigte flache Wasserschalen sind hilfreich, weil immer mehr natürliche Pfützen fehlen und Nistkästen sind natürlich wichtig. Den Bau von Nistkästen lernen Kinder alljährlich von unseren Nabu-Mitgliedern in der Volkshochschule. Im RuheForst reinigen wir regelmäßig Nistkästen und regen dazu an, weitere zu installieren.“

Informationen:
www.stundedergartenvoegel.de

Termine:
Informationsstand bei Dehner am 27. April zur Stunde der Gartenvögelund Nisthilfen

Vogelexkursion bei Erzhütten am 5. Mai ab 6.30 Uhr,Anmeldung info@nabu-KL.de

Kohlmeise in einem Otterberger Garten  | Foto: Claudia Horn
Foto: Claudia Horn
Autor:

Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern

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