Iggy Pop begeistert mit unnachahmlicher Rockshow
Zahnlos aber bissig

Iggy Pop taucht in die Menge ab - Montreux Jazzfestival 2018
 | Foto: Montreux Jazzfestival, Marc Ducrest
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Wochenblattredaktion on Tour

von Jens Vollmer

Montreux rockt dieser Tage. Das diesjährige Programm des Montreux Jazzfestivals ist vollgepackt mit Legenden verschiedener Rockstile. Den Anfang einer ganzen Reihe machte gestern die Punkrocklegende Iggy Pop. Dass er nicht nur Federn lassen musste bei diesem Auftritt war seiner unnachahmlichen Bühnenshow in fortgeschrittenem Alter geschuldet. Am Ende des Abends stand ein glückseliges Publikum und ein Punkrocker mit unübersehbarer Zahnlücke.

Montreux. Es ist immer undankbar als Support eines großen Topacts auf die Bühne zu gehen, doch für „The Vaccines“ aus London war dies gleich mehrfach ungünstig. Schlecht abgemischt starteten die Londoner in ihr Konzert, zeitgleich mit dem WM-Spiels ihres Nationalteams. Sänger Justin Young klang unangenehm schrill und übertönte seine Band in extremen Maße. Es sollte bis zum Song „Dream Lovers“ - deren Singleauskopplung aus dem Jahre 2015 - andauern, bis die Band ausgewogener klang. Hier konnte Young zeigen, dass er doch auch gesangliche Fähigkeiten besitzt, während die zuvor in das Stravinski Auditorium geschrienen Titel nicht besonders viel Publikum in die erst zu einem Viertel gefüllte Konzerthalle lockten.
Nach eigenen Angaben besteht der Bandsound aus „50er Rock'n'Roll, 60er Garage & Girl Groups, 70er Punkrock, 80er American Hardcore, C86 und guter Popmusik“. Doch die eher dem Punkrock zugeneigten Titel überforderten Justin Young. Intonation und Sangeskraft ließen zu wünschen übrig. Besser klang die Band bei Titeln wie „Melody Calling“. Highschoolrock liegt der Band eindeutig besser, die Frage ist nur, welche Anhänger diesem Genre heutzutage noch huldigen. The Vaccines wirkten fehl am Platze, hätten wohl eher in einem engen Musikclub, in dem es nach Schweiß und Rock'n'Roll riecht, gewirkt. Die Bühne des großen Konzertsaales war offensichtlich zu groß. Schon nach einer Stunde – zufälliger Weise rechtzeitig zur zweiten Halbzeit ihrer Fußballmannschaft - beendeten „The Vaccines“ ihr Konzert.
So verlängerte sich die Umbaupause von einer geplanten halben zu einer ganzen Stunde, bis die Legende Iggy Pop endlich auf die Bühne stürmte. Dass dieser an diesem Abend wirklich alles geben würde, machte er schon im ersten Song deutlich. Mit „I wanna be your dog“ seiner früheren Band „The Stooges“ heizte Pop dem nun bis auf den letzten Platz gefüllten Stravinski Auditorium gehörig ein. Es dauerte nur einen halben Song, bis er sich seiner Jacke entledigte und in gewohnter Manier das Konzert bis zum Ende oberkörperfrei absolvierte. Nach zehn Minuten hatte der „Godfather of Punk“ die Konzerthalle in einen brodelnden Hexenkessel verwandelt. Schon als dritter Titel zelebrierte er seinen größten Hit „Passenger“ und der 71-jährige legte wahrlich los, als gäbe es kein Morgen mehr. Mit ekstatischen Bewegungen, Sprüngen und Gesten füllte Iggy Pop die Bühne aus – ein Frontman alter Schule. Immer wieder tauchte er in die Menschenmassen, sein Bühnensteg ins Publikum als wichtiges Instrument der Bühnenshow nutzend. Iggy Pop ließ sich zu Stagediving hinreißen und besuchte weitersingend den Fotograben, um zahlreiche Konzertbesucher um eine Berührung der Punkikone reicher zu machen.
Kevin Armstrong (Gitarre), Ben Ellis (Bass), Seamus Beaghen (Keboards und Gitarre) und Mat Hector (Drums) legten unterdessen dem Meister eine zuverlässige und brettharte Basis für seine Rockshow. Dass das alles dann doch nicht mehr so einfach für den Punkrocker war, wurde spätestens dann deutlich, als Pop erneut von der Bühne in das Publikum verschwand, dieses Mal jedoch alles andere als freiwillig. Pop stürzte in den Fotograben und erschien erst Minuten später wieder, gestützt von Helfern und mit sichtlich benommenem Gesicht. Nur die Zuschauer im näheren Umkreis registrierten, was gerade passiert war. Der Rest nahm an, es sei das Ende des Konzertes und forderte Zugaben. Doch der Vorfall konnte den Punkrocker nicht erschüttern. Nach kurzer Pause stürmte Iggy Pop ans Mikro, spuckte Blut ins Publikum, bestellte sich ein Bier zum Nachspülen und zelebrierte drei weitere Songs. Das Konzert beschloss er mit den Worten „Ich habe einen Zahn verloren“, zuckte die Schultern und verließ mit großer Lücke in den Frontzähnen die Bühne. „Rock'n'Roll willl never die“ - Iggy Pop wohl auch nicht.

Autor:

Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern

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