Streit um Kohl-Allee: Wie gelingt Mobilität der Zukunft in Ludwigshafen?

So stellen sich Verkehrsplaner die Straßenräume der Zukunft vor: Schattenspendende Bäume verhindern das Aufheizen. Es gibt breite Fuß- und Radwege. Die Straßen sind keine funktionalen Verkehrsräume mehr, sondern Stadträume, wo sich das alltägliche Leben abspielen kann, Nachbarn treffen sich. Die Kohl-Allee ist achtspurig und hat nur 4 Baumreihen, in den EGs gibt es belebte Gastronomie.  | Foto: KI-generiert
  • So stellen sich Verkehrsplaner die Straßenräume der Zukunft vor: Schattenspendende Bäume verhindern das Aufheizen. Es gibt breite Fuß- und Radwege. Die Straßen sind keine funktionalen Verkehrsräume mehr, sondern Stadträume, wo sich das alltägliche Leben abspielen kann, Nachbarn treffen sich. Die Kohl-Allee ist achtspurig und hat nur 4 Baumreihen, in den EGs gibt es belebte Gastronomie.
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Ludwigshafen. Wie die Mobilität der Zukunft aussehen soll, war Thema einer Podiumsdiskussion mit Aktiven aus Vereinen, der Bürgerinitiative Lebenswertes Ludwigshafen (BIL) und dem Verkehrsdezernten Thewalt im Verdihaus.

Von Julia Glöckner

Städte sollen bis 2045 den bedeutenden Wandel vollziehen, von der autogerechten Stadt hin zum Umweltverbund, also einer Mischung aus Gehen, Radeln und Öffis. Autos soll es bis dahin geben, aber deutlich weniger. Klar ist: In Städten mit breiten Straßen und Parkplätzen, die das Autofahren angenehm machen, steigen mehr Menschen ins Auto. LU ist Trabantenstadt, mit 40.000 Einpendlern am Tag, anderseits müssen Rad- und Fußwege attraktiv sein, damit Menschen umsteigen. Die BIL überreichte Thewalt vor der Eröffnung der Podiums die Petition gegen die Kohl-Allee mit 3000 Unterschriften.

Die Teilnehmer gaben ihr visionäres Statement ab, wie die Verkehrsstruktur der Zukunft in Ludwigshafen aussehen soll. Thewalt erklärte: „Nach 10-jähriger Planfeststellung und dem Ratsbeschluss vor Jahren sind Bauaufträge bereits erteilt. Das Bauvorhaben zu stoppen ist falsch.“ Jeder befürworte die Klimaziele, sobald es aber konkret wird und weh tue, etwa beim Parken vor der eigenen Haustür auf dem Gehweg, blendet man sie aus. „Dann wird Parken zur Königsdisziplin und die Verwaltung allein gelassen. Wir brauchen also starke Beschlüsse aus Stadtrat und Ortsbeiräten, um etwas umsetzen können wie in Grünstadt zuletzt mit der neuen Radstraße. Der Weg dorthin war steinig“, so Thewalt. Er betonte, dass bereits viel getan würde: Derzeit wird ein Sutstainability Urban Mobility Plan (SUMP) erstellt, das Menschen zum Umstieg auf ÖPNV und Rad bringen will, sowie ein Fuß- und Radverkehrskonzept. Die Stadtstruktur wird sich auch mit ISEK stark verändern. Außerdem erarbeite die Verwaltung mehrere Konzepte, um die Stadt klimaresilient zu machen. „Bringen Sie sich dort bei der Bürgerbeteiligung ein, damit man in Rat gute Beschlüsse aushandeln kann“, sagte Thewalt.

Fontagnier von Fuß ev. betonte, man müsse mit Weitsicht weit über Legislatur hinaus konsequent am Thema Verkehrswende arbeiten. „Das wurde in den vergangen 30 Jahren nicht gemacht. Der Wandel ist nicht absehbar. Man hat Lärm, Luftverschmutzung und einen OB-Kandidaten, der autozentrierte Verkehrspolitik machen will“, so Fontagnier.

Boris von Krueger, RNV-Angebotsplaner, erklärte, das Haupthindernis beim Ausbau seien fehlende Fördermittel. Selbst das Bahnangebot heute sei nicht gedeckt. „Für mehr Angebot braucht es also noch mehr Geld. Auch Personalmangel ist ein Grund. Den haben wir aber immer besser im Griff“, sagte von Krueger. Das Förderpaket vom Land für die Kohl-Allee enthält den Posten ÖPNV-Ausbau: Finanziert wird die neue Linie 12 über Friesenheim nach Rheingönheim sowie die Gleisverlegung über die neue Brücke der Hochstraße Süd nach Süden, die die Linien 9 und 15 führt. Auf den Linien 80 und 89 gibt es eine Taktverdichtung.

Til Gerlach sieht nach wie vor nur Nachteile im Bau der Kohl-Allee: „Die Straße ist zu teuer, was künftig die hochverschuldete Stadt in weitere Sparzwänge treibt, zulasten freiwilliger Leistungen wie Sozialangebote und Sportplätze.“ Mit der Kohl-Allee entstehe ein reiner Verkehrsraum, der Lärm, Schmutz und Hitze in die Stadt bringt – stark versiegelt, 80 Meter breit, vor allem aufs Auto ausgerichtet. Es ginge aber darum, Städte so zu konzipieren, dass der Autoverkehr abnimmt und Rad-, Fußverkehr und ÖPNV zunehmen. Es brauche also ein nachhaltigeres und günstigeres Konzept, mit attraktivem Fuß- und Radnetz. Waldbrände, Hitze, Niedrigwasser im Rhein seien erst der Anfang des Klimawandels.

Thewalt verteidigt Kohl-Allee

„Die Finanzierung ist bereits abgestimmt mit ADD. Bei der Stadt bleibt nur ein Eigenanteil von 200 Millionen“, sagte Thewalt. „Viele Parkplätze entfallen für die künftige Bebauung. Es entstehen locker bebaute Barcelonablöcke mit Wohn- und Büronutzung und grünen Innenhöfen. Das Stadtbild profitiert stark durch Aufwertung. Beiderseits wird es 2,50 Meter breite Radwege geben.“ 

Insgesamt sind 4 Baumreihen geplant. Das sei ein Fortschritt gegenüber der alten Bebauung, die Radwege unter den Hochstraßen durch viele Unterführungen führte – mit Angsträumen. Unter der Hochstraße Süd würde ein attraktiver Radweg vom Hauptbahnhof über Berliner Platz bis nach Mannheim führen. Zudem sei nur Tempo 50 erlaubt.

„Studien zeigen, dass vor allem die Angst vor Unfällen bei Radlern und Fußgängern Stress auslöst“, sagte Fotagnier. „40.000 Autos in der Stadt sind zu viel und schaden langfristig Mikroklima und Gesundheit.“

Gerlach sprach sich für die Pflanzung anderer Baumarten aus, wie die Planung es vorsieht: „Die vorgesehenen Bäume auf der Kohl-Allee durch wenig Blattmasse und Niedrigwuchs sind nicht geeignet, kühlende Wirkung zu entfalten. Die Hitzeproblematik in City und Hemshof wird sich durch die aufgeheizten Flächen weiter verschärfen.“

„Die B44 ist Bundestraße, bei der andere mitsprechen“, so Thewalt. „Der Fördermittelgeber stellt Bedingungen etwa an die Breite, die den Verkehrsfluss fördert. Für die Aufnahme von hohem Güter- und Pkw-Verkehr in der Stadt braucht es eine leistungsfähige Straße. So vermeidet man Staus und Luftverschmutzung. Die Verwaltung wird prüfen lassen, ob sich die Bäume zum Verschatten eignen.“ Aktuell seien 60 Prozent aller Menschen mit dem Auto unterwegs, egal, wie gut das S-Bahn-Netz sei. Man arbeite am Ausbau. Auch die Pendlerradroute nach Süden, Richtung Speyer, Schifferstadt sowie nach Norden Richtung Worms, mit Anbindung nach Mannheim seien wichtige Projekte – genauso wie die Umweltverbundbrücke Richtung Hochschule und Gartenstadt.

Die Projekte sieht man allerdings bei der BIL seit Jahren nicht realisiert, weil rund 30 Millionen Euro dafür fehlen. „Das ist nicht ganz richtig, das Geld dürfen wir ausgeben, weil die Vereinbarungen mit dem Land viel älter sind als Haushaltsaulagen. Für die Pendlerradrouten laufen die Planungen“, betonte Thewalt. Zudem suche man nach guten Förderprogrammen, mit denen allein Kosten für Radwege nicht zu decken sind.

Von Krueger stellt Zukunftspläne vor

„Derzeit laufen Untersuchungen zum Ausbau von Strecken zwischen Oppau und Pfingstweide bis Frankenthal sowie zwischen Rheingönheim, Waldsee und Neuhofen. Zudem könnte es eine Neubaustrecke mit Anbindung an eine bisherige Strecke zur Hochschule, nach Gartenstadt und Dannstadt geben“, sagte von Krueger. Die Strecken gelten als förderfähig von Bund und Land, so dass der ADD dagegen nichts einwenden kann.

Krueger hofft, dass die Verkehrswende in der Öffentlichkeit wieder mehr thematisiert wird und damit auch wieder im Bewusstsein der Bevölkerung ankommt sowie auf der politischen Agenda. Das könnte das weitere Planungsverfahren beschleunigen.

Das sei eine drängende Frage, so Gerlach: „2100 könnten laut Worst-Case-Prognosen die letzten Gletscher geschmolzen sein. Bis vor zwei Wochen hatten wir Rekord-Niedrigwasser, unsere Flüsse könnten wie in Barcelona austrocken, wenn wir nichts tun.“

„Stellt sich in ferner Zukunft heraus, dass die Kohl-Allee überdimensioniert ist, sei es durch Planung oder eintretende Verkehrswende, könnte man zwei Spuren wegnehmen, um Trassen zu bauen“, sagte von Krueger. So könnte man die Planung überdenken, wenn sich politische Lage und Klimabewusstsein ändern.

Leider gibt es derzeit in Ludwigshafen eine wachsende Autozahl, die sich auf den gemachten Wegen allerdings nicht abbildet: Laut Statistik gibt es eine leichte Steigerung bei Zu-Fuß-Gehen und der Radnutzung um 7 Prozent seit Corona. Für die große Wende wird das lange nicht reichen.jg

Autor:

Julia Glöckner aus Ludwigshafen

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