Lässt sich die Pandemieentwicklung vorhersagen?
Stadt, DFKI und Fraunhofer ITWM stellen Kooperationsprojekt vor

Foto: Stadt Kaiserslautern
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Kaiserslautern. Es ist derzeit die Frage aller Fragen: Wie werden sich die Corona-Zahlen in den kommenden Monaten entwickeln und wie wirken sich Lockerungen oder Ausweitungen der Kontaktbeschränkungen darauf aus? Um diese Frage auf eine solide wissenschaftliche Basis zu stellen, arbeiten die Außenstelle des DFKI Kaiserslautern an der Universität Trier und das Fraunhofer ITWM auf Initiative der Stadt Kaiserslautern gemeinsam an einem Analyse- und Prognosemodell, das nun in Kaiserslautern zum Einsatz kommen soll.

„Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass viele Entscheidungen im Umgang mit der SARS-CoV-2-Pandemie allein von den Kommunen zu treffen sind“, erläutert Oberbürgermeister Klaus Weichel den Hintergrund der Kooperation. „Bislang waren wir dabei ein Stück weit Spielball einer kaum zu prognostizierenden Entwicklung. Dass die Zahlen nach den eng getakteten Lockerungen im Mai so stabil niedrig blieben kam ebenso unerwartet wie der rasche Wiederanstieg mitten im Hochsommer. In einem solchen Szenario Entscheidungen zu treffen, kommt einem Glücksspiel gleich. Und genau das wollen wir nun ändern und werden versuchen, dem Virus ab sofort in die Karten zu schauen.“

Bereits im Frühjahr sei der Wunsch entstanden, mit einem Prognosemodell speziell für Kaiserslautern eine belastbare Zahlenbasis zu schaffen. Ein von Prof. Dieter Rombach, Chief Digital Officer der Stadt, geleiteter Expertenrat wurde gebildet, der den Wunsch in die Lautrer Wissenschaftslandschaft trug und dort auf breite Resonanz stieß. „Zu unserer großen Freude haben es viele Wissenschaftler sofort als ihre gesellschaftliche Verantwortung gesehen, hier mitzuwirken, so dass es eine Vielzahl von Angeboten gab“, berichtet Rombach. Nach sorgfältiger Evaluation habe man sich dann für das Angebot des Fraunhofer ITWM – konkret das Tool EpiDeMSE – und das Angebot des DFKI – konkret das Tool SoSAD – entschieden. Beide Institute hatten bereits Erfahrungen in früheren Infektionsszenarien.

SoSAD berechnet, wie Menschen bei der Arbeit, in Schulen oder in der Freizeit zusammentreffen und sich anstecken. Es wird dazu mit verschiedenen Parametern wie Krankheitsverläufen und Verhaltensmustern tatsächlicher Fälle gefüttert, wobei nicht nur das allgemeine Sozialverhalten sondern auch individuelle Präferenzen in der Berufs- und Freizeitgestaltung eine Rolle spielen. Für die Region Kaiserslautern wurde das Modell mit Hilfe vielfältiger Realdaten, u.a. im Rahmen der bestehenden Kooperation des DFKI Smart City Living Lab mit der Stadt Kaiserslautern, angepasst. Die so berechneten Ergebnisse können dann bei der regionalen Einschätzung helfen, welche Maßnahmen sinnvoll und angemessen sind und welche eher nicht.

„Zu Beginn einer Pandemie liegen wesentliche Daten und Informationen, die zur Simulation der Ausbreitung relevant sind, oft nicht vor. Mit unseren KI-Methoden können wir die Lücken in den Daten modellieren, um trotzdem plausible Verläufe darzustellen“, so Ingo Timm von der Außenstelle des DFKI Kaiserslautern an der Universität Trier und dort Professor für Wirtschaftsinformatik. „Im Falle von Kaiserslautern wurde ein solches Modell erstmals konkret an eine Kommune angepasst, so dass wir der Stadt die Grundlage für die bestmöglichen Entscheidungen liefern können. Im nächsten Schritt ist eine Anpassung auch an andere Kommunen in Rheinland-Pfalz denkbar“.

EpiDeMSE wiederum simuliert die Ausbreitung der Covid-19-Infektionen auf Basis eines mathematischen Modells. Dazu werden Analysen zeitlich und vor allem regional aufgelöst – von Gesamtdeutschland über die Bundesländer bis hin zu den einzelnen Landkreisen und Städten. Das Infektionsgeschehen wird dabei für verschiedene Altersgruppen abgebildet, was von den klassischen globalen Epidemiemodellen zumeist nicht berücksichtigt wird. Das Tool kann die mittelfristige Entwicklung der Infektionen, die Dunkelziffer, die Zahl der schweren Verläufe und der notwendigen Klinikbetten und der Sterbefälle prognostizieren. Entscheidungsträger erhalten somit eine datenbasierte Einschätzung, mit welchen minimalen und maximalen Fallzahlen bei welchen lokalen Einschränkungsmaßnahmen zu rechnen ist.

Rombach: „Beide Systeme in Kombination erlauben eine übersichtliche und gut verständliche Visualisierung der Infektionslage sowie eine auf regionalen Gegebenheiten beruhende Prognose der zukünftigen Entwicklung.“ Durch die Kooperation des eher KI-basierten Ansatzes von SoSAD und des eher mathematischen Ansatzes von EpiDeMSE werde die Einschätzung des Ansteckungsgeschehens nochmals verbessert. „Mit unseren Systemen können wir zukünftige Infektionsgeschehen sowie in Betracht kommende Schließungs- bzw. Öffnungsmaßnahmen in ihrer Wirkung abschätzen“, so der CDO.

„Dieses präzise Vorhersagemodell wird uns künftig eine große Entscheidungshilfe sein“, ist auch Oberbürgermeister Weichel überzeugt. „Was hier in der Kürze der Zeit entstanden und zusammengewachsen ist, ist einfach klasse. Ich freue mich sehr, dass Kaiserslautern als Smart City damit einen Beitrag zum Kampf gegen das Virus leisten kann. Ein großes Dankeschön an alle, die spontan ihre Hilfe angeboten haben!“

Das Modell wurde vor wenigen Tagen bereits im Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie des Landes Rheinland-Pfalz vorgestellt und stieß auch dort auf großes Interesse. ps

Ansprechpartner und Beteiligte:

Prof. Dieter Rombach
Chief Digital Officer der Stadt Kaiserslautern
cdo@kaiserslautern.de

Prof. Karl-Heinz Küfer
Division Director „Optimization“, Fraunhofer ITWM Kaiserslautern
karl-heinz.kuefer@itwm.fraunhofer.de

Prof. Ingo J. Timm
Leiter des Themenfelds Kognitive Sozialsimulation
Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI), Außenstelle an der Universität Trier
ingo.timm@dfki.de

Autor:

Ralf Vester aus Kaiserslautern

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