Große Kunst vor kleiner Kirche
Kunstgottesdienst begrüßt Bernhard-Schenkung

„Großer Mann, sitzend“ von Franz Bernhard - am Sonntag, 25. September, um 14 Uhr wird die Skulptur feierlich begrüßt. Der Kunstgottesdienst findet im Park vor der protestantischen Ludowici-Kapelle rund um die Skulptur statt | Foto: Heike Schwitalla
  • „Großer Mann, sitzend“ von Franz Bernhard - am Sonntag, 25. September, um 14 Uhr wird die Skulptur feierlich begrüßt. Der Kunstgottesdienst findet im Park vor der protestantischen Ludowici-Kapelle rund um die Skulptur statt
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Jockgrim. In Jockgrim steht eine Kirche im nordischen Stil. Davor sitzt eine Figur aus rostigem Stahl. Geschaffen von einem weltbekannten Künstler, der in dem Dorf zu Hause war: Franz Bernhard. Sein sitzender Mann wird am Sonntag in einem Gottesdienst begrüßt.
Die Protestantische Kirchengemeinde hat mit der Figur „Großer Mann, sitzend“ ein weiteres Objekt des international bekannten Bildhauers und Wahl-Jockgrimers Franz Bernhard erhalten. Am Sonntag, 25. September, um 14 Uhr wird die Skulptur feierlich begrüßt. Der Kunstgottesdienst unter dem Titel "Und er setzte ihn in den Garten" findet im Park vor der protestantischen Ludowici-Kapelle rund um die Skulptur statt.

Drei Kunstwerke von Bernhard

Auch wenn sein Name vielen nicht geläufig ist: Der inzwischen verstorbene Franz Bernhard zählt zu den bedeutendsten deutschen Bildhauern der Gegenwart. Er ist in mehr als 50 Museen vertreten, 49 große Plastiken finden sich im öffentlichen Raum. Sein Thema war der Mensch. Seine Formensprache abstrakt, die Materialien Holz und Corten-Stahl, der rostet und zeigt: Natur und Kultur, Vergänglichkeit und Verletzlichkeit des Menschen. Bernhard gestaltete neben Kleinplastiken und Zeichnungen zahlreiche Großplastiken. Wie die „Große Mannheimerin“ vor dem dortigen Planetarium, die trotz ihrer Masse und Größe zu tanzen scheint.

Seit 1972 lebte Franz Bernhard in Jockgrim. Erst 26 Jahre später fühlte er sich laut eigenen Aussagen „richtig zuhause“, als auch seine Kunst in Jockgrim heimisch wurde - dank des Auftrags der protestantischen Kirchengemeinde. Im Jahr 1998 gestaltete Bernhard für den Chorraum der Ludowici-Kapelle einen „Corpus“, einen abstrakten Kreuz-Körper über dem roten Ziegelstein-Altar. Im Jahr 2011 erhielt er den Auftrag für ein Taufbecken. Die Tuschezeichnung „Körperkreuz“ konnte 2013 für den Eingangsbereich der Kirche erworben werden. Im gleichen Jahr verstarb der Künstler kurz vor seinem achtzigsten Geburtstag. Seit Ende 2014 ergänzt die Skulptur „Großer Mann, sitzend“ im Park vor der Kirche das Bernhard-Ensemble – zunächst als Leihgabe.
Lucia Bernhard, Witwe des Künstlers, hat seinen künstlerischen Nachlass in die Hände von Andreas C.H. Schell gelegt. Er ist Kunstsammler und Freund der Familie. Beide haben Anfang des Jahres den Vertrag zur Schenkung unterzeichnet. Der Sitzende ist damit in kirchlichem Besitz. „Jetzt ist er immer mitten unter uns“, freut sich Lucia Bernhard. Sie wird am Sonntag auch dabei sein, wenn die Skulptur im Kunstgottesdienst begrüßt wird.

Abstrakte Kunst in der Kirche

„Es ist wunderbar und etwas wahnsinnig, wenn ich zurückblicke“, erinnert Mechthild Werner, die in den 1990er Jahren in Jockgrim Pfarrerin war, „wer hätte gedacht, dass ein paar `Kunstverrückte´ es schaffen, kantige zeitgenössische Kunst in eine kuschlige Dorfkirche zu bekommen - und nun auch noch davor.“ Die ersten Schritte seien schwergefallen. Die Stifterfamilie Ludowici hatte Pläne und ein Musterbild für eine Ausmalung des Chorraums mit einer Darstellung des jüngsten Gerichts vorgelegt. Viele Mitglieder der Gemeinde und des Presbyteriums befürworteten zunächst die Ausmalung, zumal sie gestiftet und demnach kostenfrei gewesen wäre. „Außerdem war das Bild sehr plakativ, also leicht zu erkennen, was es darstellen soll. Aber es war eher keine Kunst, die fordert und lange anspricht“, erzählt Mechthild Werner.

Die damalige Gemeindepfarrerin regte eine offene Auseinandersetzung über Kunst und Kirche an. Gemeinsam mit Kunstinteressierten, Fachleuten der Landeskirche und des Landesmuseums Mainz, habe sie damals nach Alternativen gesucht. Bald kam Franz Bernhard ins Spiel, der zurückgezogen im Künstlerdorf lebte und wie das Presbyterium erst überzeugt werden musste. Der Sohn eines Bäckermeisters und Landwirts hatte Wohnung und Atelier in einem Bauernhaus. „Ja, es gab viele Gespräche zwischen Küche, Garten und Werkbank. Ich war so schnell begeistert wie andere, die ihn dort erlebt haben. Er war kein abgehobener Künstler, sondern eher Handwerker mit seiner Schiebermütze, bodenständig und bescheiden, das nahm viele für ihn ein“, erinnert die Pfarrerin.

Bernhards künstlerischer Anspruch war indes immer vorhanden. Seine abstrakte Kunst will nicht den Augen schmeicheln, sondern sie öffnen. Rostender Stahl, Schweißnähte und vernarbtes Holz sind anstößig und fordern neue Sehgewohnheiten. Die Diskussionen in der Kirchengemeinde Jockgrim um den ersten Auftrag an den zeitgenössischen Künstler waren darum hitzig und langwierig. Schließlich entschied das Presbyterium für Bernhard. Seit 1998 prägt der Corpus den Altarraum. Nach dem Weggang von Pfarrerin Werner trieb der ökumenische Arbeitskreis Kunst und Kirche die Dinge voran, insbesondere Otto Mielke, Sprecher des Arbeitskreises und langjähriger Presbyter. Es folgten Taufbecken, Kreuzzeichnung und nun die Skulptur.
Auch um den sitzenden Mann wurde erneut gerungen. Aber alle Auseinandersetzungen waren letztlich erfolgreich. Die Kunst rund um die kleine Kirche zieht längst auch Kulturbegeisterte an. „Es dürfen gern noch mehr Leute kommen“, sagt Otto Mielke, „nicht nur der Sitzende im Garten freut sich über Besuch.

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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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