Von Tattoo bis Alpakas - Im Hospiz Hildegard Jonghaus werden (fast) alle letzten Wünsche erfüllt

Hospizleiterin Martina Mack blättert im Gästebuch des Hauses. Es ist voller Todesanzeigen.  | Foto: Cynthia Schröer
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Von Cynthia Schröer
Landstuhl. Es ist die schlimmste Diagnose, die ein Mensch erhalten kann. Die Diagnose, dass er bald sterben wird. Die Zeit bis zum Tod ist kostbar. Manche verbringen sie aus gesundheitlichen Gründen im Hospiz Hildegard Jonghaus. Wie gestalten Menschen ihren Alltag, wenn sie wissen, dass sie bald sterben werden? Und welche sind ihre letzten Wünsche? Wie in einem Hotel liegt auch im Eingangsbereich des Hospiz’ im Stadtteil Atzel ein Gästebuch auf einem Schrank. Doch statt Grußbotschaften sind auf jeder Seite Todesanzeigen eingeklebt. Von Menschen, die in diesem Haus zu Gast waren.
Was war diesen Menschen hier besonders wichtig? „Der größte Wunsch von allen ist, dass für ihre Angehörigen alles geregelt ist“, sagt Hospizleiterin Martina Mack. So haben viele schon ihre Beerdigung geplant, bevor sie im Hospiz einziehen. Wenn nicht, tun sie das mit einem Bestatter im Haus. Auch Notare waren schon da, um Testamente aufzusetzen. Denn viele wissen noch nicht lange, dass sie sterben werden.
Wie viel Zeit ihnen bis dahin noch bleibt, ist ungewiss. Im Schnitt wohnen die Gäste zehn bis 14 Tage im Hospiz, es können aber auch mehrere Wochen sein. Die Altersstruktur reicht von 18 Jahren bis ins hohe Alter. „Die meisten sind Krebspatienten, die austherapiert sind“, informiert Mack.

FCK-Spiel und Alpaka-Wanderung auf Wunschliste 

Die Menschen können ihren Alltag frei bestimmen. „Jeder schläft, solange er möchte“, betont Mack. Dann können die Gäste zusammen frühstücken, manche lesen Zeitung, plaudern mit anderen Gästen oder mit den Mitarbeitern, andere sind lieber allein und ziehen sich in ihr Zimmer zurück. Hier können sie in sich gehen und die Natur genießen, denn jedes der zehn Einzelzimmer hat einen barrierefreien Zugang zu einer eigenen Terrasse mit Gartenanlage und Brunnen. Auch Angehörige können hier übernachten.

Hier können die Gäste in sich gehen: Jedes Zimmer hat einen Zugang zur Terrasse mit Garten und Brunnenanlage. | Foto: Cynthia Schröer
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Weil das Sterben im Hospiz immer präsent ist, spielt Lebensfreude eine umso größere Rolle. So werden auch die Feste gefeiert, wie sie fallen. Weihnachten, Fasnacht, Geburtstage, ja sogar Hochzeiten. „Nur weil man krank ist, lässt man nicht alles sausen“, betont Mack.
Die Mitarbeiter erfüllen den Gästen alle Wünsche, so gut sie können. Sei es der Besuch eines FCK-Spiels auf dem Betze oder die Teilnahme bei der Einschulung der Enkel. Kann ein Gast sein Bett nicht mehr verlassen, bringen die Mitarbeiter den letzten Wunsch ins Haus – zum Beispiel einen Tätowierer, der einem Gast und seinen beiden Kindern den Drachen Tabaluga gestochen hat, weil dieses Fabelwesen eine besondere Bedeutung für sie hatte.
Auch tierische Gäste gehen und fliegen im Haus ein und aus. Von Ponys bis hin zu Alpakas, wenn der Gast die langersehnte Wanderung mit ihnen nicht mehr mitmachen kann. Der „Falkner der Herzen“ aus Bisterschied im Donnersbergkreis besucht öfter das Hospiz mit seinen Therapie-Vögeln. Auch Angehörige bringen Haustiere mit, zu denen die Gäste eine enge Beziehung haben.
Es sind diese Glücksmomente – auch für die Angehörigen – aus denen die Mitarbeiter ihre Kraft schöpfen. „Diese gemeinsamen Stunden schaffen zusätzliche schöne Erinnerungen für die Angehörigen“, berichtet die Leiterin.


Angehörige fürchten Kritik

„Die Angehörigen haben Angst“, sagt Mack. Daher führen die Mitarbeiter viele Gespräche mit ihnen und erklären in aller Ruhe den gesundheitlichen Zustand des Gastes. Doch die Angehörigen fürchten sich auch vor Kritik. Kritik aus ihrem Umfeld, weil sie den Sterbenden im Hospiz untergebracht haben, anstatt ihn bei sich zuhause selbst zu pflegen. „Sie machen sich deshalb auch selbst Vorwürfe“, berichtet Mack aus Erfahrung. Dabei könnten sie das schlichtweg nicht leisten, weil ihnen dazu die Zeit und das Fachwissen fehle.

Wer kommt ins Hospiz?

Voraussetzung für eine Aufnahme im Hospiz ist eine Bescheinigung vom Arzt, dass die Person schwerstkrank ist und nur noch eine Lebenserwartung von wenigen Wochen hat. Rund 130 Gäste beherbergt das Haus pro Jahr. Es gibt auch eine Warteliste, teilt Marcus Klein mit. Er ist der Vorsitzende des Fördervereins, der 2014 – zwei Jahre vor der Eröffnung des Hauses – gegründet wurde. Der Verein muss durch Spenden jedes Jahr zwischen 120.000 und 150.000 Euro aufbringen, denn die Krankenkasse zahlt nur 95 Prozent der Kosten für den Aufenthalt. Auf dem Rest bleibt der Träger, der DRK-Kreisverband Kaiserslautern-Land sitzen. Aktuell wird ein Anbau mit zwei weiteren Gästezimmern und Funktionsräumen geplant. Dann ist das Maximum an zwölf Plätzen, das die Landesverordnung vorschreibt, erreicht.

Wer das Hospiz mit Spenden unterstützen möchte:
Kontoinhaber: Förderverein Stationäres Hospiz Westpfalz
Sparkasse Kaiserslautern: DE 19540502200000578195
Volksbank Kaiserslautern eG: DE97 5409 0000 0081 1314 06
Volksbank Glan-Münchweiler eG: DE49 5409 2400 0019 3506 06

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Autor:

Cynthia Schröer aus Wochenblatt Landstuhl

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