Tafel Speyer: Lebensmittel retten und gleichzeitig Menschen helfen

Bei den 960 Tafeln in Deutschland geht es darum, Lebensmittel vor der Mülltonne zu retten und an Menschen weiter zu geben, die von Armut betroffen sind | Foto: Cornelia Bauer
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Speyer. „Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“ - oder, genauer gesagt: in den Mülleimer. Wie die Tauben bei Aschenputtel verfahren die Mitarbeiterinnen der Tafel in Speyer mit den gespendeten Lebensmitteln, die vor ihnen zum Sortieren auf dem Tisch liegen. Ansonsten erinnert hier wenig an ein Märchen. Wenn in einem reichen Land immer mehr Menschen auf die Dienste der Tafel angewiesen sind, während gleichzeitig immer weniger Lebensmittel gerettet werden können, dann bleibt wenig Hoffnung auf "und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende."

960 Tafeln gibt es in Deutschland, alle mit einer gemeinsamen Mission: Lebensmittel vor der Mülltonne zu retten und Menschen zu helfen, die von Armut betroffen sind. 55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützen diese Idee in Speyer mit ihrer Zeit. Viele davon engagieren sich bereits seit Jahren. Und hoffen doch nichts mehr, als dass ihr Engagement eines Tages überflüssig sein wird. Danach sieht es aber gerade ganz und gar nicht aus: Wie bei vielen anderen Tafeln auch, hat die Tafel in Speyer einen Aufnahmestopp verfügt. Mehr Menschen als derzeit kann sie nicht versorgen.

Jeden Tag sortieren bei der Tafel Speyer ehrenamtliche Helferinnen und Helfer ab 9.30 Uhr Lebensmittel | Foto: Cornelia Bauer
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Der Aufnahmestopp wird von Dauer sein, glaubt Caroline Diven, Geschäftsführerin des DRK-Kreisverbandes, in dessen Trägerschaft die Tafel seit Juni 2018 ist. Weil die Supermärkte inzwischen anders kalkulieren, nicht mehr zu jeder Zeit alles im Überfluss anbieten, kommt weniger Ware zur Tafel. Das sei nicht die Schuld der Supermärkte. "Die sind nach wie vor sehr engagiert", sagt Diven. Aber die Geschäftspolitik habe sich verändert, es würden jetzt auch eher einmal leere Supermarktregale in Kauf genommen. Daher versucht man beim DRK Speyer, andere Ideen zu entwickeln. Wie etwa für das neueste Projekt: "Tischlein-deck-dich" in St. Hedwig in Speyer-West.

"Wir möchten helfen - und eigentlich noch viel mehr machen"

Es sei sehr schwer, verzweifelte Menschen bei der Tafel abzuweisen. "Wir möchten helfen - und eigentlich noch viel mehr machen", sagt die DRK-Kreisgeschäftsführerin. Doch wer versuche, zwei Kisten Milch auf fast 100 Leute aufzuteilen, der handele zwangsläufig ungerecht. Die Not sei groß. Und sie werde immer größer. Wer knapp oberhalb der definierten Armutsgrenze liegt, erhalte keinerlei Unterstützung. Während die Tafel-Kunden ihre Bedürftigkeit alle sechs Monate nachweisen müssen, steht der Mittagstisch in St. Hedwig allen offen.

"Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten..." in den Mülleimer | Foto: Cornelia Bauer
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Jeden Tag sortieren ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bei der Tafel in Speyer ab 9.30 Uhr Lebensmittel, die zuvor von jeweils einem Fahrer und einem Beifahrer in zwei Autos bei rund 30 Supermärkten in der Region abgeholt werden. Das Sortieren ist nicht für jeden etwas; das muss auch die Nase aushalten können. Vor allem im Sommer. Denn während oben auf den Obst- und Gemüsekisten oft die guten Sachen liegen, fault und schimmelt es darunter nicht selten. Neben dem Fahren und Sortieren kümmern sich Freiwillige auch um die Ausgabe der Lebensmittel: Dienstag, Donnerstag und Samstag von 13 Uhr bis 15.30 Uhr. 

"Ich heule auch mal"

Zwischen 70 und 90 Menschen kommen dann, weisen sich aus, kaufen für sich alleine, für zwei oder für eine ganze Familie ein. Knapp die Hälfte der Kundschaft kommt aus dem Rhein-Pfalz-Kreis, wo in Zusammenarbeit mit der Kreisverwaltung zusätzliche Ausgabestellen betrieben werden. Im Laufe der Zeit lernt man die Menschen kennen, baut eine Verbindung zu ihnen auf. Man weiß, warum sie auf die Tafel angewiesen sind, fiebert mit, wenn sie sich um einen Job bewerben oder wegen einer Untersuchung ins Krankenhaus müssen. Und muss dennoch konsequent sein. "Ich heule auch mal", sagt Leiterin Karin Maier. Wenn sie einen Menschen hungrig wieder wegschicken muss, zum Beispiel.

55 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei der Tafel Speyer bilden ein gut eingespieltes Team | Foto: Cornelia Bauer
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Doch es gibt auch sehr schöne Momente für die Helfer bei der Tafel: Wenn jemand, der wenig hat, Geburtstagskuchen backt und vorbei bringt. Sich dafür bedankt, dass man ihm bei der Tafel mit Freundlichkeit und Respekt begegnet. Zu Weihnachten oder Ostern ein Kärtchen schreibt. Oder stolz vom neuen Job erzählt - und der Tatsache, dass er die Unterstützung durch die Tafel ab sofort nicht mehr braucht. Zeit für lange Gespräche bleibt nicht, denn die Kunden der Tafel werden über ihren letzten Kassenbon und ein computerbasiertes Zufallsprinzip zu einer bestimmten Uhrzeit einbestellt. Im Zehn-Minuten-Takt immer fünf Kunden. So ist jeder mal kurz nach der Öffnung dran, wenn die Auswahl noch groß ist, und mal kurz vor Schluss, wenn die Ware schon ausgesuchter ist.

Die Tafel ist kein billiger Supermarkt

Derzeit mangelt es dem DRK-Kreisverband Speyer nicht an Freiwilligen, die sich bei der Tafel engagieren wollen. Studentinnen und Rentner, aber auch Angestellte, die sich einen festen Tag Zeit nehmen, fühlen sich wohl. "Wir sind ein tolles Team", sagt Karin Maier. Fast wie eine Familie. Auch die Zusammenarbeit mit der Stadt Speyer läuft gut: Für die Entsorgung der täglich anfallenden Abfälle muss die Tafel nicht extra zahlen. Das ist längst nicht in allen Kommunen so. Und die Stadt hatte ein offenes Ohr, als es darum ging, vor der Tafel in der Seekatzstraße eine Lieferzone einzurichten. Sorge bereiten den Verantwortlichen derzeit die steigenden Energiekosten: für die Kühlung, aber auch für den Sprit. Denn die Fahrer legen für die Tafel in der Woche rund 1.000 Kilometer zurück.

Bei den 960 Tafeln in Deutschland geht es darum, Lebensmittel vor der Mülltonne zu retten und an Menschen weiter zu geben, die von Armut betroffen sind | Foto: Cornelia Bauer
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Weil auch bei den Helfern viele Nationen vertreten sind - und dank guter Übersetzungs-Apps - gibt es keine sprachlichen Probleme. Zu Missverständnissen kommt es trotzdem manchmal. Wenn das Konzept nicht richtig verstanden wurde. Denn die Tafel ist eben kein Supermarkt, in dem es alles gibt - nur billiger. Hygieneartikel, Saft, Babynahrung, Windeln, haltbare Lebensmittel wie H-Milch, Nudeln oder Reis gibt es hier nur selten und wenn, dann in überschaubarer Menge.

Für bedürftige Menschen, die aufgrund von Erkrankungen nicht in der Lage sind, selbst Lebensmittel bei der Ausgabestelle abzuholen, hat die Tafel Speyer einen Lebensmittel-Bringdienst eingerichtet.

Weitere Informationen:

DRK Tafel Speyer
Karin Maier
Seekatzstraße 12
67346 Speyer
Telefon: 06232 677776
E-Mail: Tafel@DRK-Speyer.de

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Autor:

Cornelia Bauer aus Speyer

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