Ein Wiesentaler schleppte vor 50 Jahren den Kienholz-Virus in Odenheim ein
"Mir kumma net rumm"

Vielgeliebte Odenheimer Tradition seit 50 Jahren: Der Kienholzclub trifft sich, um gemeinsam das Holz für Rosenmontag zu spalten und zu bündeln, im Hof von Josef "Seppl" Bolich. | Foto: Bauer
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  • Vielgeliebte Odenheimer Tradition seit 50 Jahren: Der Kienholzclub trifft sich, um gemeinsam das Holz für Rosenmontag zu spalten und zu bündeln, im Hof von Josef "Seppl" Bolich.
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Odenheim. Seit 50 Jahren ist an Rosenmontag an ein Ausschlafen in Odenheim nicht zu denken. Ab 8 Uhr schallt der Schlachtruf "Hooooolz" durch den Ort - und dann wird auch schon an den Türen im Nibelungendorf geklingelt. Draußen stehen so zirka 30 seltsam gekleideter Gestalten und begehren Einlass. Sie haben ordentlich Hunger und Durst im Gepäck. Und natürlich ihr sauber gebündeltes Kienholz. Das wollen sie verkaufen. Auch an die Odenheimer, die gar keinen Holzofen haben. 

Natürlich könnten die Mannen des Odenheimer Kienholzclubs auch einfach von Tür zu Tür gehen und um Spenden bitten. Schließlich haben sie in 50 Jahren ordentlich was vorzuweisen: Den Schwimmbadverein haben sie mit ihren Erlösen schon unterstützt, den Kindergarten, die Kirchenrenovation, die neue Orgel, die Schule, den Circus Odini, die Restauration des Kriegerdenkmals, Spielplätze in den Neubaugebieten und vieles mehr. Doch der Verkauf des Kienholzes macht es zu etwas besonderem, eben keiner einfachen "Betteltour" durch den Ort.

Wer hat's erfunden?

Wer hat's erfunden? Obwohl es den Kienholzclub 2020 genau seit 50 Jahren gibt, erfunden haben diese Art des sozialen Engagements tatsächlich die Wiesentaler. Und ein Wiesentaler war es auch, der die Kienholz-Idee in Odenheim "eingeschleppt" hat: Rudi Herberger aus Wiesental war dereinst Trainer des FC Viktoria Odenheim und hat die närrischen FC-ler mit dem Kienholz-Virus infiziert. Im Februar 1970 traf man sich in der Küche von Josef "Seppl" Bolich und beschloss, künftig auch in Odenheim Kienholz aus Tanne zu spalten, in kleine Bündel zu verpacken und gegen einen kleinen Obolus an die Odenheimer zu verkaufen. 

Am Ablauf hat sich in 50 Jahren nichts geändert: Zum Spalten und Bündeln des Kienholzes trifft man sich immer noch in Hof und Scheune der Bolichs. Dort wird auch der Wagen für den Umzug geziert. Gute Laune muss mitgebracht werden, sonst kann man gleich wieder umdrehen. Nach getaner Arbeit gibt's "Grummbieraworscht" und das eine oder andere Bierchen.

Und die Odenheimer kommen: Der Hof von Bolichs ist voll an diesem Samstag. Eigens zum Jubiläum greift auch Ortsvorsteher Gerd Rinck zur Spaltaxt. Zwei der eifrigsten Kienholzer an diesem Vormittag: Marlon, zwölf Jahre alt, und Louis, 14. Auch an Rosenmontag wollen die beiden dabei sein.

Auch dieser Tag folgt einem festen Ritual: Kurz vor Acht trifft man sich wieder bei Bolichs zum Schminken, anschließend geht es mit viel Radau durch die Straßen. Damit der beschwerliche Weg überhaupt zu meistern ist, werden die Kienholzer von vielen Odenheimern in ihre Wohnzimmer, Esszimmer und Küchen eingeladen - immerhin müssen 30 Leute Platz finden - und es gibt Zuckerkuchen, Hausmacher und "den weltbesten Wurstsalat".

Kein Wunder also, dass die Kienholzer häufig klagen: "Mir kumma net rumm". Sie haben aber auch ein anstrengendes Programm an diesem Tag: Derart gestärkt verwandelt sich die Truppe im Anschluss an den Kienholz-Verkauf nämlich in die Katzbach-Zigeuner und zieht beim bunten Umzug als Stimmungsanheizer mit Zigeunerwagen zum zweiten Mal an diesem Rosenmontag durch Odenheim.

Autor:

Cornelia Bauer aus Speyer

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