Lions, Bürgerstiftung und Bauamt
Endlich Wasser in der Stadt

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Neustadt. Ab Montag den 7. Juni 2021 gibt es endlich wieder Wasser in der Stadt. Dank der Initiativen des Lions Clubs Neustadt und der Neustadter Bürgerstiftung sowie der Umsetzung durch die Stadtverwaltung wird das erste Teilstück am Klemmhof freigegeben. Was war die Motivation, dieses Projekt zu unterstützen und durchzuführen? Dazu ein Blick zurück.
Speyerbach und weitere Bäche waren einst Lebensadern von Neustadt. „Wie Klein-Venedig hat das ausgesehen“, erinnern sich ältere Neustadter wie Franz Horn. Doch ins Schwärmen kommen nur wenige. Es gab verschmutze, übelriechende und gefährliche Ecken des Bachlaufs, in die Kinder hineinfallen konnten. Doch als das Wasser weg war, spürten viele, dass nun etwas fehlt.
„Wie Neustadt mit dem Speyerbach früher einmal ausgesehen hat, zeigt ein alter Katasterplan von 1836“, erläutert Baudezernent Bernhard Adams, der mit Bauleiterin Kerstin Baum das Projekt von städtischer Seite verantwortet. Auf Höhe des Casimiranums wurde der Speyerbach geteilt. Der Flossbach, der heute in einem Tunnel verschwindet, umrundete die Stadt im Norden als Transportweg. Der Stadtbach floss durch den Schutzturm Marientraut in die Stadt und diente der Wasserversorgung sowie zum Ableiten von Grundwasser, denn Neustadt wurde teils auf Sumpfwiesen gebaut, deren Wasser heute noch im Bereich Klemmhof Probleme bereitet. Am heutigen Rathaus versorgte der Bach einen Waschplatz und die Stadtmühle mit Wasserrädern. Vorbei am Südrand des Marktes und am Klemmhof folgte er der Biegung der Laustergasse. Viele Brücken gab es und das Wasser wurde vielfältig genutzt, beispielsweise um Fische lebend in Holzkästen zu halten. Bereits 1865 wurde der Stadtbach am Marktplatz unter die Erde gelegt. Ab 1963 verbannte man schließlich den kompletten Wasserlauf in riesige Betonröhren.
Die Erinnerung blieb. 1992 hatte Landschaftsarchitekt Martin Hauck den Entwurf eines Wasserlaufs am Juliusplatz eingereicht, ohne Erfolg. 2014 wurde die Idee wieder aufgegriffen und der Lions Club Neustadt mit Architekt Joachim Becker sowie die Bürgerstiftung nahmen sich der Sache an. „Das Engagement zweier bürgerschaftlicher Institutionen und eine begeisterte Stadtverwaltung waren der Schlüssel zum Erfolg“, erläutert Frank Sobirey, der sich bei den Lions und bei der Bürgerstiftung über all die Jahre für das Projekt einsetzt. Der breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht wurde es bei einem Ball, den die Neustadter Lions zu ihrem 60jährigen Bestehen zugunsten von „Wasser in die Stadt“ veranstalteten. Eine Farbradierung von Gerhard Hofmann wurde in Auftrag gegeben und die Bürgerstiftung unterstützte das Vorhaben mit einer Wein-Edition. Das Planungsbüro Hofmann und Röttgen aus Limburgerhof wurde mit der Umsetzung beauftragt. Nachdem von der ADD für dieses Projekt sogar erhöhte Fördermittel zugesagt wurden, konnte 2018 der Bau beginnen. Zunächst am Klemmhof, in der Laustergasse und dann am Juliusplatz entstehen Wasseroasen, teils vier Meter breit, mit Spielmöglichkeiten für Kinder und Sitzgelegenheiten für Ältere. „Der Wasserlauf des Speyerbachs soll auf diese Weise an der Oberfläche nachgezeichnet werden“, erläutert Adams die Umsetzung und erklärt: „Den Speyerbach selbst zurückzuholen war aus gewichtigen Gründen nicht umsetzbar.“ Stattdessen wird Wasser verwendet, das sowieso aus dem Klemmhof abgepumpt werden muss. Da der Abschnitt Laustergasse mit der Neupflasterung verbunden wurde, war ein vernünftiger Finanzierungsrahmen möglich.
„Ich bin froh und dankbar, dass wir endlich die Früchte der jahrelangen Arbeit sehen“, betont der derzeitige Lions-Präsident Rainer Nosbüsch. Der gibt Ende Juni den Staffelstab an Michael Lehmann weiter, der die weiteren Pläne für den Abschnitt Laustergasse verrät: „Im Spätsommer werden Barbara und Gernot Rumpf uns Figuren präsentieren, die die Vorgeschichte der Elwetritsche in Szene setzen.“ Doch damit nicht genug. „Nach der Eröffnung des Abschnitts Laustergasse müsste bald mit dem zweiten Abschnitt am Juliusplatz begonnen werden“, hofft Sobirey. Aber auch weitere Bauabschnitte sind bereits im Blick. Die Initiatoren haben die Vision, dass im Dreieck Casimirianum, Marienkirche und Juliusplatz rund um das jetzige Becken ein durchgängiger Wasserlauf entsteht. Für ein dort geplantes Wasserrad seien schon größere Spenden eingegangen.
Ob aus Neustadt an der Weinstraße je wieder ein Klein-Venedig wird? Jedenfalls leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur, denn der alte Bachlauf war Lebensader der Stadt. Vor allem aber wird durch die Initiative die Attraktivität von Neustadt deutlich erhöht. Die Wasseroasen werden, neben dem Naherholungseffekt für Neustadter Bürger, sicher auch für Touristen ein sehenswertes Ziel sein. Dafür gilt es, allen Beteiligten Dank zu sagen: den Initiatoren und Spendern, den Anwohnern, die Einschränkungen erduldeten, und schließlich denen, die das Projekt umsetzen.

Fotos von Michael Landgraf, Im Wasserlauf am Klemmhof: Frank Sobirey mit Farbradierung von Gerhard Hofmann, Bernhard Adams mit Stadtplan von 1836; Detailbild des Katasterplans von 1836 mit Wasserlauf des Stadtbaches

Autor:

Michael Landgraf aus Neustadt/Weinstraße

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