Karlsruhe hat erste Inklusionsschaukel des Landes im öffentlichen Raum
"Wir werden das Kind schon schaukeln"

Foto: Sydoe
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Karlsruhe. Der Verein “Cent hinterm Komma” zeigt auch im 25. Jahr seines Bestehens wieder Mut zur Innovation und hat dank großzügiger Spenden aus der Bevölkerung und hiesiger Unternehmen im Grünstreifen der Südstadt, die erste öffentlich zugängliche Rollstuhlschaukel in Baden-Württemberg installiert. Mit tatkräftiger Unterstützung des städtischen Gartenbauamts und einer dort zugehörigen Azubigruppe, die daraus eine Projektarbeit gemacht hat, wurde die bunte Wippe nun endlich offiziell freigegeben. “Bei einer Premiere will man es ja besonders gut machen und deshalb war das Procedere, bis die Schaukel der Öffentlichkeit übergeben werden konnte, ein wenig aufwendig”, stellt Carsten de la Porte, geschäftsführender Vorstand des Vereins fest. Allerdings nicht ohne ein Augenzwinkern, denn “die badische Gründlichkeit erforderte doch mehrere sicherheitstechnische Nachbesserungen während der rund viermonatigen Bauphase”, so der 53-jährige Fundraiser weiter. Die Pandemie, das labile Wetter und der vorgegebene Berufsschul-Lehrplan des Gartenbau-Nachwuchs waren der Grund für die lange Bauzeit. “Im Saarland, wo unser Partnerverein Pro-Inklusionsschaukel Saarlouis e.V. schon seit mehr als einem Jahr tätig ist, wird so ein Gerät normalerweise an einem Wochenende installiert”, erklärt de la Porte. Jedoch die besonderen Umstände am Standort Südstadt ließen eine schnellere Umsetzung nicht zu. Zuerst musste ein altes Spielgerät entsorgt und der Untergrund neu angelegt werden. Eine Umzäunung und das bereits erwähnte technische Feintuning verzögerten eine schnellere Fertigstellung.

Doch nun endlich ist die Inklusionsschaukel, die gerade für Kinder im Rollstuhl ein wunderbares Erlebnis ist, zur Nutzung freigegeben. Maßgeblich finanziert wurde das Spielgerät mit einer Großspende der Karlsruher Bäckerei Schmidt, selbst ein mit dem “Deichmann-Preis” ausgezeichneter Inklusionsbetrieb, der Menschen mit Handicap beschäftigt und einigen weiteren Spenden von Karlsruher Unternehmen, Initiativen, sowie der Bürgerinnen und Bürger. Über mangelnde Nutzung können sich die Betreiber bereits nach kurzer Zeit nicht beklagen. Das weiß auch Renata Reich, die Leiterin des benachbarten Kinder- und Jugendhaus des Stadtjugendausschuss. “Zu uns kommen auch Kinder mit Handicap in den normalen Alltagsbetrieb - auch Rollstuhlfahrer*innen und die haben eine Menge Spaß”, weiß Reich freudig zu berichten.

Die Schaukel, die recht farbenfroh daherkommt, ist für Rollstuhlfahrer barrierefrei zu befahren. Gesichert durch eine horizontal bewegliche Rampe, kann man mit und ohne Begleitung auf der Schaukel hin und her wippen – ein richtiger Spass, der dazu beiträgt, dass auch Kinder mit Handicap auf dem Areal für sie geeignete Spielgeräte nutzen können. “Für uns ist das ein aktiver Beitrag zu mehr Inklusion von klein auf”, erklärt de la Porte die eigentliche Intension der Schaukel. Man habe lange nach einem geeigneten Standort gesucht, stieß aber leider ein ums andere Mal auf Bedenken seitens der Verantwortlichen der Stadt. “Ich habe ein ums andere Mal die Frage nach dem Bedarf gehört und mir wurde klar, dass die Bedeutung von Inklusion bei einigen Verwaltungsvertretern noch nicht wirklich angekommen ist”, kritisiert der Vereinsvorsitzende, den man durchaus als einen der Wegbereiter beim Thema Inklusion in Karlsruhe bezeichnen kann. “Inklusion ist eine Haltung und ein selbstverständliches Angebot, das gemacht wird. Bedarf kann man auch wecken und wenn Eltern von behinderten Kindern erstmal wissen, wo es Möglichkeiten gibt, die barrierefrei nutzbar sind, dann wird auch davon Gebrauch gemacht werden”, ist sich de la Porte sicher.

Das zeigen auch Beispiele aus der Vergangenheit, wie etwa die absenkbare Kletterwand beim Alpenverein in der Waldstadt – ebenfalls eine Initiative von “Cent hinterm Komma”, die dem Alpenverein vor drei Jahren sogar den Inklusionspreis der Stadt Karlsruhe bescherte. “Wir geben die Impulse und die Umsetzung überlassen wir dann den Experten – das war schon immer unsere Philosophie”, blickt de la Porte auf die Arbeit des Vereins. Im Fall der Inklusionsschaukel seien nun die Kinder selbst, oder wie de la Porte sie bezeichnet “die Alltagsexperten” gefragt.

Dabei soll die Idee auch nicht in Karlsruhe enden. Eine weitere Schaukel stehe bereit zum Einbau und verschiedene Standorte werden derzeit geprüft. Hier kommt auch der Landkreis und die Region in Frage. Man habe bereits mehrere Gespräche mit kleineren Stadtteilen und Gemeinden im Umkreis geführt und das Interesse sei erfreulich hoch, so dass sogar flächendeckend diese Rollstuhlschaukeln ihrer Bestimmung zugeführt werden können. Ein Ziel, das sich de la Porte gesetzt hat. “Keine Inklusion ohne Barrierefreiheit. Und wenn wir nicht bei den Kindern anfangen, Begegnungen zu schaffen, wie eben auf einem Spielplatz der allen Spass macht, dann wird das Thema noch lange nur ein “Nice to have” sein - Veränderung erfordert aber Haltung”.

Autor:

Jo Wagner

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