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Im Gespräch mit "HeimArt"-Künstlerin Lisa Harms
Die gemalte Anwesenheit der Abwesenheit

Lisa Harms malt HeimArt - nicht nur aus Farbe | Foto: Heike Schwitalla
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  • Lisa Harms malt HeimArt - nicht nur aus Farbe
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Au am Rhein/Karlsruhe. Künstlerbiografien können ganz unterschiedlich sein. Manch einer „malt schon immer“, eine andere schlägt die akademische Laufbahn ein, wiederum andere kommen über einen ganz bestimmten inneren Drang zur Kreativität – und eine solche Kunstschaffende ist Lisa Harms. Neben ihrem Beruf und ihrer Mutterrolle verbringt Lisa Harms jede freie Minute mit der Malerei. „HeimArt“ nennt sie ihre sphärisch-mystischen Landschaftsbilder. Gemälde, die von der Sehnsucht nach zuhause und der Suche nach Identität erzählen. Lisa Harms lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern im beschaulichen Au am Rhein bei Karlsruhe. Noch arbeitet die 37-Jährige tagsüber in einem Drogeriemarkt, in absehbarer Zeit möchte sie aber von ihrer Kunst leben.

Vor drei Jahren hat alles angefangen, erzählt die Künstlerin: „Ich hatte schon immer Visionen von mir unbekannten Landschaften im Kopf und irgendwann begann ich damit, diese zu Papier zu bringen.“ Gleichzeitig war die 37-Jährige lange damit beschäftigt, mehr über ihre Herkunft und ihre Familie zu erfahren. Als sie sieben Jahre alt war, kam Lisa, die im sibirischen Omsk geboren wurde, als so genannte „Russlanddeutsche“ nach Karlsruhe. „Über unsere Familie haben meine Eltern nie viel gesprochen, daher war ich geradezu besessen von der Ahnenforschung im Internet“, berichtet sie. Schnell fand sie heraus, warum Familiengeschichte ein Tabuthema war. Ihre Vorfahren stammen ursprünglich aus Graben-Neudorf und Neustadt an der Weinstraße, im 18. Jahrhundert wanderten sie zuerst als Moorkolonialisten nach Norddeutschland und dann weiter nach Russland aus, wo Katharina die Große, Menschen aus ganz Europa entlang der fruchtbaren Gebiete an der Wolga ansiedelte. Im zweiten Weltkrieg wurde die Familie von Lisa Harms dann nach Sibirien deportiert, von wo ihre Eltern in den 1990er Jahren nach Deutschland übersiedelten.

Rinde, Moos und andere Naturmaterialien aus den Orten verarbeitet Harms in ihren Bildern | Foto: Heike Schwitalla
  • Rinde, Moos und andere Naturmaterialien aus den Orten verarbeitet Harms in ihren Bildern
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Erinnerungen meiner Vorfahren

„Ich habe festgestellt, dass diese Wasserlandschaften, die ich im Geiste sah, die Heimat meiner Vorfahren sind, aus der sie so schmerzvoll vertrieben wurden. Ich sah die Flussregion der Wolga in meinen Gedanken, ohne jemals selbst dort gewesen zu sein. Ich glaube fest daran, dass das die Erinnerungen meiner Vorfahren sind, die Sehnsucht meiner Familie. Ihr großes Trauma hat sich irgendwie auf mich übertragen und in mein Gedächtnis eingebrannt. In mir sind Erinnerungen, die nicht meine sind“, ist sich die Künstlerin sicher. Und diese Erinnerungen setzt sie seit drei Jahren in ihren ausdrucksstarken und gefühlvollen Gemälden um.
Aus diesem Drang und dem empathischen Wissen um die Sehnsucht andere Menschen entstand das Konzept „Heim-Art“. „Ich male meine `Heim-Art`-Bilder mit organischen Materialien aus den dargestellten Landschaften. Menschen sammeln Erde, Gräser, Wurzeln, Holz oder Wasser – und ich verarbeite diese Dinge in den Bildern“, erklärt Lisa Harms. Die Materialien werden in die Farben gemischt oder auch direkt aufgetragen, manchmal mit Epoxidharz verfestigt.
Sie arbeitet nach Aufträgen oder setzt ihre eigene Familiengeschichte künstlerisch um. Unlängst besuchte sie die Moorregion, in der sich ihre Familie einst auf der Suche nach Lebensglück niederließ. „Ich habe Moorwasser, Moos, Rinden und andere Materialien gesammelt, die ich nun ein einer neuen Bild-Reihe verarbeiten werde“, berichtet die 37-Jährige. Setzt sie Auftragsarbeiten um, bringen ihr die Menschen Erinnerungsmaterialien. In Gesprächen erspürt sie die Sehnsüchte und Gefühle der Klienten und setzt diese in ein neues Landschaftsbild um.

Lisa Harms mit einigen ihrer Arbeiten | Foto: Heike Schwitalla
  • Lisa Harms mit einigen ihrer Arbeiten
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Erde aus der Ukraine

Eines ihrer ersten Werke malte sie mit Erde aus der Ukraine. Eine befreundete Journalistin hat diese noch vor dem Krieg mitgebracht. „Es stellte sich heraus, dass diese Erde aus der Region kam, aus der auch die Geflüchteten stammten, die wir zu Beginn des Krieges bei uns aufgenommen haben. Wieder so ein Zeichen, das mich inspiriert hat“, erzählt Lisa, die fest davon überzeugt ist, dass es sich bei all diesen Begebenheiten nicht um Zufall, sondern um eine Fügung des Schicksals handelt.
„Vielleicht ist es einfach meine Bestimmung, den Menschen mit den Heim-Art-Bildern ein bisschen Trost zu spenden und ihnen bei der Suche nach Identität und Herkunft zu helfen, wie mir das Malen auch selbst geholfen hat“, sagt Lisa Harms. „Ich male die Orte, die ihnen etwas bedeuten und verbinde sie durch die Materialen ganz direkt mit ihnen. Die Bilder sind die Anwesenheit der Abwesenheit, könnte man sagen“. Am Sonntag, 27. August, zeigt Lisa Harms ihre Bilder im Rahmen der ART Baden-Baden im Kurhaus Baden-Baden.

Über Lisa Harms
Nähere Infos per E-Mail an heim-art@gmx.de oder auf Instagram unter @lisawaterlover

Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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