Corona-Boom bei den Kleingärten
Wenig Hoffnung auf eine freie Parzelle

Peter Weiß ist seit 2019 Präsident des Kleingärtnervereins Speyer | Foto: Cornelia Bauer
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Speyer. Wer auf der Homepage des gemeinnützigen Kleingärtnervereins Speyer auf den Menüpunkt "Zur Zeit freie Gärten" klickt, der wird enttäuscht: Keine einzige freie Gartenparzelle ist hier aufgelistet. Stattdessen verweist die Seite auf die Möglichkeit, sich mit vielen anderen Interessenten auf eine Warteliste setzen zu lassen. 

Die Nachfrage nach einer kleinen Oase der Ruhe, in der man Kraft schöpfen und von den Problemen im Pandemie-Alltag eine Auszeit nehmen kann, ist hoch. Vereins-Präsident Peter Weiß schätzt, dass das Interesse an einer Parzelle um zirka 50 Prozent gegenüber Nicht-Pandemie-Zeiten gestiegen ist, und spricht von einem wahren Corona-Boom. Allerdings kann er Interessierten derzeit nur wenig Hoffnung machen. Die Liste derer, die auf einen Garten warten ist lang. Wartezeiten von zwei bis drei Jahren sind keine Seltenheit.

Weil er weiß, dass derzeit vor allem viele einen Garten zum Grillen und für die Freizeitgestaltung suchen, raubt Peter Weiß den Interessierten gleich eine weitere Illusion: Einen reinen Freizeitgarten lassen die Statuten der Kleingärtner nicht zu. Hier muss auf mindestens einem Drittel der Fläche Obst und Gemüse angebaut werden, so will es das Bundeskleingartengesetz. Dass dem auch wirklich so ist und Pools, Klettergerüste und Hüpfburgen nicht überhand nehmen, wird regelmäßig einmal pro Jahr bei einer Begehung kontrolliert. Wer dauerhaft gegen die Statuten verstößt oder sich nicht die vereinbarten acht Stunden pro Jahr an der Pflege der gemeinsam genutzten Anlagen beteiligt, der riskiert, seinen Anspruch auf den Kleingarten zu verlieren.

Die Kleingartenanlage - ein Ort, mit vielen Regeln

Infolgedessen ist der Job des Vereins-Präsidenten ein anstrengender. Und einer, bei dem man sich nicht immer beliebt macht. Ebenso wie die Reviervorsitzenden macht Peter Weiß den Job ehrenamtlich. "Da steckt viel Arbeit drin, das kann ich nur machen, weil ich in Rente bin", sagt Weiß, der seit 2019 im Amt ist. Aber wollen nicht gerade besonders viele Menschen ihr eigenes Obst und Gemüse anbauen, damit sie wissen, wo herkommt, was auf ihren Tellern landet? "Viele sagen, dass sie das wollen, ihre eigenen Tomaten ziehen zum Beispiel", berichtet Weiß und klingt ein bisschen resigniert, als er ergänzt: "Von zehn machen's drei, die anderen muss man zwingen."

Ein Garten macht viel Arbeit - das komme für viele überraschend. Gerade jetzt müsse zweimal pro Woche der Rasen gemäht und regelmäßig Unkraut gejätet werden. Wenn jemand dann nur alle zehn Tage Zeit hat, dann verliere er schnell die Lust am Gärtnern. Und riskiere Zoff mit den Nachbarn, wenn sich der Unkrautsamen nicht an Zäune und Grenzen hält. Ein Auge müssen Reviervorsitzende und Präsident auch auf die Gartenlauben haben: 24 Quadratmeter überdachte Fläche sind erlaubt.

Der Verein muss dafür sorgen, dass geltendes Baurecht in seinen Anlagen eingehalten wird, genehmigt anstelle der Stadt Bauanträge oder lehnt sie ab. Mitglieder, die dagegen verstoßen, müssen zurück bauen. Oft bauen sich die Kleingärtner komplette Einbauküchen in ihre Hütten - und schaffen sich Schlafgelegenheiten auf einer zweiten Ebene. Zum Wohnen allerdings sind die Kleingartenanlagen nicht gedacht.  "Mal übers Wochenende oder im Urlaub hier schlafen, da sagt keiner was", so Peter Weiß. Dauerwohnen allerdings, das ist verboten. 

"80 Prozent der Speyerer Kleingärtner haben den grünen Daumen"

Die Kleingartenanlagen in Speyer sind also Orte mit vielen Regeln. Warum lassen sich die Kleingärtner dennoch darauf ein? "Man kann hier sehr viel übers Gärtnern lernen", sagt Weiß. Viele der Kleingärtner sind Migranten, kommen aus der Türkei, aus Kroatien, aus Thailand, und bauen hier das Gemüse an, das sie für ihre heimische Küche brauchen. Das kann den eigenen Speiseplan sehr bereichern. Wieder andere Gärtner experimentieren gerne mit modernen Gemüsesorten. Oder mit alten. Bauen schwarze Tomaten oder violetten Blumenkohl an. Über den gegenseitigen Austausch, die Tipps von einem Gärtner zu anderen, wächst der Erfolg und man darf sich über eine ordentliche Ernte freuen. "80 Prozent der Speyerer Kleingärtner haben den grünen Daumen", ist sich Peter Weiß sicher.

Die Geschichte der Speyerer Schrebergärtner, sie beginnt früh: Die erste Kleingartenkolonie, von der man weiß, wurde hier im Jahr 1916 gegründet. Den dazugehörigen Verein gibt es offiziell seit seiner Eintragung ins Vereinsregister 1930.  Nach und nach übernahm der Verein als Generalpächter diverse, bereits bestehende Gartenanlagen von der Stadt:  das Revier „Kugelfang“, die Reviere „Kuhweide" und "Neudeck“, das Revier „Woogbach“, das Revier „Rheinhäuser Straße“ sowie die Reviere „Schwalbenbrunnen“  und „Wamm“. Insgesamt verwaltet der Verein heute in sieben Revieren insgesamt 930 Kleingartenparzellen und zwei Vereinsgaststätten.

Das Fest zum 90. Vereinsjubiläum, das im vergangenen Jahr geplant war, ist - wie so vieles andere auch - wegen Corona ausgefallen. Gerne würde man es nachholen, vielleicht im kommenden Jahr. Und dabei auch auf die Bedeutung der vielen Gartenparzellen für die Stadt  Speyer aufmerksam machen. "Was die Speyerer Kleingärtner machen, ist gut fürs Stadtklima", betont Peter Weiß. Er würde sich manchmal etwas mehr Unterstützung durch die Politik wünschen. Bei den Hochwasserproblemen im "Kugelfang" zum Beispiel.

Autor:

Cornelia Bauer aus Speyer

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