Geheimnisvolle Heimat
Der Galgen von Lingenfeld - das dunkle Mittelalter lässt grüßen

Der Galgen bei Lingenfeld | Foto: Heike Schwitalla
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Lingenfeld. Das Hängen gehört zu den ältesten Hinrichtungsarten, die man in der Geschichte kennt. In Mitteleuropa wurden Verbrecher – oder Menschen, die man dafür hielt – zuerst an Bäumen (meist Eichen aufgrund ihrer Stabilität) und später an Galgen aufgeknüpft. Unter Galgen versteht man hölzerne (später auch steinerne) Gerüste, die eigens für das Hängen errichtet wurden. Es gibt sie mit einem, zwei oder mehreren Pfosten. Galgen kann man in Mitteleuropa seit der Regierungszeit Karls des Großen nachweisen – heute erinnern vielerorts nur noch alte Flurnamen wie „Galgenberg“ oder „Hochgericht“ an frühere Standorte, die "Lost Places" und deren grausliche Geschichte.

Ein Galgen in Lingenfeld

Die Hinrichtungsorte lagen meist an Gemarkungsgrenzen, aus Gründen der Abschreckung an stark frequentierten Straßen, leicht erhöht – denn die Hingerichteten wurden häufig als Warnung lange über den Tod hinaus an den Galgen hängen gelassen. (Im Mittelalter wurde mancherorts bereits ein Diebstahl mit dem Tod durch den Strang bestraft.)
Es ist nicht unbedingt ein Fakt, mit dem man besonders gerne hausieren geht, aber Geschichte ist Geschichte – und manchmal eben auch ganz schön martialisch. Die Gemeinde Lingenfeld sagt von sich selbst, sie sei die einzige Gemeinde in Deutschland, in der es heute noch einen Hinrichtungsplatz (mit eigener Flurnummer - 2356) aus dem Mittelalter gibt.
Das so genannte „Galgenplätzel“ befindet sich auf einer Anhöhe links der L507 - wenn man Richtung Römberberg fährt. Der dort aufgestellte Galgen und die Leichen der Hingerichteten sollten den vorbeiziehenden Wanderern als mahnendes und abschreckendes Beispiel dienen – sie im wahrsten Sinne des Wortes – auf dem rechten Weg halten.
Auch heute läuft dem Betrachter ein kalter Schauer über den Rücken, hat er das hölzerne Gerüst mit dem daran aufgeknüpften Seil in den Wiesen und Feldern von Lingenfeld erst einmal entdeckt. Ein ergreifender und gleichsam furchterregender Moment, wenn man sich vorstellt, welch schreckliche Dramen sich an diesem - heute fast idyllisch wirkenden - Ort einst abgespielt haben.
Aber er wirkt auch irgendwie - auf gruselige Art und Weise - geradezu "einsatzbereit", der Lingenfelder Galgen.

Der Galgen bei Lingenfeld | Foto: Heike Schwitalla

Das Galgenplätzel - ein Ort der verlorenen Seelen

Der Lingenfelder Galgenplatz wurde 1456 erstmals urkundlich erwähnt, das Gelände gehörte damals zum Eußerthaler Klosterhof. Erst 1840 wurde das "Galgenplätzel", mit der Plannummer 2356 im Katasterregister als Besitz der Gemeinde (140 Quadratmeter) eingetragen. 1956 wurde zur Erinnerung an die Geschichte des "Galgenplätzels" an der Stelle des Galgens ein Mammutbaum gepflanzt, unter seinen Wurzeln hatte man damals eine Flasche mit Urkunde eingegraben. Jedoch überlebte der Mammutbaum nicht lange und auch die Flasche samt Urkunde verschwanden leider ebenso. Nicht wenige Lingenfelder sehen das als Anzeichen für einen Fluch, der über diesem blutgetränkten Stück Land liegt. So blieb der Name „Galgenplätzel“ über die Jahrhunderte – bis heute erhalten, das Grundstück von den direkten Anrainern unangetastet. Auch einen Galgen findet man hier noch - auch der wurde bisher vor dem Abriss bewahrt. Vielleicht auch wegen der gruseligen Geschichten, die man sich über diesen Ort erzählt?
Denn natürlich berichten die Lingenfelder allerlei Geister- und Spukgeschichten rund um das „Galgenplätzel“. So sollen in hier mondhellen Nächten, um Mitternacht die Seelen aller unschuldig Hingerichteten über den Platz schweben - bis ihre verlorene Ehre wieder hergestellt wird. Ein Ort, den man irgendwie nicht zur Geisterstunde erleben möchte....?


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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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