"Rost" Galerie Kunstfachwerk N6
                        Zwei Künstler, ein Sommerabend
        
    
                                                                                                
        
        
        
                    
                                                        
        
    
                                                                                                
        
        
        
                    
                                    
    
                                                                                                
        
        
        
                    
                    
        
    
                                                                                                
        
        
        
                    
                                    
    
                                                                                                
        
        
        
                    
                                                 
                        - Begrüßung für die Gäste der Vernissage
- Foto: b.doehler
- hochgeladen von Sven Scherz-Schade
Gut besuchte Vernissage mit Jürgen Zimmermann und Überraschungsgast Walter Jung in der Galerie Kunstfachwerk N6
Trotz flirrender Hitze und Temperaturen über 30 Grad fanden sich am Freitag (13. Juni) zahlreiche Kunstinteressierte zur Vernissage der Ausstellung „Jürgen Zimmermann: Rost“ in der Galerie Kunstfachwerk N6 in Grötzingen ein. Eingeladen hatte der Freundeskreis Badisches Malerdorf Grötzingen e.V., dessen Vorsitzender Siegfried König mit sichtbarem Stolz gleich zwei Karlsruher Künstler begrüßen konnte. Neben dem angekündigten Bildhauer Jürgen Zimmermann überraschend auch den Maler Walter Jung.
„Zwei, die sich lange kennen“, betonte König. Denn Zimmermann und Jung studierten einst gemeinsam an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Während Zimmermanns skulpturale Arbeiten im Zentrum der Ausstellung stehen, präsentiert Jung – aus gesundheitlichen Gründen nach längerer Ausstellungspause – zehn Gemälde, vorrangig Acryl auf Leinwand, als ästhetisch ruhige und doch vielschichtige Ergänzung.
Nach einem kurzen Grußwort von Grötzingens Ortsvorsteher Jens Jägle hielt der Künstlerfreund und Wegbegleiter Jost Schneider eine ebenso launige wie tiefgründige Laudatio auf Zimmermanns Werk. Dessen titelgebende Wandskulptur „Rost“ – acht stark verwitterte, rötlich-braune Metallplatten – erscheint wie ein Relikt aus einer archaischen Zukunft. Jahrelang der Witterung ausgesetzt, hat Zimmermann das Material regelrecht „gepflegt“, bis die Oxidation selbst zu gestalten begann. „Der blanke Stahl von heute ist der Rost von morgen“, so Schneider, der mit einem Seitenblick auf die politischen Versprechungen vergangener Jahrzehnte deutlich machte: Auch gesellschaftliche „Oberflächen“ korrodieren.
Zimmermanns Werk lebt vom Unerwarteten: In der Skulptur von 1988 „König und Königin“ thronen zwei vergoldete Figürchen auf einem einfachen Topfreiniger. Es ist ein ironisches Spiel mit Macht, Alltag und Repräsentation. Wer macht hier den Abwasch? Auch seine Bilderrahmen-Skulpturen, die sich scheinbar verflüssigen, oder die mit Blattgold verzierte Blitz-Skulptur „Bei Zeus“ entfalten eine surreale Wucht. Zwischen Banalem und Metaphysischem lässt Zimmermann die Grenzen verschwimmen, und zwar nicht ohne Provokation. Muss man das ernst nehmen? Oder darf man lachen? Vielleicht beides zugleich?
Ein ruhiger Kontrapunkt sind da die Arbeiten von Walter Jung. Sie zitieren zum Beispiel dekorative Motive wie Kachelwände aus Malaga oder Kreuzband-Teppichmuster. Doch auch hier lauert unter der Oberfläche mehr als bloße Zierde. Im Gemälde „Teppich“ etwa verweben sich Muster mit Körperlichem. Nackte Beine und Füße ruhen auf den Ornamenten. Dekor trifft hier auf Sinnlichkeit, ohne sich je ganz erklären zu lassen.
Gerade in einer Zeit globaler Unsicherheiten mögen diese „eigensinnigen“ Positionen irritieren. Doch darin liegt wohl ihre Kraft. Schneider fasste es in einem paradoxen Bild zusammen: „Allein der Solitär bleibt solidarisch.“ Und er zitierte Walter Jung: „Kunst muss ins Leben gehen und alles riskieren.“
Die Besucher der Vernissage konnten sich am Abend bei kühlem Crémant und lebhaften Gesprächen ein Bild davon machen, was dieser künstlerische Eigensinn zu sagen hat und wie sehr er berühren kann. Im Karlsruher Stadtteil Grötzingen steckt künstlerische Kraft und kulturelle Tiefe. Das zeigt die Ausstellung eindrucksvoll. In der „historischen Künstlerkolonie“ ist das kulturelle Leben bedeutend und lebendig.
Die Ausstellung „Jürgen Zimmermann: Rost“ mit Arbeiten von Jürgen Zimmermann und Walter Jung ist noch bis zum 20. Juli 2025 in der Galerie Kunstfachwerk N6 (Niddastraße 6 in 76229 Karlsruhe-Grötzingen) zu sehen. Öffnungszeiten: sonntags von 14 bis 18 Uhr. Am Sonntag, 13. Juli, um 16 Uhr lädt Jost Schneider zu einer öffentlichen Führung mit vertiefenden Einblicken ein.
 
                         
                         
                        | Autor: Sven Scherz-Schade aus Karlsruhe | 
 
                         
                         
                         
                         
                         
                         
                         
                         
                         
                         
                        
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