Sehenswertes Ibsen-Drama „Der Volksfeind“ am Pfalztheater
Eine Frage des Geldes

Jan Henning Kraus (li.) als Bürgermeister und Stefan Kiefer als sein Bruder und Kurarzt | Foto: Pfalztheater / Heieck
  • Jan Henning Kraus (li.) als Bürgermeister und Stefan Kiefer als sein Bruder und Kurarzt
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Wie alltagstauglich sind Ideale? Und wie wird man vom Gutmenschen in kurzer Zeit zum Volksfeind? Welche Rolle spielen Medien? Und wer bestimmt, was dem Gemeinwohl dient? Diesen Fragen geht das Pfalztheater mit dem Schauspiel von Henrik Ibsen nach - zeitlos, aktuell und spannend. Man fühlt sich während des Zuschauens wie im wahren Leben (Ähnlichkeiten wären natürlich rein zufällig). Prädikat: unbedingt sehenswert.

Kurarzt Dr. Stockmann (Stefan Kiefer), geschätzt und beliebt, kommt der Ursache von sich häufenden Erkrankungen unter den Kurgästen auf die Spur. Laboranalysen haben ergeben, dass das vermeintlich heilsame Wasser durch Abwässer der heimischen Industrie verunreinigt ist. Ein wissenschaftliches Gutachten bestätigt seine Vermutungen. Nun gilt es zu handeln. Sein erster Schritt ist die Information seines Bruders (Jan Henning Kraus), der Bürgermeister des Kurstädtchens ist. Er soll zum Wohle der Menschen und ihrer Gesundheit handeln. Doch es kommt ganz anders...

Die Honoratioren der Stadt, allen voran Stockmanns eigener Bruder, wollen die Entdeckung des Arztes vertuschen. Lieber nehmen sie das Risiko in Kauf, dass die Badegäste erkranken, als die investierten Mittel abzuschreiben, denn ein Umbau des Wasserkanals würde nicht nur Millionen kosten, sondern auch zu einer mehrjährigen Schließung des Kurbetriebs führen. So kommt der Kurarzt nicht zum Erfolg. Also zieht er das nächste Register: er will an die Öffentlichkeit gehen und findet in den Redakteuren des „Volksboten“ und in einigen Bürgern Unterstützung. Dann kontert sein Bruder jedoch mit einem Gegengutachten und schnell verharmlost auch die Presse das verseuchte Wasser. Die Aktionäre des Kurbades, vertreten durch Aslaksen (Rainer Furch), fürchten finanzielle Konsequenzen und machen ihre Einfluss geltend. Die Stimmung schlägt um und Stockmann wird vom eigenen Bruder zum Volksfeind erklärt. Doch der inzwischen entlassene Kurarzt macht unbeirrt weiter und organisiert eine Bürgerversammlung. Diese ist Klasse inszeniert. Nach der Pause ist die Bühne die Bühne und die Zuschauer sind die Bürger, unter die sich Schauspieler des Pfalztheaters gemischt haben. Eine muntere Diskussion beginnt. Doch Stockmann macht einen Fehler: er verliert seine Gegner aus dem Auge und beschimpft die ganze Bevölkerung. Man entzieht ihm das Wort und am Ende hat er fast jeden gegen sich. Als man seiner eigenen Tochter kündigt und seinem letzten Verbündeten, Kapitän Horster (Oliver Burkia), auch noch seine existenzielle Grundlage entzieht und der Gerbermeister, Pflegevater seiner Ehefrau Katrin, deren Altersversorgung erpresserisch in Frage stellt, und damit auch Stockmanns Existenz bedroht, hat er keine Chance mehr. Wer mit seinen Idealen die Geldbeutel der anderen bedroht, hat offensichtlich keine Chance. Und damit scheinen Ideale auch nicht alltagstauglich.

Dr. Stockmann kämpft ehrlich, mutig und selbstbewusst für das Wohl seiner Stadt und seiner Bürger. Mancher wirft ihm Blauäugigkeit vor, aber ist es nicht toll, wenn eine Gesellschaft Menschen hat, die sich engagieren, ohne den eigenen Vorteil im Blick zu haben? Genau das arbeitet Schauspieldirektor und Regisseur Harald Demmer beeindruckend und im Hier und Jetzt heraus. Ein modernes Bühnenbild, zeitgemäße Kleidung, und das (neben der tollen Ensembleleistung) von Stefan Kiefer und Jan Henning Kraus fantastisch gespielte Brüderpaar machen das Stück zu einem spannenden Abend. Mühelos könnte wohl jeder im Publikum den Akteuren auf der Bühne ein Pendant im echten Leben zuordnen. Und genau das macht das Ibsen-Stück auch nach über 130 Jahren noch so zeitlos aktuell.

Autor:

Petra Rödler aus Kaiserslautern

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