Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt innerhalb der Evangelischen Kirche

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Speyer. Nach intensiver Vorarbeit beginnt die Regionale Unabhängige Aufarbeitungskommission (URAK) Südwest ihre Arbeit. Die Kommission ist zuständig für die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt innerhalb der Evangelischen Kirchen in Baden und der Pfalz sowie ihrer beiden Diakonischen Werke. Die Kommission soll das Ausmaß sexualisierter Gewalt feststellen, die Strukturen analysieren, die sexualisierte Gewalt ermöglichen oder begünstigen, und beteiligten Institutionen Empfehlungen zur Prävention und Aufarbeitung geben.

Ein zentrales Element der URAK-Arbeit ist die Beteiligung von Betroffenen, um sicherzustellen, dass ihre Erfahrungen und Bedürfnisse in den Aufarbeitungsprozess einfließen.

Unabhängigkeit und Zusammensetzung

Die ehrenamtliche Kommission besteht aus sieben Mitgliedern mit unterschiedlichem Fachwissen und Erfahrungshintergrund. Sie wurde von den Leitungsorganen der Kirche und Diakonie für eine vierjährige Amtszeit berufen. Zwei Mitglieder stammen aus dem Kreis der Betroffenen und wurden von der Betroffenenvertretung benannt, die sich im Januar 2025 im Südwesten mit insgesamt acht Personen konstituiert hat. Zwei weitere Mitglieder vertreten Kirche und Diakonie. Ergänzt wird die Kommission durch drei externe Expert*innen, die von den Landesregierungen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz unabhängig benannt wurden. Die Expertin und Experten tragen gesellschaftliche Verantwortung und bringen Fachexpertise aus Bereichen wie Rechtswissenschaft, Geschichtswissenschaft, Soziologie und Pädagogik mit. Aus diesem Kreis wird auch die / oder der Vorsitzende der Kommission gewählt.

Die Unabhängigkeit der Kommission wird durch ihre weisungsfreie und autonome Arbeitsweise betont. So dürfen nie mehr als die Hälfte der Mitglieder aus den Reihen von Kirche und Diakonie kommen.

Stimmen aus der Kommission

Christel Knopp, eine der beiden Betroffenenvertreterinnen, hebt die Bedeutung der Arbeit hervor: "Die Erinnerungen an das, was uns widerfahren ist, verschwinden nicht einfach. Es geht nicht nur um Entschädigungen, sondern darum, dass unsere Geschichten gehört und anerkannt werden. Ich möchte, dass Wahrheiten ausgesprochen werden und Verantwortliche nicht mehr relativieren können."

Detlef Placzek, externer Experte und ehrenamtlicher Opferbeauftragter der Landesregierung Rheinland-Pfalz, unterstreicht die Notwendigkeit einer konsequenten Aufarbeitung: "Mir ist es wichtig, dass wir in der URAK die Missstände der Vergangenheit aufarbeiten und gemeinsam daran arbeiten, dass sich so etwas nicht wiederholt. Das sind wir den Betroffenen schuldig."

Helmut Perron, ehemaliger Präsident des Landgerichts Heidelberg, betont den strukturellen Aspekt: "Wir müssen herausfinden, ob es spezifische Strukturen und Haltungen im kirchlichen Umfeld gibt, die sexualisierte Gewalt ermöglicht oder ihre Aufdeckung erschwert haben."

Prof. Dr. Sylvia Schraut, Historikerin mit Schwerpunkt Sozial- und Genderforschung und Leiterin des Projekts zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Speyer, hebt die Notwendigkeit der Prävention hervor: "Prävention kann nur wirksam sein, wenn wir die Fehler der Vergangenheit verstehen und benennen. Das erfordert eine umfassende Analyse der Strukturen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, die Missbrauch begünstigt oder vertuscht haben."

Auch die beteiligten Institutionen bekräftigen ihre Verantwortung. So erklärt Beatrix Vogt-Wuchter, Vorständin der Diakonie Baden: "Kirche und Diakonie müssen sich ihrer institutionellen Verantwortung stellen. Es reicht nicht, Fehler einzugestehen – wir müssen daraus lernen, um Betroffenen Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und künftiges Leid zu verhindern."

Dorothee Wüst, Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche der Pfalz sagt: „Es ist unsere Pflicht, alles zu tun, um sexualisierte Gewalt im Raum von Kirche und Diakonie jetzt und zukünftig zu verhindern. Die Arbeit der URAK Südwest ist dabei ein zentraler Baustein, in den ich viel Hoffnung setze.“

Strukturierte Aufarbeitung auf bundesweiter Ebene

Die Gründung der URAK Südwest ist Teil einer bundesweiten Initiative der Evangelischen Kirche und Diakonie. Insgesamt wurden neun unabhängige regionale Aufarbeitungskommissionen ins Leben gerufen, die nach gemeinsamen Standards arbeiten. Diese wurden in einer Erklärung zwischen der Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sowie der Diakonie Deutschland Ende 2023 festgelegt. Die Kommissionen setzen die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie fort, die durch die Aufarbeitungsstudie "ForuM" (2024) intensiviert wurde.

Ausblick

Die Arbeit der URAK Südwest wird durch eine Geschäftsstelle koordiniert, die die Kommission unterstützt und die Beteiligung von Betroffenen begleitet. Die Kommission wird in den kommenden Monaten erste Analysen durchführen und sich mit Betroffenen sowie weiteren relevanten Akteuren und Akteurinnen austauschen.

Christa-Marie (Pseudonym), die zweite Betroffenenvertreterin, fasst die Aufgabe der Kommission treffend zusammen: "Ich will als Mitglied der URAK konstruktiv an der Aufarbeitung mitwirken und meine Erfahrungen nutzen, um Licht ins Dunkel zu bringen." red/bas

Autor:

Charlotte Basaric-Steinhübl aus Ludwigshafen

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