Schülerinnen der IGS Rülzheim sind Bundessieger im Europäischen Wettbewerb
"Selbstbewusstsein ist das stärkste Mittel gegen den Druck der Gesellschaft"

Marionette of Society | Foto: Screenshot
2Bilder

Rülzheim. Die IGS Rülzheim kann stolz sein - und ist es auch: Zwei Schülerinnen des diesjährigen Abitur-Jahrgangs sind gerade Bundessieger "Medien"  im Europäischen Wettbewerb zum Thema "Körperkult(ur)" geworden. Jessica Berngard, 18 Jahre alt und Lena-Rafaela Cichon, 19 Jahre, haben sich in dem Film "Marionette of Society" mit dem Thema Schönheitswahn und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Druck auf junge Menschen beschäftigt.
Schon immer war es besonders für junge Menschen schwer, den gesellschaftlich Erwartungen Stand zu halten und gerecht zu werden, aber gerade in einer Zeit von sozialen Netzwerken, digitalen Medien und so genannten Influencern wird es immer schwieriger, Individualität und Eigenständigkeit zu beweisen.
"Die Inszenierung des Körpers hat in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung gewonnen – der alltägliche Schönheitskult mit Waschbrettbauch, Tätowierung und Schönheitschirurgie spiegelt diese Entwicklung ebenso wider wie gelockerte Dresscodes und der Umgang mit Geschlechterrollen. Mache die gesellschaftlichen Auswirkungen sichtbar." - so die Wettbewerbsvorgabe, die die zwei Abiturientinnen nach Meinung der Jury in der Kategorie "Medien" bundesweit am besten gelöst haben. "Die Schülerinnen lösen mit ihrem Meisterwerk alle Diskussion über unseren Körperkult und unsere Körperkultur auf, indem sie die Zerrissenheit unseres Selbsts in ihrem modern interpretierten ballettartigen Stück medialisieren. Sie gehen ihrer Leitfrage nach, ob die „Marionette of Society“ ein Spiegelbild unseres Selbsts ist. Ihre Inszenierung des Körpers zeigt in hohem Maße den in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung gewonnen Körperkult und stellt diesen inneren Verwerfungen gegenüber",  sagt die Bundesjury über die Arbeit der zwei Mädchen, die auch sonst in ihrer Freizeit gerne kreativ sind. 

 Lena-Rafaela Cichon und Jessica Berngard | Foto: privat/Schwitalla
  • Lena-Rafaela Cichon und Jessica Berngard
  • Foto: privat/Schwitalla
  • hochgeladen von Heike Schwitalla

"An unserer Schule nehmen die Schüler jedes Jahr an dem Europäischen Wettbewerb teil. Dabei sind die Projekte, für den Wettbewerb, Teil der praktischen Note im Kunstunterricht. Demnach war das nicht unsere erste Teilnahme am europäischen Wettbewerb. Auch nicht die erste erfolgreiche. Jedoch immer nur allein, als Gruppe zusammen war es das erste Mal", berichtet Lena.
Auf das schwierige Thema und die ungewöhnliche Umsetzung angesprochen, sagt Jessica: "Die Kategorie Körperkultur stellte aus die Aufgabe uns mit dem Thema Schönheit zu befassen. Somit setzten wir uns mit diesem Thema auseinander und überlegten, was uns wichtig dazu ist und suchten nach der passenden Umsetzung. Nach langer Überlegung kam Lena auf die Idee unseres finalen Projektes, der ich nur zustimmen konnte." 
Im Projekt mitgewirkt haben fünf Freunde der Mädchen, drei als Statisten und zwei hinter der Kamera. "Als Unterstützung hatten wir auch das Team des 'Chawwerusch Theaters' in Herxheim, das uns einen Drehort zur Verfügung gestellt hat. Für die Unterstützungen sind wir sehr dankbar. Ohne die wäre unser Film nicht derselbe", so beide Mädchen unisono.

Marionette of Society

Entstanden ist ein rund drei-minütiger Film, in dem ein Mädchen, gespielt von Jessica Berngard selbst,  wie eine Marionette von anonymen Gestalten (Freunde der zwei Mädchen) bewegt wird. Dargestellt wird der Kampf des Individuums mit und gegen die Vorgaben und Erwartungen der Gesellschaft. "In unserer Arbeit kritisieren wir nicht das Individuum, welches sich seiner Freiheit berauben lässt, sondern die Gesellschaft, die sich das Recht nimmt dem Individuum die Freiheit zu nehmen. Jeder Einzelne sollte die Möglichkeit haben sich nach seinen Vorstellungen frei zu entwickeln und diese auch nach außen hin zu zeigen. Jedoch passiert es immer noch, dass Menschen dem Druck der Gesellschaft nachgeben und sich in ihrer eigenen Entwicklung aufhalten. Dieses Problem wollen wir in unserer Arbeit „Marionette of Society“ darstellen", fasst Lena zusammen.

Ein bedeutendes Element des ballettähnlich inszenierten Filmes ist die dramatische Musik. "Die Musik ist von Secession Studios `One Hundred Strings`. Bei der Auswahl der Musik war mir wichtig, dass es was Dramatisches ist, etwas, was die Gefühle der Marionette zum Ausdruck bringt. Geigenmusik kann zum Ausdruck vieler Emotionen genutzt werden. Von traurig bis glücklich, aber am besten für Dramatik, meiner Meinung nach. Also war von vorneherein klar es wird Geigenmusik im Hintergrund spielen. Davon abgesehen, dass der Titel perfekt zu unserer Story passt, stimmt auch die Melodie, die Veränderung der Geschwindigkeit innerhalb des Liedes, der Bass, die Gefühle die erweckt werden. Im Prinzip könnte man sagen unser Film ist auch ein Musikvideo für dieses Stück, denn jede Bewegung unserer Schauspieler ist an das Lied angepasst. Bei der Erstellung des Skripts wurde jede Sekunde bis zum nächsten Takt oder zum nächsten Bass gezählt und was in diesen Sekunden möglich ist.Zusammengefasst ist die Musik, welche in unserem Film spielt, das ausschlaggebende. Ohne sie wäre der Film nicht halb so gut oder mitreißend", erklärt Lena die künstlerischen Ideen hinter dem Clip.

Auf die Frage, was ihnen die Teilnahme am Wettbewerb und die Auseinandersetzung mit einem solch bedeutenden Thema persönlich gebracht hat, antworten die beiden Rülzheimer Abiturientinnen:
Jessica: "Wir haben gelernt, dass hinter der Umsetzung einer solchen Idee eine Menge Arbeit steckt und ohne die Unterstützung unserer Freunde (Kamera, Statisten) wäre das Endprodukt nicht das was es jetzt ist. Neben kreativen Köpfen, braucht es auch die nötige Ausrüstung um solche Projekte so ansprechend und interessant wie möglich zu gestalten. Wir sind dankbar für die Herausforderungen die uns begegnet sind, und die Erfahrungen die wir sammeln konnten. Wir glauben, dass jeder von uns in irgendeiner Form negative Erfahrungen mit dem Thema  `Schönheit` gemacht hat. Wir leben in einer Welt in der Schönheitsideale unsere Gesellschaft beherrschen und uns überall verfolgen. Gerade in einer digitalisierten Welt wie heute werden wir durch Werbung und den sozialen Medien schnell unterbewusst beeinflusst. Diese Beeinflussung, auf das Individuum, wollten wir darstellen und so floss es in das Projekt rein."
"Die Auseinandersetzung mit dem Thema war nichts Neues. Wir selbst sehen uns nicht in dem Kreis der Instamodels und der `Ich muss so aussehen wie die auf dem Vogue-Cover`- Menschen. Wie kann ein Leben in der eigenen Haut schön und erfüllend sein, wenn man Angst hat seine Makel zu zeigen. Jeder hat sie, ob innerlich oder äußerlich und daran ist nichts verwerfliches, das hab ich schon früh gelernt. Dann hast du halt mal einen Pickel auf der Stirn, was ist schon dabei? Oder Sommersprossen im Gesicht? Lern sie zu lieben, andere lassen sie sich tätowieren! Ein paar Kilo mehr als die Victorias Secret Models? Wen interessiert es? Und selbst wenn es jemanden interessiert, und du erfährst Diskriminierung für dein Aussehen, dann sei stark genug zu sagen `Ich liebe mich so wie ich bin`. Selbstbewusstsein ist das stärkste Mittel gegen den Druck der Gesellschaft. Es ist jedoch schwer, welches aufzubauen und es dann auch zu behalten. Deshalb hat unser Film kein Happy End. Sie wird niedergedrückt, sie kann den Blicken in der Fußgängerzone nicht standhalten, die blöden Sprüchen in der Schule/auf der Arbeit nicht mehr ignorieren, ihr Selbstbewusstsein ist zerstört, sie muss sich dem Willen der Gesellschaft hingeben. Das ist bittere Realität für das Leben vieler Menschen. Sie können ihr Inneres nicht nach Außen zeigen, aus Angst dafür diskriminiert zu werden. Und genau diese Menschen sind die Gruppe die wir Ansprechen wollen. Menschen die das Gefühl kennen auf den Boden gezehrt zu werden, metaphorisch", sagt Lena.

Reaktionen in der Schule

"Lehrer und Schüler, die das Projekt gesehen haben, waren begeistert und haben uns nur positives Feedback gegeben. Unsere Kunstlehrerin war sprachlos", sagen die zwei ehemaligen Schülerinnen der IGS Rülzheim. Und auch dem Direktor Jürgen von Randow ist der Stolz deutlich anzumerken: "Mit `Darstellendes Spiel, Bildende Kunst und Musik` hat unsere Schule einen speziellen Schwerpunkt, der gut und sehr interessiert von der Schülerschaft aufgenommen wird. Beide Schülerinnen sind daher nicht nur in Kunstunterricht aufgefallen, sondern haben sich durch diese Projekte und Wettbewerbe hervorgetan. Da das Thema mehr als schwer war und von der Lernthematik fächerübergreifend behandelt wurde, war das ein Punkt, der zeigt, wie wichtig bildnerische Darstellung ist, um Sachverhalte näher beleuchten zu können. Mit Stolz erfüllt es mich als Schulleiter, wenn wir solche Preise erhalten. Doch größer als mein Stolz für die Damen, ist die Freude und die Nachhaltigkeit der Leistung, die die beiden Schülerinnen erfahren, wenn die Schulgemeinschaft sich mit ihnen freut."

Marionette of Society | Foto: Screenshot
 Lena-Rafaela Cichon und Jessica Berngard | Foto: privat/Schwitalla
Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

Heike Schwitalla auf Facebook
following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

87 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

RatgeberAnzeige
Körperliche Aktivität während und nach einer Krebstherapie hat einen positiven Einfluss auf die Heilung | Foto: karrastock/stock.adobe.com
4 Bilder

Rehabilitationssport nach einer Krebstherapie ist gut für Körper und Seele

Rehasport nach Krebs. Körperliche Aktivität während und nach einer Krebstherapie hat einen positiven Einfluss auf die Heilung. Das belegen mehrere internationale Studien. Dass dafür ein moderates Training völlig ausreicht, haben Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum und der Harvard-Universität jüngst herausgefunden. Bereits wenige Stunden körperlicher Aktivität helfen, die Überlebenschancen deutlich zu verbessern. Tanz- und Bewegungstherapeutin Tanja Leiser hat eine...

Wirtschaft & HandelAnzeige
Fensterbau Speyer: Fenster sind nicht nur ein wichtiges Gestaltungselement, die richtigen Fenster sparen auch Heizkosten und sorgen für mehr Sicherheit - Beratung gibt's beim Fensterbauer im Meisterbetrieb Piller in Speyer | Foto: Wirestock/stock.adobe.com
3 Bilder

Fensterbau Speyer: Alte Fenster lassen kostbare Energie nach außen entweichen

Fensterbau Speyer. Fenster sind viel mehr als bloße funktionstechnische Einrichtungen und Fassadenöffnungen. In ihnen offenbart sich ebenso wie in Türen und Rollladen der Charakter eines Hauses. "Fenster sind die Augen der Häuser." Das hat der französische Schriftsteller Jules Amédée Barbey d’Aurevilly bereits im 19. Jahrhundert festgestellt.  Um dieses charakterbildende Element kümmert man sich seit mehr als 30 Jahren bei der Piller GmbH in Speyer in Rheinland-Pfalz. Unterschiedliche...

RatgeberAnzeige
Physiotherapie für Kinder: Bereits die Allerkleinsten profitieren von einer Behandlung, damit sie später im Leben keine Fehlstellungen oder Bewegungsstörungen bekommen | Foto: Therapiezentrum Theraneos
3 Bilder

Physiotherapie für Säuglinge, Kinder und Jugendliche in Speyer

Physiotherapie für Kinder. Auch Säuglinge müssen manchmal zur Therapie, damit sie später im Leben keine Fehlstellungen oder Bewegungsstörungen bekommen. Es gibt spezifische motorische Meilensteine; sind diese verzögert, kann eine Behandlung erforderlich sein. Physiotherapie für Kinder ist eine Therapieform, die sich auf die Förderung der Bewegungsfähigkeiten des Kindes bezieht. Der Schwerpunkt der Behandlung liegt auf der körperlichen Entwicklungsförderung und dem Ausgleich von eingeschränkten...

RatgeberAnzeige
Im Friedwald Dudenhofen gibt es unterschiedliche Baumgräber für verschiedene Bedürfnisse: für Familien oder Freundeskreise, für Partner, aber auch für alleinstehende Menschen. | Foto: Trauerhilfe Göck/isaworks
5 Bilder

Friedwald Dudenhofen: Die alternative Bestattung inmitten der Natur

Friedwald Dudenhofen. Wer sich schon zu Lebzeiten im Wald wohl fühlt, der möchte dort vielleicht auch seine letzte Ruhestätte finden. Individuelle Bestattungen im Wald sind eine immer beliebter werdende Alternative zum Grab auf einem konventionellen Friedhof. Auch in Rheinland-Pfalz. Die Asche des Verstorbenen ruht in biologisch abbaubaren Urnen an den Wurzeln eines Baumes, inmitten der Natur. Das ist auf der einen Seite idyllisch, auf der anderen praktisch: Die Natur übernimmt die Grabpflege....

Wirtschaft & HandelAnzeige
Freude in Form von Weck und "Worschd" brachte das Team auch zu den Menschen bei der Tafel in Speyer | Foto: Mein Pflegeteam Hochdörffer
7 Bilder

Mein Tag: Unerwartet frei, um anderen eine Freude zu bereiten

Mein Tag. Die Aktion hat sich verselbständigt und ist zu einer richtigen Erfolgsgeschichte geworden. Mehr noch als Sabrina und Jürgen Hochdörffer von "Mein Pflegeteam" in Speyer das vorhergesehen haben, als sie "Mein Tag" als Zeichen der Wertschätzung für ihre Mitarbeiter in ihrem Team ins Leben gerufen haben. Doch was ist das überhaupt, "Mein Tag"? Einmal im Jahr wird jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter bei "Mein Pflegeteam" überrascht: Morgens kommt er oder sie ganz normal zum Dienst und...

Wirtschaft & HandelAnzeige
Küche & Co in Speyer verwirklicht Küchenträume. | Foto: Küche & Co Speyer

Küche & Co Speyer: Eine Küche fürs Leben

Speyer. Das Küchenstudio Küche & Co in Speyer möchte seinen Kunden Küchen fürs Leben realisieren: Küchen, in denen man sich wohl fühlt, die zu einem passen und denen man lange treu bleibt. Entsprechend anspruchsvoll dürfen die Kunden sein, die sich von Inhaber Hans-Jürgen Dolezal und seinem Team ihre neue Küche verwirklichen lassen. Welches Design? Die Küche muss zu den Kunden passen: Welches Design wird bevorzugt? Eine moderne Küche, eine Designküche, eine Landhausküche oder doch lieber eine...

Online-Prospekte aus Rülzheim und Umgebung



add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.