Geheimnisvolle Heimat
Die Schmuggler von Leimersheim

Das Schmugglerkreuz in Leimersheim | Foto: Heike Schwitalla
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Leimersheim. Die Leimersheimer Schmuggler haben es in der Region schon zu einem beachtlichen Bekanntheitsgrad gebracht: Über sie gibt es Bücher, zu ihrem Gedenken werden Feste gefeiert, touristische „Schmugglertouren“ am Rhein veranstaltet.
Auf dem Friedhof in Leimersheim erinnert das „Schmugglerkreuz“ an eine legendäre Nacht vom 14. November 1811, den Wendepunkt der Leimersheimer Schmuggel-Geschichte. Von dort startet übrigens auch ein Geocache, der nicht nur einer modernen Schatzsuche gleicht, sondern ebenfalls die Geschichte der Leimersheimer zum Inhalt hat.

friedlich sieht er aus, der Rhein bei Leimersheim - früher war das mal anders, so zeigt es die Geschichte der Leimersheimer Schmuggler | Foto: Heike Schwitalla
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Aber was genau hat es denn nun mit den Schmugglern auf sich, was ist ihre Geschichte?

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts herrschten in Leimersheim nicht gerade die einfachsten Lebensumstände. Das linkshreinische Land wurde seit 1801 von Frankreich regiert, das rechtsrheinische von den Markgrafen (Herzöge) Karlsruhe-Durlach. Für Leimersheim, das damit direkt an der deutsch-französischen Grenze lag, galt somit die französische Außenhandelsgesetzgebung, die Schmuggel – also die illegale Aus- und Einfuhr von Waren, sowie deren Verkauf – als Staatsbetrug unter Strafe stellte. Am Rhein in Leimersheim errichteten die Franzosen deshalb 1802 eine Zollstation an der Fähre – damals „Fahr“ genannt. Da es in dieser Gegend, zu dieser Zeit schwer war, seinen Lebensunterhalt mit ehrlicher Arbeit zu verdienen, blühte irgendwann der Schmuggel von und nach Baden. Schließlich fühlte man sich den „anderen Deutschen“ über dem Rhein wesentlich näher als den fremden Franzosen. Die Mehrheit der Bevölkerung in Leimersheim mochte deshalb die Zöllner nicht, weil die – so war die allgemeine Meinung - die fleißige Bevölkerung nur daran hinderten, ihr finanzielles Auskommen zu sichern.
Ab 1810 verstärkten die französischen Behörden ihren Kampf gegen die Schmuggler aus Leimersheim und den anderen Dörfern am Rhein sogar noch, es kamen mehr Beamte und Soldaten zum Einsatz, der Schmuggel jedoch nahm kein Ende. Man sagte den Leimersheimer und Neupotzer Schmugglern ganz besonderen Mut und sogar ein klein bisschen „Frechheit“ im Umgang mit den Franzosen nach - heute würde man sagen, sie waren richtig  "bad-ass". Dementsprechend schlecht war die Stimmung unter den französischen Zollbeamten.

Was ist passiert in der Nacht vom 14. auf den 15. November 1811?

Umso mehr muss es die gefreut haben, als sie Anfang November 1811 einen Tipp bekamen, der besagte, dass in der Nacht vom 14. auf den 15. November eine große Menge Schmuggelgut (Leinsamen) in Leimersheim eintreffen solle. Die Wachen wurden noch einmal verstärkt, man wollte die Leimersheimer Schmuggler auf frischer Tat ertappen. Aber es kam ganz anders und ziemlich dramatisch: Als die französischen Zöllner, die am badischen Ufer angekommenen Schmuggler überraschen wollten, wurden sie beschossen. Ein französischer Zollbeamter namens Peter Hollander starb, zwei seiner Kollegen wurden schwer verwundet. Die Zöllner traten den Rückzug an. Die Verwundeten wurden in Leimersheim vom französischen Militärarzt versorgt, später in ein französisches Krankenhaus gebracht. Hollanders Leichnam wurde mit Genehmigung des Herzogtums Baden in Linkenheim bestattet.

Natürlich wurde nach dem tragischen Vorfall in Leimersheim ermittelt. Man wollte herausfinden, wer die Schmuggler waren. Schnell fiel der Verdacht auf fünf Dorfbewohner, die erst am Vormittag des 15. November nach Leimersheim nach Hause kamen. Obwohl sie ihre Unschuld beteuerten, wurden sie verhaftet. Erst eine Woche später, am 23. November, gestand ein gewisser Jean Ziemer den Schmuggel des Leinsamens und die Existenz einer Schmugglervereinigung, der zwölf Männer angehörten.

Das Schmugglerkreuz in Leimersheim  | Foto: Heike Schwitalla
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Es kam heraus, dass die Gruppe bereits seit 1801 aktiv war und als Bestärkung ihres Geheimbundes, als Zeichen ihrer Verschwiegenheit ein Kreuz aus Sandstein auf dem Leimersheimer Friedhof hatte errichten lassen, das sogar vom Leimersheimer Pfarrer geweiht worden war. Man geht deshalb auch davon aus, dass dieser einer der wenigen Dorfbewohner war, die in die illegalen Machenschaften eingeweiht waren - obwohl man annehmen darf, dass die Mehrheit der Leimersheimer von der nicht ganz legalen Einnahmequelle der jungen Männer wusste und diese auch tolerierte.
Es gibt auch Leimersheimer, der erzählen, man sei den Schmugglern überhaupt erst auf die Schliche gekommen, weil sie ein Kreuz mit ihren Namen darauf errichtet hatten. Der damalige Pfarrer habe sie dazu überredet, weil er von ihren Einkünften wusste und ein schmuckes Kreuz für den Kirchhof wollte. Man wird wohl nie erfahren, welche Version der Geschichte die korrekte ist.

Das Ende der Schmuggel-Geschichte

Die Franzosen nahmen alle Mitglieder der Bande gefangen und brachten sie 27. November aus Leimersheim weg: Die zwölf Männer sollen an einem Seil zusammengebunden demonstrativ  aus dem Dorf abgeführt worden sein. Sie wurden verurteilt und kamen ins Gefängnis nach Straßburg. Aufgrund der schlechten Haftbedingungen starben dort zwei der Schmuggler, die Überlebenden kehrten erst 1814 nach Leimersheim zurück. Der mutmaßliche Anführer der Schmuggler, Jean Ziemer, wurde wegen Mordes zum Tode verurteilt und am 20. Oktober 1812 in Straßburg durch die Guillotine hingerichtet - und das, obwohl er über den genauen Tathergang schwieg. Bis heute weiß niemand genau, wer den Schuss auf Hollander wirklich abgegeben hat.
Einziger bleibender Zeuge dieser Ereignisse und dieser bewegten Zeiten ist immer noch das Sandsteinkreuz, das in den 1950er Jahren an seinen heutigen Platz auf dem Friedhof von Leimersheim, versetzt worden war.


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Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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