Billions and Bones: Philipp Czaya taucht ein in die dunkle Welt des illegalen Wildtierhandels
- Czaya mit seinem neuen True-Crime-Thriller "Billions and Bones".
- Foto: Philipp Czaya
- hochgeladen von Eva Bender
Neustadt. Philipp Czaya erzählt Geschichten, die man nicht mehr loswird. Bevor er Autor wurde, studierte er Filmproduktion und arbeitete im Film- und Werbebereich – vielleicht kommt daher sein Blick für starke Bilder und filmische Dramaturgie. Nach Isegrim, seinem autobiografisch geprägten Roman über die Freundschaft zu fünf Wölfen – und darüber, wie Vertrauen und Angst ein Leben komplett wenden können –, wendet er sich nun einem deutlich härteren Stoff zu. Mit Billions and Bones führt er seine Leser in die dunkle Welt des illegalen Wildtierhandels. Dreieinhalb Jahre lang hat er dafür recherchiert, mit Interpol-Ermittlern, Rangern und Insidern gesprochen.
Im Interview berichtet Czaya, wie gefährlich seine Recherche wurde, wo Realität in Fiktion übergeht – und warum er gerade dieses Thema aufgreift.
Ein Gespräch mit Philipp Czaya – geführt von Eva Bender.
??? Nach Isegrim kommt jetzt Billions and Bones – ein harter Bruch, oder? Vom Wolfsrudel mitten rein in den illegalen Wildtierhandel. Wie kam’s dazu?
Czaya: Das ist tatsächlich eine spannende Geschichte. Einen Teil der Einnahmen aus meinem ersten Buch Isegrim habe ich an verschiedene Wildtierorganisationen gespendet – unter anderem an Tierart e.V. in Maßweiler bei Pirmasens, eine Auffangstation für exotische und heimische Wildtiere. Dort leben auch mehrere Tiger. Und genau da habe ich die Patenschaft für die Tigerin Cara übernommen.
Cara stammt aus dem illegalen Wildtierhandel in Neapel. Die Camorra – also die italienische Mafia – hatte sie als Haustier gehalten. Während einer Razzia wurde sie entdeckt und später nach Deutschland gebracht. Und spätestens, als ich die Patenschaft übernommen hatte, war für mich klar: Der illegale Wildtierhandel wird mein nächstes großes Thema.
??? Kannst du uns kurz erzählen, worum es in Billions and Bones geht, ohne zu viel zu verraten?
Czaya: Das Buch ist ein True-Crime-Thriller und handelt von zwei besten Freunden, die in Neustadt-Böbig aufgewachsen sind – Adrian, frisch ausgebildeter Personenschützer, ein bisschen ein „Ghetto-Prinz“, und Yassin, Investigativ-Journalist. Gemeinsam wollen sie in Tschechien eine Undercover-Reportage über den illegalen Wildtierhandel drehen – und geraten dabei richtig tief hinein. Erzählt wird die Geschichte aus Adrians Sicht.
Adrian hat gerade sein letztes Geld für die Bodyguard-Ausbildung ausgegeben und würde am liebsten direkt losziehen, durch die Welt jetten und VIPs beschützen. Yassin, der bei einem großen investigativen Online-Format arbeitet, plant während der Coronakrise die Undercover-Aktion: „Ey, ich hab die Story – wir müssen nach Tschechien und uns als Tiger-Käufer ausgeben. Wir filmen das undercover.“ Dafür bietet er Adrian 15.000 Euro. Adrian denkt sich: ja, ich brauch das Geld, ich will hier raus – klar, ich komme mit.
Man stolpert mit den beiden von einer Situation in die nächste. Die Story zieht immer tiefer, und es passiert ständig etwas – kaum Zeit zum Durchatmen.
??? Du hast während deiner Recherche mit Interpol-Ermittlern, Rangern und sogar Leuten aus dem organisierten Verbrechen gesprochen – wie kommt man an solche Kontakte ran? Gab es einen Kontakt, der eine besonders große Hilfe war.
Czaya: Die Leute bei Tierart e.V. kennen sich beim Thema Wildtierhandel extrem gut aus. Sie haben mir die ersten Hinweise gegeben – zum Beispiel auf Tigerhändler in Tschechien oder Albanien und darauf, wie dieses Geschäft grundsätzlich funktioniert. Das war mein Sprungbrett. Und von da an hat sich alles weiterentwickelt. Angefangen hat das Ganze vor fast vier Jahren.
Außerdem hatte ich einen Kontakt namens Patrick Miles – den Namen kann ich nennen, weil er selbst schon in einer Dokumentation über Gewalt und seine Vergangenheit aufgetreten ist. Ich habe ihn damals angeschrieben. Er kommt aus Hamburg und war mehrere Jahre im Gefängnis, wegen organisierter Kriminalität und Drogenhandel im großen Stil.
Als wir das erste Mal Kontakt hatten, war er im offenen Vollzug – und er dachte fünf Wochen lang, ich wäre vom Bundeskriminalamt - irgendein verdeckter Ermittler. Bis ich ihm irgendwann gesagt habe: „Nein, Digger, ich bin wirklich Autor. Kein Scheiß.“
Für meine Recherche war er wahnsinnig wichtig, weil er viele Schmuggelwege in Europa kannte – aktive und inaktive. Er kannte auch verschiedene Kartelle und konnte erklären, wie sie arbeiten, wie untereinander gesprochen wird, welche Regeln gelten. Er hat mir diesen großen Überblick über die organisierte Kriminalität in Europa gegeben. Und das war entscheidend, weil das erste Buch ja in Europa spielt. Das zweite soll dann in Afrika spielen – aber da sind wir noch nicht.
??? Was hat dich an diesem Thema – illegaler Wildtierhandel – so nicht mehr losgelassen, dass du über drei Jahre lang recherchiert hast?
Czaya: Mich hat vor allem die Absurdität nicht mehr losgelassen. Dieses Geschäft ist unfassbar lukrativ – und gleichzeitig völlig sinnlos. Bei Drogen, Waffen oder Menschenhandel gibt es, so zynisch das klingt, zumindest einen klaren „Markt“. Beim Wildtierhandel existiert kein tatsächlicher Zweck. Ein Großteil wird für angebliche Heilmittel in der traditionellen chinesischen Medizin verarbeitet – für ein sehr wohlhabendes Klientel. Und damit werden Milliarden umgesetzt.
Der Handel mit lebenden Tieren ist dabei gar nicht das größte Problem. Einen Tiger kannst du nur einmal verkaufen, und mit rund 3.000 Euro pro Tier ist das im Verhältnis sogar „günstig“. Aber wenn du Tiger züchtest, sie schlachtest und in Einzelteilen verkaufst, kommst du schnell auf rund 150.000 Euro pro Tier. Knochen, Zähne, Organe, Fell, Fleisch und sogar der Penis – alles wird verkauft: getrocknet, gepresst, als Paste oder Pille. Das Fatale daran ist: Das basiert komplett auf Aberglauben. Ein Aberglaube, der die Gesundheit sogar gefährden kann.
Und das nächste Problem: Dieses Geschäft wird kaum geahndet. In Europa ist es zwar verboten, aber die Strafen sind lächerlich gering. Für das Schmuggeln von mehreren Tonnen Elfenbein bekommst du vielleicht zwei bis drei Jahre Gefängnis. Vergleich das mal mit dem Kokainhandel – da bist du lebenslänglich weg. Genau deshalb nutzen viele Kartelle, die mit Drogen, Waffen oder Menschen handeln, den Wildtierhandel als zusätzliche Einnahmequelle. Kartelle und mafiöse Strukturen denken wie Unternehmen – nur eben illegal.
Das ist auch das Entscheidende bei so einer Recherche: Du musst es wie ein Geschäft betrachten – Nachfrage, Preis, Vertrieb, Lieferung. Wenn du moralisch zu tief reingehst, machst du irgendwann den Abgang bei dem ganzen „Scheiß“, den du dir da reinziehst. Du brauchst eine große Distanz, sonst hältst du das nicht durch.
??? Hast du während deiner Recherche jemals selbst gefährliche oder grenzwertige Situationen erlebt?
Czaya: Viele Recherchen musste ich natürlich aus sicherer Distanz durchführen, aber es gab auch Begegnungen vor Ort. Was genau da passiert ist, kann ich allerdings nicht im Detail erzählen. Teilweise ist es in Europa schlicht unmöglich, unmittelbar zu recherchieren – schon allein, weil ich mir keinen Personenschutz leisten könnte, der so etwas überhaupt möglich macht. Du kannst ja nicht einfach irgendwo auftauchen und sagen: „Guten Tag, ich schreibe einen Roman über illegalen Wildtierhandel.“
Ein entscheidender Punkt bei Kartellen ist: Solange du ihnen nicht ins Geschäft pfuschst, interessieren sie sich nicht für dich. Die Frage ist nur: Ab wann fühlen sie sich gestört? Und das weißt du vorher eben nicht.
Während meiner Recherche gab es auf jeden Fall Situationen, in denen Quellen zu mir gesagt haben: „Stopp. Bis hierhin und nicht weiter. Das wird zu gefährlich.“ Solche Momente gab es wirklich.
So makaber es ist, das Thema macht mir aber auch Spaß. Wenn ich jetzt irgendwo eine Doku sehe, kann ich sie direkt einordnen – sagen, das ist nicht die Wahrheit, das ist nur die Hälfte der Wahrheit. Man lernt sehr viel. Du bist dann wirklich drin in der Materie. Man muss schon aufpassen, aber das ist so ein bisschen die journalistische Geilheit: umso krasser es wird, umso geiler ist es dann auch.
??? Wenn du so dicht an echten Fällen und Gesprächen dran bist – wo ziehst du die Grenze zwischen Realität und Fiktion? Wo beginnt bei dir der Thriller, wo endet der Journalismus?
Czaya: Ich habe das Buch ganz bewusst nicht als Dokumentation oder Sachbuch angelegt, sondern als Thriller. Es soll in erster Linie unterhalten. Der Inhalt basiert zwar auf vielen Fakten, wird aber erzählerisch verdichtet und zugespitzt. Das Kartell im Buch besteht zum Beispiel aus Elementen mehrerer realer Kartelle, die ich zu einer fiktiven Organisation zusammengefügt habe. Mir ist wichtig, dass auf jeden Fall ein wahrer Kern dahintersteckt – alles andere wird literarisch geglättet, sonst würde die Geschichte zu langatmig und die Spannung verloren gehen.
??? True Crime bewegt sich ja zwischen Unterhaltung und Aufklärung – wie gehst du damit um, wenn du reale Kriminalität literarisch verarbeitest?
Czaya: Da habe ich einen klaren Leitsatz: Ich bin dafür da, Leute zu unterhalten – das ist mein Job. Früher in der Schule habe ich nur etwas gelernt, wenn der Lehrer mich für das Thema begeistern konnte – und genau das ist auch der Anspruch an mein Buch. Es muss erstmal fetzen; man muss Lust haben, weiterzulesen. Du lernst während des Lesens zwar immer mehr über den illegalen Wildtierhandel, aber das ist nicht das Hauptthema. Es geht um zwei Jungs, die sich immer tiefer in kriminelle Machenschaften verstricken und irgendwann merken: oh oh – jetzt kommen wir da nicht mehr so einfach raus.
Am Ende ist es eine schöne Sache, wenn die Leser sich gut unterhalten gefühlt haben. Dann schreiben sie dir: „Ey, das war ein tolles Buch, es hat Spaß gemacht, es zu lesen.“ Und wenn zwei oder drei davon noch sagen: „Wow, ich habe etwas über den illegalen Wildtierhandel gelernt und unterstütze jetzt mit ein paar Euro eine Organisation wie die Tierart Wildtierstation“, dann ist das ein Extra obendrauf – aber das erwarte ich nicht von meinen Lesern.
??? Der Vorverkauf läuft. Warum die limitierte Auflage mit Signatur und geheimem Kapitel?
Czaya: Ich wollte etwas Besonderes schaffen, kein Massenprodukt. 1000 Exemplare, handsigniert, mit exklusivem Zusatzkapitel – ein Sammlerstück für alle, die von Anfang an dabei sind.
??? Und ganz zum Schluss: Nach so einer intensiven Geschichte – brauchst du erstmal Abstand, oder schreibst du schon am nächsten Projekt?
Czaya: Meine nächsten Projekte darf ich noch nicht ankündigen, aber die Verträge sind bereits unterschrieben. Eine Fortsetzung von Billions and Bones hängt davon ab, wie der erste Teil angenommen wird – so ein Buch muss ja auch finanziert werden. Wenn alles gut läuft, soll der zweite Teil in Afrika spielen. Dann werde ich mich dort wieder auf die Lauer legen.
??? Danke für deine Zeit und die offenen Antworten. Wir sind gespannt, wie es mit Billions and Bones weitergeht.
- Billions and Bones
- Foto: Leon Klaas
- hochgeladen von Eva Bender
Billions and Bones
Autor: Philipp Czaya
Verlag: CzayaBooks
Format: Softcover (13 × 19 cm)
Umfang: 220 Seiten
Gewicht: ca. 350 g
Sprache: Deutsch
Erhältlich über: isegrim.shop
Edition: Limitierte, signierte Erstauflage
Versand ab: 9. Dezember 2025
Autor:Eva Bender aus Neustadt/Weinstraße |
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