Holzbau soll Klimalösung werden und prägt Baukultur – Multihalle wird Ideenraum
- Die Franklinschule in Mannheim
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Mannheim. Holzbau Architektur soll in der Bauwende Teil der Lösung sein. Damit soll CO2 in Gebäuden möglichst lange gespeichert werden. Bekannte Holzbauarchitekten und Experten sprachen Ende Juli über den Holzbau und neue Praxisbeispiele in der Multihalle in Mannheim.
Von Julia Glöckner
Beim neuen Format Multi_MA in der Multihalle, die in den 70ern für die BUGA entstand, sprach Liza Heilmayer aus dem renommierten Architekturbüro von Professor Stephan Heilmayer und Frenzel. Das Büro begleitet aktuell die Sanierung der Multihalle. Der Baustoff wirke am Gebäude solide und geschmackvoll, „zauberhaft“ wie sie es nannte. Gleichzeitig ist er nützlich, weil er CO2 speichert und sich vorfertigen lässt. „In seiner kohlenstoffspeichernden Eigenschaft hat er allerdings nur die gewünschten Effekte, wenn er in Bauwerken einen langen Nutzen hat“, sagte Heilmayer. Mineralisches Bauen sei dagegen ressourcen- und stromintensiv und mit hohen Emissionen verbunden.
Kreislaufidee
Durch Recycling, den Abbau von Holz, wird das gespeicherte CO2 dagegen wieder frei. Wesentlich ist bei der Lösung durch Holzbau daher, langlebige Gebäude zu bauen und so wenig Baustoff wie möglich downzucyceln. Holzbaubrücken könnten durch Umbau zum Beispiel noch zu Hallen werden, erklärte Heilmayer.
Doch Holzbau sei auch herausfordernd. „Seit 60 Jahren stoßen wir auf Widerstände bei Branddirektionen. Dass Holz Feuer lange standhalten kann, ist berechenbar. Es erfüllt alle Anforderungen beim Brandschutz“, sagte Heilmayer.
Leichter Baustoff eignet sich für Aufstockung
Ein weiterer Vorteil ist das geringe Gewicht. So sind Konstruktionen auf Tiefbunkern möglich, genauso wie Hochhäuser, die grundsätzlich höher planbar sind wie Betonbauten. Vor allem an Kitas in allen Größen eigne sich der Baustoff hervorragend, genauso wie durch die großen Spannweiten auch an Sporthallen. „Dabei sind die Träger vorgefertigt und lassen sich zum Hallendach zusammenfügen“, erklärt Heilmayer.
Viele EU-Länder planen die Umstrukturierung ihrer Wälder. Die schnellwachsende Fichte verträgt Hitzeperioden nicht. Sie wird mehr und mehr durch Laubbäume ersetzt. „In den nächsten Jahren werden große Einschlagmengen für Fichtenholz erwartet, das die allermeisten Bauanträge im Holzbau schon kennen“, sagte Heilmayer. „Wir müssen uns künftig mit dem vollholzigeren, härteren Laubholz als Baumaterial noch mehr auseinandersetzen.“
Die Praxisbeispiele des bekannten Stuttgarter Büros zeigten, was möglich ist. Die großen gestapelten Gebäude der Klasse 5, die das Büro neben Brücken und Wohnhäusern realisierte, umfassen vor allem Institute, Labore, Versammlungsstätten. Mit Blick auf Tragwerksplanung, Flächenverbrauch und Geschosshöhe lässt sich teurer Baustoff wirtschaftlich intelligent einsetzen. Intelligente Lösungen gibt es auch beim Thema Belüftung, um ohne Klimaanlage auszukommen.
Professor Birk Heilmayer forscht derzeit am Einsatz von Pressholz für Winkelverbinder, die kombiniert mit Konusadaptern eine einfach lösbare Verbindung geben. So käme man ohne schwere Stahlteile aus.
Im Sinne der Nachhaltigkeit und des Rückbaus ist es wesentlich, die Verbindungen nicht zu verkleben oder zu verschmelzen, erklärte Architekt Johannes Sack aus dem Studio LEK, das sich dem Holzbau widmet.
Johannes Sack stelle einige Projekte, vor allem Werks- und Gewerbe- und Lagerhallen, teils mit integrierten Büros und Hülle. „Holzbau kann durch die kurze Bauphase und die Vorfertigung günstiger sein. Er ist aber nicht unbedingt monetär günstiger, sondern muss entsprechend geplant werden, etwa durch verkleidete Sperrholzdecken.“
Viele Landschaften in Deutschland sind immer noch zersiedelt durch Dorfstrukturen mit riesigen Gärten, was Kommunen zwingt, nach außen ins Grüne zu wachsen, obwohl sich Kommunen schon lange das Bauen in zweiter Reihe wünschen und Länder wie Bayern und Baden-Württemberg Anreize dafür setzen. „Ist es das, was wir mit Heimat verbinden?“, fragte Sack. Dabei könnte Holzbau Gebäude und Dorfstrukturen von innen beheimaten sowie auch von außen.
Holzbau in Franklin
Die Holbauarchitektur der Franklin Schule ist in Farbe und Fenstergestaltung der Fassade eines Bootshauses in Stockholm angelehnt. „Neben dem Holzneubau blieb der Bestand der alten Schule stehen, was sich angesichts der Schülerzahlen heute als Segen erweist“, erklärte Journalist Fabian Peters aus Berlin. Auf dem EG aus Beton sind insgesamt 16 Lernhäuser aufgesetzt, je vier gruppieren sich um einen Clusterraum. Die Cluster sind Durchgangsräume, die als Ausweichklassenzimmer genutzt werden.
- Die 16 Klassenräume, von denen sich je vier um einen Clusterraum gruppieren, sind auf dem Entwurf des Büros LRO Stuttgart gut erkennbar.
- Foto: LRO Stuttgart
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Das Franklin Village wurde aufgrund seiner Begegnungszonen, die ein starkes Gemeinschaftsgefühl schaffen, Vorbild für private, teilgenossenschaftliche Projekte, etwa im Heidelberger Süden in der Rheinstraße. „Die vierflügelige Anlage gruppiert sich um einen grünen Hof, der neben dem großdimensionierten Laubengang Begegnungszone für die Bewohner ist. Der einstöckige Bestand wurde durch zweistöckigen Holzbau aufgestockt“, berichtete Peters. „Der Neubau ist durch den Laubengang erschlossen, auf den in jeder Ecke des Hofs eine Treppe führt.“ Das Gemeinschaftshaus steht nicht nur Bewohnern offen, sondern ist Treffpunkt fürs Franklinviertel.
- Franklinvillage im Mannheimer Norden
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Weitere Informationen:
Das neue Format Multi_MA findet in der Multihalle im Herzogenriedpark statt. Dort soll zum 100-jährigen Geburtstag des Architekten der Halle Frei Otto künftig über Baukulturthemen diskutiert werden. „Baukultur darf nicht abhängig von der Haushaltslage sein“, sagte OB Specht bei der Eröffnung. Das Projekt sucht weitere Förderer. Die erste Veranstaltung förderten BDA, Bundesstiftung Baukultur und die Stadt Mannheim.
- Holzwohnhaus für die GBG
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Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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