Tag des Denkmals
Wohn- und Fluchtstätte: Überleben im Hochbunker
- Foto: Susanne Krauß
- hochgeladen von Cornelia Bauer
Ludwigshafen. Hochbunker stehen nur in 80 deutschen Städten, in Industriezentren, wo Fabriken auf Rüstungsindustrie umgestellt hatten. Stellvertretender Stadtarchivleiter Klaus Becker führte am „Tag des offenen Denkmals“ durch den Hochbunker im Schlachthof und verriet viele Details.
Angesichts der Bunkergröße ist es kaum zu glauben, dass bei Angriffen über 600 Menschen im Bunker eine Fluchtstätte fanden. In den Jahren nach 1943 lebten im Schnitt 180 Menschen im Bunker. Rund 500 weitere flüchteten in den Bunker hinein, wenn die Sirenen losgingen. Man stand dicht an dicht wie in einer überfüllten Straßenbahn. In den Obergeschossen findet man Handabdrücke an den Wänden, weil die Menschen hineindrängten und der Platz eng wurde.
„Viele Techniker, Ingenieure, städtische Angestellte, die im restriktiven Regime nicht wegziehen durften, erhielten mit ihrer Familie eine Wohnberechtigung“, erzählte Becker. „Dank der Bunker gab es in Ludwigshafen nur 1.700 Tote durch die Luftangriffe.“ Dresden, das nicht vorbereitet war, zählte 25.000 Tote.
Der Ausstattung des Bunkers, die bis heute original erhalten ist, haftet keine Gemütlichkeit an. Aber sie ist technisch und baulich modern für die damalige Zeit. Mit Wandbemalung schaffte man etwas Atmosphäre.
Das Bunkermuseum spielt im Bunker auch Tonspuren ab, die die Stunden des Ausharrens im Bunker noch lebhafter vor Augen führen. „Ich habe noch Bilder vor Augen von einer zerstörten Stadt, ein Aleppo, ganze Straßenzüge lagen in Trümmern“, sagt ein 86-jähriger Zeitzeuge. „Aus dem Fenster sah ich eine Mustang abstürzen.“
Während die Briten eine Strategie der Flächenbombardierung fuhren, um die deutsche Bevölkerung zu demoralisieren, konzentrierten sich die Amerikaner auf Präzisionsbombardements am Tag mit dem Ziel, die deutsche militärische Infrastruktur und die Industrie zu zerstören.
Die Stadtbevölkerung lebte noch in den letzten Kriegsjahren großen Zusammenhalt und baute die Infrastruktur wieder auf, weil die schweren Angriffe auf die Stadt Ende 1943 beendet waren. Als Berlin 1945 die großen Luftangriffe erlebte, fuhr hier wieder die Straßenbahn.
Bis in die 60er Jahre lebten Familien in den Hochbunkern, die auch in Mannheim stehen. Die Wohnungsnot war nach dem Krieg sehr groß. Das führt vor Augen, was es für die Stadtbevölkerung bedeutete, Neubauquartiere wie Mannheim Herzogried, Vogelstang oder LU-Pfingstweide zu beziehen. Die neuen Quartiere erfüllten die Bewohner mit Stolz, heute braucht es Baukulturvermittlung, weil nicht jeder Architekturfan sie wohlwollend annimmt.
Weitere Informationen:
Seit 1. Juni hat der Verein Bunkermuseum den Wohnbunker in der Schlachthofstraße 2 angemietet. Jeden ersten Samstag im Monat von 15 bis 18 Uhr finden Bunkerführungen statt. Die Führungen schildern in allen Details das Wohnen und Überleben im Bunker, zeigen Ausstattung, medizinische Versorgung und Nutzen auch mit Blick auf Wiederaufbau, für die es Humankapital brauchte. jg/red
Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.