Schwammstadt City West: Friedenspark wird Hitzeinsel Innenstadt entgegenwirken
- Entlang der Straße sind breite Grünstreifen mit zwei Baumreihen für 920 Bäume geplant. Daneben ist eine mittige Straßenbegrünung geplant.
- Foto: Planungsbüro Adept
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Ludwigshafen. Mit der neuen City West, die auf dem Freiareal um die Kohl-Allee entsteht, verdoppelt sich die Fläche des Friedensparks. Erweiterter Park sowie rund 1.000 Stadtbäume entlang der Kohl-Allee sollen der Hitzeinsel City künftig entgegenwirken.
Von Julia Glöckner
Wer im Sommer durch den Ebertpark radelt oder durchs Wäldchen in der Damaschkestraße spürt, dass dicht bepflanzte Parks wie eine natürliche Klimaanlage wirken. Stadtplaner nennen das Schwammstadtprinzip: Der größte Schwamm ist der Boden, der wie Gründächer Wasser aufnehmen und speichern kann. Wo Böden und Pflanzen über Photosynthese in Hitzesommern Wasser verdunsten, sinken die Temperaturen bis zu 10 Grad gegenüber versiegelten Flächen. Die Schwammstadt ist die vieldiskutierte Lösung gegen Hitze ins unseren Städten.
Schwammstadt bietet Lösung für mehrere Klimaprobleme
Gleichzeitig macht die Schwammstadt Städte starkregenfest. Das Kanalnetz kann an seine Grenzen kommen, wenn es klimabedingt tagelang regnet. In der Schwammstadt fließt der Regen auf Grünflächen ab sowie in unterirdische Regenrückhalteräume oder Versickerungssysteme. Von dort wird es in Grundwasserkörper eingeleitet und in unterirdisch vernetzte Baumgruben.
Laut der Stadt Karlsruhe kämpfen viele Stadtbäume gegen Krankheiten oder ums Überleben, seitdem der Klimawandel spürbar wird. Neugepflanzte Bäume wachsen nicht weniger großkronig, weil sie unter Trockenheitsstress leiden. Große Kronen braucht es jedoch für die Verdunstung von Wasser sowie für die Verschattung von Plätzen. Viele Städte können durch Nachpflanzen die Verluste nicht wettmachen. Denn ein Baum braucht 20 Jahre, um zu wachsen.
„Entscheidend für das Wachstum von Stadtbäumen ist ein großer Wurzelraum“, erklärt der Bereich Klima und Umwelt auf Anfrage. Inmitten versiegelter Plätze und Straßen bleibt wenig Platz, um zu wurzeln. Damit steht Bäumen weniger Wasser und Nährstoffe bereit. Harte Bedingungen für Stadtbäume also: Sie wachsen nicht hoch und bleiben kleinkronig. „Der Wurzelraum unter der Kohl-Allee wird durch unterirdische Skelettbodensubstrat deutlich vergrößert. Damit steht dem Baum ein deutlich größeres Bodenvolumen zur Verfügung und eine tiefere Einwurzelung des Baumes wird möglich“, teilt der Pressesprecher der Stadt Ludwigshafen, Christophe Klimmer, mit.
Versickerungsbecken in Rheinallee
In der Rheinallee, in Höhe der Schumacher-Brücke, wird ein Versickerungsbecken Regen von Asphaltflächen aufnehmen. Solche Versickerungsbecken dienen dem Filtern von Schadstoffe. Das saubere Wasser wir in Hitzesommern in leere Grundwasserkörper oder in vernetze Baumgruben eingeleitet.
Städte wie Stuttgart, Berlin, Hamburg, aber auch kleinere Großstädte wie Augsburg, Bochum, Karlsruhe bauen aktuell nach dem Schwammstadtprinzip um – teils in Pilotprojekten, deren Ergebnisse auf andere Städte übertragbar sein sollen. Nach neuesten Erkenntnissen des KIT Karlsruhe können Pocket Parks das Stadtklima nur um wenige Grad senken. Wirkungsvollste Kühlung bringen dagegen sogenannte Wet Lands, wie es sie im chinesischen Wuhan gibt, oder große Baumparks wie der künftige Friedenspark.
- Wet Lands, in denen die Pegel des Grundwassers in Bodennähe stehen, sind am effektivsten gegen Hitze
- Foto: KI-generiert/Julia Glöckner
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„Wo der Friedenspark unter der neuen Rampe auf die Westbrücke in der Grünachse zum Bahnhof wächst, ist es schwierig, Regenwasser versickern zu lassen. Dort war früher der Standort der Chemifabrik Benckiser und es gibt Altlasten im Boden“, erklärt Umweltbereichsleiter Rainer Ritthaler. Auch die Umsetzung von Wet Lands sei daher dort schwierig. Große Teile des Friedensparks sind jedoch unbelastet. Architekten, Planer und der Bereich Umwelt sind unbegrenzt in den Möglichkeiten, die Schwammstadt dort umzusetzen.
"Die Stadt entstand im Gebiet der ehemaligen Rheinauen. Sie steht quasi aufgeschüttet auf etwa 4 bis 6 Metern über der Aue. Der Füllgrund hat unterschiedliche Qualitäten, was zum Problem bei der Grundwasserrückhaltung werden kann. Grundwasser in der Stadt zu halten, anstatt es abzuleiten, könnte außerdem zur Überschwemmungsgefahr bei Starkregen werden", erläutert Ritthaler. "Das Problem längerer Trockenheit in Hitzesommern lässt sich mit Zisternen lösen. Diese Regenrückhaltebecken halten Wasser nach anhaltendem Regen zurück. Bei Bedarf ist eine gepuffte Abgabe und Bewässern möglich. Das ist eine gute Grundlage für die natürliche Grundwasserneubildung."
- Die Skizze des Planungsbüros Severin zeigt, wo etwa das Versickerungsbecken geplant ist. Nach den Plänen von Adept ist es auf Höhe der Kurt-Schumacher-Brücke vorgesehen.
- Foto: Rheinflügel Severin
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Strategisch und effizient entsiegeln
Laut dem Tiefbauamt der Stadt Karlsruhe werden Städte künftig strategisch entsiegeln, dort, wo gepflanzte Bäume das Stadtklima am ehesten kühlen können. Das werden Orte sein, wo die hydrologische Fließrichtung es zulässt und wo Hitze sich staut und viele Menschen leben. In dicht bebauten Quartieren etwa, wo viele profitieren. Gleichzeitig baut man in Städten bislang nach Effizienzprinzip um, entsiegelt und schafft Schwämme im Boden, etwa anhand vernetzter Baumgruben, wo man ohnehin aufgräbt, um Fernwärme oder Glasfaser zu verlegen.
Nach Angaben der Stadt Ludwigshafen wird der Friedenspark ein zentraler Baustein sein, um das Stadtklima in der City zu verbessern. Daneben lassen sich mit dem Stadtentwicklungskonzept (ISEK) zentrale Plätze in der City entsiegeln. Zudem wird der Bürgerhof mit Pflanzenkübeln verschattet. Auch für die Neubebauung entlang der Allee gibt es bereits Auflagen bei der Umsetzung der Schwammstadt, etwa zum Anteil der entsiegelten Fläche ums Gebäude sowie der Gründachfläche.
Städte richten den Blick beim Thema Schwammstadt zunehmend auf robuste Baumarten. In Graz scheitere die Verschattung der Eggenberger Allee an der Wahl der Spitzahorn, die dort unter der Hitze massiv leidet. Viele Arten erweisen sich in der aktuellen Forschung als nicht klimaresilient, hören bei 36 Grad auf, Photosynthese zu betreiben und überleben anhaltenden Perioden über 40 Grad nicht. Ob in 20 Jahren entlang der Kohl-Allee und im Friedenspark wirklich Bäume wie Amberbaum, japanischer Schnurbaum und Zelklove stehen, muss sich zeigen. Eine Stadtlandschaft zukunftsfähig zu planen, die von einer 80 Meter breiten Bundesstraße durchzogen wird, stellt Ludwigshafen vor eine große Herausforderung.
Wie schnell Städte wie Karlsruhe oder Ludwigshafen klimafit werden können, hängt vor allem aber auch davon ab, wie viel Mittel Bund, Länder und Kommunen für den klimaresilienten Stadtumbau einstellen. jg
- Pocket Parks können kleine Effekte aufs Stadtklima haben, senken gegenüber versiegelten Flächen um ein bis 3 Grad
- Foto: KI-generiert/Julia Glöckner
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Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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