In Zeiten drückender Hitze klimafit werden: Machen, was irgendwie möglich ist

- Weena in Rotterdam: Die Kohl-Allee folgt einem ähnlichen Straßenraumkonzept. Der Mittelstreifen soll zwei Baumreihen umfassen und breiter werden. Ob die Versiegelungsfläche zurückgeht, bezweifelt Buchholz. Allerdings wird damit ein großer Stadtpark möglich, der nach dem Schwammstadtprinzip funktionieren soll.
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Ludwigshafen. Die Stadt war 2023 in mehrfacher Hinsicht eine der Superlative: Sie galt als heißeste und meist versiegelte Stadt im Bundesgebiet. 2025 überholte Mannheim sie laut einer Studie der Umwelthilfe, LU landete nur noch auf Platz 2. Auf seiner Entsiegelungs-Tour führt Buchholz an Plätze, wo mit wenigen Mitteln etwas möglich ist. Denn vor allem Tropennächte und überlastete Stadtentwässerung sind die gefährlichsten Folgen von Vollversiegelung.
Von Julia Glöckner
„Verteidiger kritisierten die Studie der Umwelthilfe im Juni 2024, die Kriterien wie Sommerhitze, Versiegelung sowie innerstädtisches Grün ins Ranking einfließen ließ“, sagt Buchholz. „Das Argument war: Hier steht eine große Chemiefabrik. Diese emittiert bei Produktprozessen Wärme. Heidelberg hat dagegen einen großen Wald. Demnach sei Hitzebelastung in Städten auf diesem Weg nicht messbar oder vergleichbar.“ Gleichzeitig gibt es hier viel Vollversiegelung, so Buchholz. Vor allem die verdichtete City wird zur in heißen Sommern zur Hitzeinsel.
Grünflächen haben vielfältige Effekte aufs Stadtklima. Sie speichern Wasser, das durch Verdunstung die Umgebung kühlt. Trockenheit kann diese kühlenden Effekte wieder aufheben. Deshalb ist es wichtig, in Parks für dichten Schatten zu sorgen, etwa durch Miniaturwäldchen, hitzeresistente Bepflanzung oder angepassten Mähzeiten – wie es im Ebertpark seit einigen Jahren umgesetzt wird. In sogenannten Schwammstädten fließt Regenwasser nicht im Gulli ab, sondern wird auf Grünflächen umgeleitet, wo der Erdboden es speichern kann. Damit steht es Pflanzen in Hitzeperioden bereit. „Die Vollversiegelung sollte also möglichst zurückgedrängt werden“, sagt Buchholz. „Das ist bereits bei Entscheidern in Ludwigshafen angekommen. Nach dem Schwammstadtprinzip wird aber noch lange nicht entsiegelt. Das würde heißen, dass für jede zubetonierte Fläche in gleichem Maß eine Grünfläche geschaffen wird. Man hält die Altlasten aus vergangenen Jahrzehnten dagegen, als man noch nicht so umsichtig mit Chemikalien umging und die vor allem durch Bombardierungen des Chemiehandels in der City in den Boden sickerten. Dass alles gut ist, solange man den Boden versiegelt lässt, ist aber noch kein Argument.“
Stadtentwässerungssystem kam bereits an Grenzen
Entsiegelung dient auch der Regenversickerung bei „Sturzbächen“. Bei einem Straßentheaterfestival vor einigen Jahren habe das Wasser knöcheltief in den Straßen gestanden. Das Kanalnetz sei an die Grenzen gekommen. Eine Überflutung durch Entsiegelung könnte kommen, sagt der studierte Stadtplaner.
Machen, was angesichts der Haushaltslage möglich ist
Buchholz führt an diesem Abend zu Orten, wo Entsiegelung einfach umsetzbar wäre – und wo Projekte bereits gestartet sind, aber unvollendet blieben. Am Friedrich-Wagner-Platz fand die Stadt eine pragmatische Lösung. „Nach Abriss des Pavillons kam Split statt Pflaster auf die Fläche. Das Wasser kann dort in den Boden sickern“, sagt Buchholz. Ein paar Meter weiter vor dem Pfalzwerkeneubau steht eines der vielen, ausgedienten Telefonhäuschen, die aus irgendeinem Grund noch am Stromnetz hängen. „An den meisten fehlt der Hörer“, sagt er. „Wenn man sie entfernt und dort Pflänzchen setzt, lassen sich punktuell Flächen schaffen, wo Wasser in die Erde sickern kann.“
Der Theaterplatz soll mit dem Innenstadtentwicklungskonzept (ISEK) entsiegelt werden, mit dem die City klimafit werden soll. „Darunter liegt eine Tiefgarage. Nach dem Wegnehmen des Pflasters muss genauso viel Wasser im Gulli versickern wie vorher. Fürs Umleiten auf Grünflächen steht es nicht bereit“, erklärt Buchholz. Es gäbe Lösungen wie etwa am Bürgerhof, schlägt jemand vor dem Tourgästen vor. „Zulassen und zum Ort für Wohnbauerrichtung oder Events zu machen“, sind weitere Vorschläge der Besucher.
Ein Stück weiter neben dem Pfalzbau finden sich Schotterbeete, in denen jeweils ein Bäumchen steht. Echte Entsiegelung ist das nicht. „Statt 30 Quadratmeter Schotter raus zu baggern und die Beete damit klimafit zu bepflanzen, führt die Verwaltung den hohen Pflegeaufwand an, der mit Blick auf den Etat zu hoch sei“, sagt Buchholz.
Wann und wie genau der Hans Klüber Platz nach ISEK entsiegelt wird, steht noch nicht fest. Die Feuerwehrzufahrt zum Platz muss bleiben. Eine Option sei die Entsiegelung mit Rasengitter, sagt Buchholz und weiter: „Bei Altbauten sind die Decken oft knapp, damit Substrat darauf halten könnte. Das Dach des Arbeitsamts würde nach statischen Berechnungen halten. Auch vertikales Grün müsste es dort und vielerorts mehr im Stadtgebiet geben.“ Auf Dächern speichern Substrate Regenwasser. Das verdunstet und gibt dadurch Kühle ab.

- Schotterbeete vor einem der schönsten Stadtgebäude in der Innenstadt
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Erfolge und Unvollendetes
Buchholz führt weiter zu vielversprechenden Projekten, die teils unvollendet blieben: die Tiefgaragenzufahrt am Klüber Platz ist bereits mit Rankpflanzen versehen. Auch in der Prinzregentenstraße stehen große, schattenspendende Bäume, die vor Überhitzung schützen. „Eisenpoller waren für den Schutz der Bäume vor Schäden durch Autos notwendig“, sagt Buchholz. „Ob die Bäume in den Kästen entlang der Straße nach unten wurzeln können oder ob für sie nur geschlossene Flächen bereitstehen, konnte ich nicht herausfinden.“ Auf Höhe der Hausnummer 24 stehen Pergolen und Lauben für Rankpflanzen, die für kühlende Frischluftzonen sorgen. „Das wirkt einladend – bei Bepflanzung auch kühlend, eine gute Idee, die sich noch verwirklichen lässt“, sagt Buchholz. Kühlende Frischluft weht auch durch die Gartenstraße, wo Lauben, Rankgitter und Bäume für die frische Brise sorgen. Dort beschatten bereits Bäume den großen Spielplatz und das Regewasser läuft in den Erdboden ab. Wären die Radwege auf dem Damm der Schumacher-Brücke gepflegter, hätte auch dieser Grünraum mehr Potenzial.
„Am Ludwigsplatz, der grünen Lunge und guten Stube der Stadt, gelang ein grünes Bett für die S-Bahn, was man nicht für möglich hielt“, sagt Buchholz. „Diskutiert wird über eine weitere Haltestelle im Hemshof, wenn mit dem Abriss des Rathauscenters der Halt dort wegfällt. Auch über die Verbreitung des Ludwigsplatzes Richtung Osten, indem man den Verkehr dort weiter beruhigt, gibt es Diskussionen.“ Das vielversprechendste Projekt zeigt sich laut Tourgast und OB-Kandidat Martin Wegner wohl am Bürgerhof, wo drei Meter hohe Stahlvasen installiert werden, die Baumpflanzungen ermöglichen. Die Stahlvasen sind über große Rankgerüste miteinander verbunden, an denen Pflanzen wachsen. So entstehen klimafitte Zonen mit Schatten und Sitzgelegenheiten.
Dass mit der Kohl-Allee Versiegelungsfläche zurückgeführt wird, hält Buchholz für unwahrscheinlich, trotz der vier Baumreihen. Er hofft, dass der Friedenspark wie versprochen zur neuen innerstädtischen Lunge wird und die Bewässerung oder andere Pläne nicht durch Sachzwänge konterkariert werden. jg


Autor:Julia Glöckner aus Ludwigshafen |
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