ChlamyYummy - Innovatives Biorecycling durch PET-abbauende Grünalgen
Wenn Plastik einfach aufgegessen wird

von rechts nach links: Niko Dalheimer, Lara Peters und Adrian Engels arbeiten mit der Grünalge „Chlamydomonas reinhardtii“ im zwölfköpfigen Team an der Zersetzung von PET-Kunststoff  | Foto: Jens Vollmer
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  • von rechts nach links: Niko Dalheimer, Lara Peters und Adrian Engels arbeiten mit der Grünalge „Chlamydomonas reinhardtii“ im zwölfköpfigen Team an der Zersetzung von PET-Kunststoff
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Kaiserslautern. Über 5 Billionen Plastikteile belasten unsere Meere, der Hauptteil davon ist aus Polyethylen-terephthalat (PET). Jede einzelne PET-Flasche verschmutzt unsere Natur für 450 Jahre. Pro Minute kommen jedoch weltweit 48 Tonnen, beziehungsweise 1,3 Millionen PET-Flaschen hinzu. Diese Umweltbelastung ist mittlerweile unerträglich groß, ein Handeln überfällig. Mikroplastik wurde längst in allen Gewässern, Fischen, sogar Mineralwasser, Bier und entsprechend auch schon in Menschen nachgewiesen. Der WWF schätzt, dass jeder Mensch pro Woche – das Gewicht von fünf Gramm umgerechnet - eine Kreditkarte mitisst. Für Abhilfe will nun ein junges Forscherteam der TU Kaiserslautern sorgen.

Von Jens Vollmer

Das Team aus engagierten Nachwuchswissenschaftlern, die gemeinsam an eine große Idee glauben, modifizierte die Grünalge „Chlamydomonas reinhardtii“, liebevoll „Chlamy“ genannt, so, dass sie in der Lage ist, den Kunststoff PET in seine Einzelteile Ethylenglykol und Terephthalat zu zerlegen und somit PET umweltfreundlich zu recyceln. Erstmals wird durch die Alge auch Mikroplastik zugänglich, was bei konventionellen Recyclingmethoden bislang nicht möglich ist.

Biologische Zersetzung durch Grünalge

Die in unsren heimischen Gewässern vorkommende Alge ist keine Unbekannte, sogar ein Forschungsschwerpunkt an der TU Kaiserslautern. Die Alge wurde schon von verschiedenen Forschungsgruppen zu anderen Zwecken gentechnisch modifiziert und es gab auch schon einige Ansätze zum enzymatischen PET-Abbau, welche allerdings in anderen Organismen stattfanden, berichten Lara Peters, Adrian Engels und Niko Dalheimer dem Wochenblatt beim Laborbesuch. Entscheidend ist in diesem Fall, dass es nun gelang, aus dem relativ neu entdeckten Bakterium „Ideonella Sakaiensis“ Gene zu separieren und der Alge einzusetzen, so dass sie nun in der Lage ist, mittels Schneidewerkzeugen (Enzymen) den PET-Kunststoff in die Einzelteile Ethylenglykol und Terephthalat zu zerlegen - ein ganz und gar biologischer Lösungsansatz. Die entstehenden Grundbausteine können aufgereinigt und für die (Neu-)Synthese von PET und Ethanol, einem Biotreibstoff, verwendet werden. Somit wird nicht nur das PET aus der Umwelt beseitigt, sondern es werden auch fossile Rohstoffe wie Erdöl geschont. Ein großer Vorteil des Verfahrens ist die spontane Anlagerung der Grünalge an Plastikpartikel - deshalb kann auch Mikroplastik abgebaut werden.

Im Bioreaktor zurück zu wertvollen Grundbausteinen

Allerdings wird die Alge nicht in Gewässer ausgesetzt, das wäre in Deutschland gar nicht erlaubt, weil sie gentechnisch verändert ist, sondern in einem Bioreaktor mit CO2 versorgt, mit LED-Licht angestrahlt und mit PET „gefüttert“ - mehr Aufwand ist nicht nötig. So können die entstehenden Einzelteile einfach separiert und aufgefangen werden. Ressourcen, welche für eine konventionelle Plastikproduktion notwendig sind, könnten zukünftig geschont werden und altem Plastik wird ein Mehrwert gegeben, der verhindert, dass dieses weiterhin achtlos weggeworfen wird.
Das Forscherteam besteht aus zwölf Studierenden der Technischen Universität Kaiserslautern, hauptsächlich aus den Fachbereichen der Biologie, Physik und Verfahrenstechnik, unterstützt von der Arbeitsgruppe Molekulare Biotechnologie, geleitet von Prof. Dr. Schroda und der Arbeitsgruppe Mikrobiologie von Prof. Dr. Frankenberg-Dinkel.
Finanzielle Unterstützung kommt von den erwähnten Abteilungen, weiterhin über eine Nachwuchsförderung, von BioComp und über die Hochschulleitung der TU Kaiserslautern. Durch Sponsoring erhalten die Forscher ebenfalls kleine finanzielle Unterstützungen, aber meist nur Materialspenden. Bund oder Land fördern bisher nicht. Diese Unterstützungen decken jedoch bisher nur einen Teil der Kosten, weshalb eine Crowdfunding-Kampagne gestartet wurde. Das erste Ziel wurde nach wenigen Tagen schon erreicht. Im zweiten Ziel geht es darum, in Boston an einem renommierten Wettbewerb teilnehmen zu können. Über 300 Teams aus 40 verschiedenen Ländern stellen dort ihre innovativen Ideen vor. Das würde das innovative Projekt viel größer machen.

Crowdfunding für Teilnahme an internationalem Wettbewerb

Die Forscher arbeiten komplett ehrenamtlich, deshalb fließen die gesamten Crowdfunding-Einnahmen in die Umsetzung dieses Projekts. Labormaterialien, zum Beispiel zur Durchführung der Analysen der Abbauprodukte, Enzym-Aktivitätstests und für die Wachstums-Optimierung im Bioreaktor, müssen angeschafft und die Reisekosten für Boston gedeckt werden.
Noch bis zum 31. Juli kann jeder auch mit einem kleineren Beitrag dieses Projekt unterstützen. jv

Homepage/Crowdfunding:
www.uni-kl.de/hochschulgruppen/iGEM/

Autor:

Jens Vollmer aus Wochenblatt Kaiserslautern

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