Coronavirus
Leben einer Steuerfachangestellten in Zeiten von Corona

Sehr geehrte Damen und Herren,

heute schreibe ich diesen Brief an Sie, nicht um mich zu beschweren oder Ihre Arbeit zu kritisieren, sondern um auf Missstände aufmerksam zu machen.

Ich arbeite seit Juni 2011 in einem Steuerbüro in Speyer (Rheinland-Pfalz). In unserem Beruf ist es immer stressig, da es gesetzliche Abgabefristen gibt, an die man sich halten muss. Unsere Arbeit wird von Prüfern des Finanzamtes, der Rentenversicherung und der Berufsgenossenschaften überprüft. Wir sind es gewöhnt unter Stress und Fristendruck genau und präzise zu arbeiten. Das Motto meines Arbeitgebers lautet dementsprechend auch „Wir achten auf´s Detail“.

Ab dem Tag wo die ersten Infizierten in Deutschland bestätigt wurden, stand das Telefon nicht mehr still. Die Mandanten waren verunsichert, ob es bei uns wie in Italien einen Shutdown geben wird und welche Maßnahmen wir für sie ergreifen können. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine genauen Informationen wie unser Land damit umgehen wird.

Als Deutschland die ersten Einschränkungen für die Gewerbetreibenden und Freiberufler beschlossen hatte wurden bei uns keine anderen Arbeiten (Buchhaltungen, Einkommensteuererklärungen, Jahresabschlüsse und Lohnbuchhaltungen) mehr erledigt. Unsere einzige Aufgabe bestand darin alle Informationen die von der Regierung, den Behörden und der Stadtverwaltung veröffentlicht wurden zu erfassen und ihre Bedeutung für unsere Mandanten zu verarbeiten und diese umgehend zu informieren. Da die Informationen und die Beschlüsse immer nur Stück für Stück veröffentlicht wurden, war es für uns schwer, diese mit bestem Wissen und Gewissen an unsere Mandanten weiterzugeben.

Wir als Steuerbüro berechnen die Steuern, die unsere Mandanten an den Staat und an die Gemeinden bezahlen sollen. Wir sind ein beratender Beruf, wie sollen wir jedoch dieser Tätigkeit nachgehen, wenn wir keine genauen Informationen erhalten.

Als klar war, dass wir Soforthilfen, Kurzarbeitergeld, Kredite und zinslose Stundungen beantragen können, waren wir erleichtert, dass wir unseren Mandanten helfen können ihr Unternehmen zu retten, den Job der Arbeitnehmer zu sichern und somit Existenzen zu schützen.

Dies erwies sich in den letzten Tagen nicht als einfach. Ich möchte einen Satz unseres Bundesfinanzministers Herrn Olaf Scholz und unseres Bundeswirtschaftsministers Herrn Peter Altmaier zitieren „Schnell und unbürokratisch sollen die Hilfen für kleine Unternehmen sein“.

Wie kann etwas unbürokratisch sein, wenn wir für den Antrag auf Kurzarbeitergeld vorab diverse Unterlagen einreichen müssen und danach nochmals diverse Bescheinigungen nachgefordert werden?

Wie kann etwas schnell sein, wenn man mehr als 14 Tage auf die Soforthilfe wartet?

Wie kann etwas schnell und unbürokratisch sein, wenn die Anträge, die veröffentlicht wurden, nicht richtig ausgefüllt werden können, da die Vorlagen nicht richtig erstellt wurden?

Wie kann etwas schnell und unbürokratisch sein, wenn die Anträge in jedem Bundesland anders sind?

Wie können Sie sagen, dass es sich nicht um Kredite handelt und somit nichts zurückgezahlt werden muss und im selben Moment die Information veröffentlicht wird, dass diese im Nachhinein aber versteuert werden sollen?

"Wir lassen niemanden allein", sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Es dürfe und es werde "keine Solidaritäts-Lücke" geben.

Sie haben uns allein gelassen und es gibt eine Solidaritäts-Lücke, den nicht jedem wird geholfen. Viele Bürger/ Steuerzahler kommen mit dem ganzen Papierwahnsinn, den man einreichen muss, nicht zurecht und geben teilweise auf, da sie vielleicht keinen Steuerberater haben.

Wer hilft ihnen, wenn keiner von Ihnen ans Telefon geht?

Wer erklärt ihnen, was Sie tun können, was Sie beantragen können und welche Folgen dies hat?

Wer hört den Unternehmern und Selbstständigen zu die weinen, da Ihre Existenz in Gefahr ist?

Richtig, ich und meine Kolleginnen und Kollegen in den Steuerkanzleien hören zu, wir trösten die Mandanten, wir weinen mit unseren Mandanten, wir freuen uns mit unseren Mandanten, die wir teilweise schon Jahre lang betreuen.

Dem so ist es nun mal wir sind einfach für Sie da und hören Ihnen zu.

Haben Sie in den letzten Tagen mal zugehört?

Unser Land ist stark, wir sind stark. Ich hoffe das diese Pandemie unserem Land ins Gedächtnis ruft, das wir alle an einem Strang ziehen müssen und dass hier keiner alleine ist.

Mit freundlichen Grüßen

Vanessa Bundschuh

Eine Steuerfachangestellte, die ganz unbürokratisch handeln wollte und nun sehr bürokratisch alle benötigten Unterlagen zusammenstellt.

Autor:

Vanessa Bundschuh aus Wochenblatt Speyer

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