Klima Konkret
Zukunft mit Natur - wie aus vielen kleinen Biotopen ein großes Paradies wird

Manche Menschen verstehen nicht, warum sein Garten so "verwildert" ist - Kurt von Nida in seinem "Hinterhof-Biotop"  | Foto: Heike Schwitalla
  • Manche Menschen verstehen nicht, warum sein Garten so "verwildert" ist - Kurt von Nida in seinem "Hinterhof-Biotop"
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Klima konkret. „Me(h)r machen mit“ das heißt nicht nur mehr sondern auf pfälzisch auch WIR machen mit, erklärt Kurt von Nida, ein Mann, der wie kaum ein anderer seit Jahrzehnten für den Naturschutz in der Südpfalz steht. „Me(h)r machen mit“ ist der Name einer Initiative der Aktion Südpfalz-Biotope und soll Landwirte, Winzer, Kommunen, Unternehmen, Schulen aber auch Privatpersonen dazu bewegen, mehr Biotope zu schaffen.

„Selbst auf kleinstem Raum im eigenen Garten kann man Lebensräume schaffen, die zum Erhalt der Artenvielfalt in unserer schönen Südpfalz beitragen“, sagt Kurt von Nida - und er weiß wovon er spricht, denn bei ihm zuhause in Kleinfischlingen, wo auch der Naturschutzverband Südpfalz NVS mit seiner NaturStiftung seinen Sitz hat, gibt es genau das: Eine wilde Urlandschaft im Hinterhof. Noch immer kommen manchmal Menschen vorbei und fragen, warum in seiner schönen Gartenlandschaft nicht mehr Ordnung herrsche, dann erklärt er geduldig: „Für die Artenvielfalt ist ein aufgeräumter Garten nicht optimal. Es muss nicht immer alles ordentlich gemäht sein oder in Reih und Glied stehen. So mache es beispielsweise Sinn, abgeblühte Stauden über den Winter stehen zu lassen, die bieten Quartiere für Insekten und damit wiederum Nahrung für Vögel. Licht, Schatten, verschieden hohe Pflanzen - jede noch so kleine Ecke zählt, jeder Steinhaufen kann ein Versteck für eine Eidechse werden.“.
Auf ihren rund 800 eigenen Grundstücken lebt die Naturstiftung diese Ideale natürlich, seit einigen Jahren schult man aber auch Kommunen, damit die ihre Grundstücke ökologisch aufwerten und naturschutzfachlich pflegen. „In rund 70 Südpfalz-Kommunen waren wir schon, haben den Mitarbeitern erklärt, wie man Hecken und Sträucher mit Rücksicht auf die dort brütenden Vögel pflegt, wie man Gewässer als Biotop optimiert und wie man mit einer Staffelmahd der Grünflächen allen Tier- und Pflanzenarten hilft.“ Oftmals müsse man auch den Bürgern erklären, was da mit dem kommunalen Eigentum passiert, dass eine gewisse „Verwilderung“ gewünscht ist und dass diese entstehenden Gemeinschaftsbiotope die Region langfristig aufwerten und gegen den Klimawandel resistenter machen.

Bürger, Kommunen Landwirtschaft - alle sind gefordert

Von allen, die keine „Dreckecke“, kein Gestrüpp in ihrem eigenen Garten wollen, wünscht sich Kurt von Nida ein bisschen Toleranz und Akzeptanz. „Nicht mit gerümpfter Nase in den scheinbar wilden Nachbarsgarten schauen, sondern sich freuen, dass hier jemand ganz konkret etwas für den Erhalt der Artenvielfalt tut“.
Auch Landwirte und Winzer spricht die Aktion Südpfalzbiotope ganz gezielt an. „Sie können viel zu dem angestrebten Biotop-Verbund beitragen“, weiß Kurt von Nida. „Und sich selbst das Leben und die Arbeit erleichtern“, fügt er schmunzelnd hinzu. Er weiß aus langjähriger Erfahrung, dass es nicht immer einfach ist, Landwirte und Winzer vom Naturschutz zu überzeugen, aber man kenne und respektiere sich mittlerweile, so dass auch da viel in Bewegung gekommen ist. Seien es Steinmauern und Blühstreifen oder Baumreihen entlang der Felder und Weinberge, Nisthilfen, Rebzeilenbegrünung oder der Anbau bestimmter Getreidesorten und Blühpflanzen - Landwirte und Winzer verstünden mittlerweile, dass solche Maßnahmen auch für sie selbst hilfreich sind, etwa in er nächsten Hitzeperiode oder beim nächsten Starkregen. 

Viele kleine Flächen zu einem Großen zusammenfügen

Denn funktionsfähige ökologische Wechselbeziehungen benötigen ein Netz verbundener Biotope für Lebensräume und Lebensgemeinschaften der Tier- und Pflanzenwelt. In einem Biotopverbund sollten Kern-Biotope über Trittstein-Biotope und Biotop-Korridore idealerweise räumlich vernetzt sein. „Und es braucht ja gar nicht viel, um in Sachen Naturschutz und Artenvielfalt was zu bewegen“, sagt Kurt von Nida. „Je mehr Menschen mitmachen, je mehr kleine Flächen sich zu einem großen Verbund zusammenfügen, desto besser.“ Ein Meldeformular für interessante oder problematische Biotopflächen kann auf der Homepage aktion-suedpfalzbiotope.de heruntergeladen werden. In eine Datenbank werden dann alle Flächeninformationen eingepflegt. Diese Informationen werden genutzt zum Aufbau eines südpfalzweiten Biotopverbundes und zum Management für die langfristige Pflege von Flächen, gemeinsam mit den Fachbehörden.
2018 wurde die Aktion Südpfalzbiotope als Zweckbetrieb geschaffen, um der Verantwortung der NVS NaturStiftung nachzukommen, ein natürliches Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur zu sichern. Mit im Boot hat der NVS dabei auch die Landkreise Germersheim und Südliche Weinstraße, die Stadt Landau und viele Verbands- und Ortsgemeinden. So werden viele Projekte mit Ersatzzahlungen , die als Ausgleich für die Errichtung von Windparks in der Südpfalz geleistet wurden, finanziert. „Wir sind da alle einer Meinung, dass die Projekte ortsnah zu den Windparks sein müssen, so wie beispielsweise unlängst die Hohlwegsanierung in Freckenfeld als Ausgleich für den am Ort entstandenen Windpark“, berichtet Kurt von Nida von den aktuellen Aktivitäten der Aktion Südpfalzbiotope. Und auch hier wird darauf geachtet, dass nach der insektenfreundlichen Sanierung des Hohlwegs im zweiten Schritt im Umfeld der Lösswand blütenreiche Säume entwickelt werden, wo die Wildbienen langfristig ausreichend Nahrung finden können. „Experten gehen davon aus, dass sich alleine dort in Freckenfeld über 100 Bienenarten ansiedeln könnten. Das zeigt, wie effektiv auch kleinste Maßnahmen sein können, wenn sie durchdacht umgesetzt werden“, sagt Kurt von Nida.
„Wir werden den Klimawandel global nicht aufhalten können, mit unseren Aktivitäten hier in der Südpfalz“, ergänzt der Naturschützer. „Aber wir müssen einfach verstehen, dass der Mensch hier seit Jahrhunderten eine Kulturlandschaft geschaffen hat, für die wir Verantwortung tragen, die wir sorgsam pflegen, erhalten und zum Wohle der Artenvielfalt positiv beeinflussen müssen. Dann haben wir hier in der Region eine Chance, unsere Umwelt, die Lebensräume unserer Tierwelt an die neuen Klimagegebenheiten anzupassen. Eine andere Möglichkeit haben meines Erachtens wir nicht.“
Das erfordere aber auch Toleranz, Verständnis und Aufklärung. So müsse die Bevölkerung verstehen, dass man auch mal einen Baum fällen müsse, um eine Wiese, den einzigen Lebensraum unserer Tagschmetterlinge, zu erhalten. Auch diese Aufklärung sei eine Aufgabe des NVS, ist sich Kurt von Nida sicher. Und er wird auch sich weiterhin mit all seiner Kraft für den Erhalt der Natur und der Artenvielfalt in der Südpfalz einsetzen - und das seit vielen Jahrzehnten - ehrenamtlich und von ganzem Herzen.

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Ausgleich für den Windpark - Freckenfelder Hohlwege wieder Lebensraum für Wildbienen
Autor:

Heike Schwitalla aus Germersheim

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