Vom Denken zur Empörung
Alina Unold gewinnt Landespreis Philosophie

Der Schulleiter Philipp Wehmann, die Philosophie- und Deutschlehrerin Andrea Preis und Alina Unold mit der Siegerurkunde, die ihr von Philipp Wilhelm vom Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz überreicht worden ist. | Foto: Sickingen-Gymnasium Landstuhl
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  • Der Schulleiter Philipp Wehmann, die Philosophie- und Deutschlehrerin Andrea Preis und Alina Unold mit der Siegerurkunde, die ihr von Philipp Wilhelm vom Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz überreicht worden ist.
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von Achim Jung
Das SGL hat schon einige Philosophinnen und Philosophen hervorgebracht, Menschen, die in der Schule gelernt haben, so der Schulleiter des SGL, „sich „mit großen Fragen mit Neugier, Ernsthaftigkeit und dem Mut zu eigenem Denken auseinanderzusetzen“. Zu dieser illustren Reihe ist nun eine weitere Schülerin hinzugekommen, Alina Unold (MSS 12), die beim Landeswettbewerb Philosophischer Essay den ersten Preis gewonnen hat. Mit einem geistreichen, klarsichtigen und argumentativ brillanten philosophischen Essay konnte sie die Jury überzeugen. Der Schulleiter würdigte ihre außergewöhnliche Leistung mit den folgenden Worten: „Alina Unold hat mit ihrer Auseinandersetzung mit Albert Camus' Satz ‚Ich empöre mich, also sind wir‘ die Jury überzeugt; das ist ein spannender Satz, ein ethisches und politisches Bekenntnis: Ich erkenne Leid oder Unrecht – und stelle mich dagegen, gemeinsam mit anderen. Denn wer sich empört, erkennt Unrecht – nicht nur an sich selbst, sondern auch an anderen. Dass dieser Satz gerade derzeit auch negativ genutzt wird, sei an dieser Stelle auch erwähnt, und hier sind die Gründe leider meist nicht ethisch-politisch, sondern vielmehr egoistisch.“
Mit ihrem Sieg hatte sich die Landessiegerin für den Bundeswettbewerb 2025 qualifiziert und durfte als Vertreterin von Rheinland-Pfalz in Münster/Westfalen am nationalen Wettbewerb teilnehmen, bei dem die Möglichkeit bestand, sich für die Philosophie-Olympiade zu qualifizieren, die dieses Jahr in Bari/Italien ausgetragen worden ist.
Bei der Siegesfeier, die in Wallhalben stattfand, würdigte der Vertreter des Bildungsministeriums, Philipp Wilhelm, der aus Mainz angereist war, das Engagement der Schülerin, sich über den Unterricht hinaus mit schwierigen philosophischen Fragestellungen auseinanderzusetzen. Er wies darauf hin, dass sie eine Tradition fortführe, da sie bereits die dritte Landessiegerin vom Sickingen-Gymnasium sei. Er wünsche der Schule, dass diese Tradition auch weiter fortgeführt werden könne, vielleicht sogar von Alina Unold selbst, die im nächsten Schuljahr ja noch einmal beim Wettbewerb antreten könne.
Auch der für den südlichen Teil von Rheinland-Pfalz zuständige Fachberater für Philosophie, Dr. Johannes Hilgart, hatte den beschwerlichen Weg von Mainz nach Wallhalben mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf sich genommen, um Alina Unold zu ehren. In seiner Festrede verdeutlichte er die Aktualität der Themenstellung, nämlich des Zitats von dem französischen Philosophen und Nobelpreisträger Albert Camus: „Ich empöre mich, also sind wir.“. Der Mensch in der Revolte, der Mensch, der sich empört, sage nein zur Absurdität der Welt, zu allem Sinnlosen, was ihm begegne, Dr. Hilgart: „Am Beginn jeder Revolte, jeder Empörung steht laut Camus die „Befremdung“ durch die Realität dieser Welt und unseres Daseins.
Diese 'Befremdung' hat nun große Ähnlichkeit mit jenen Denkanlässen, die Menschen schon immer zum Philosophieren bewegt und geführt haben. Denn auch der/die Philosophierende ist befremdet, auch wer philosophiert, sagt nein. Nein zum gedankenlosen Dahinleben, nein zum Gefangensein in leeren Konventionen, nein zum Sich-Zufriedengeben mit der ungenauen Verwendung von Begriffen, nein zum Abnicken unreflektierter Dummheiten, wie sie allerorts behauptet werden.
Unsere Preisträgerin Alina Unold formuliert das in ihrem Siegeressay so: ‚Empörung macht deutlich, dass dem Individuum nicht einfach alles egal ist.‘ Diese Art der Empörung, diese gegen das Undurchdachte revoltierende Haltung ist diejenige, die das Fach Philosophie und auch dieser Wettbewerb fördern will.“
Alina Unold stellte schließlich ihren Siegeressay vor und erläuterte die Gründe, warum sie sich für das gewählte Thema entschieden hat: „Ich empöre mich, also sind wir.“ Zwar könne aus unreflektierter Empörung viel destruktiver Streit entstehen, der den Zusammenhalt einer Gesellschaft gefährden kann. Reflektierte und begründete Empörung über tatsächlich Missstände kann dagegen konstitutiv sein für die Entstehung von Gemeinschaft und Solidarität: „Natürlich ist besonders voreilige und unüberlegte Empörung Gift für eine Gesellschaft, da dadurch Menschen verletzt oder fälschliche Informationen verbreitet werden können. Jedoch ist die Lösung hierfür, was uns Schülerinnen und Schülern auch bereits in der Schule beigebracht wird, das Gelesene und dessen Quellen zu hinterfragen, anstatt allem Glauben zu schenken, was vor allem in Zeiten der Sozialen Medien ein fataler Fehler sein kann. Was mir jedoch am meisten an diesem Zitat gefällt, ist, dass die Verbindung zwischen „Ich“ und „Wir“ hervorgehoben wird, was deutlich macht, dass für ein „Wir“ jedes einzelne „Ich“ wichtig ist und dass jedem in Bezug auf eine Gemeinschaft Bedeutung. zukommt. Gemeinsam können Hürden überwunden werden, die allein unüberwindbar erschienen und dies ist ein Punkt, den wir trotz aller Uneinigkeiten niemals vergessen sollten.“
Alina Unold war auch begeistert von der Winterakademie, dem einwöchigen philosophischen Seminar, an dem sie im Zusammhang mit dem Bundeswettbewerb in Münster teilnehmen konnte. Dort stellten PhilosophInnen spannende Themen vor und sie hatte Gelegenheit, Philosophieschülerinnen und -schüler aus anderen Bundesländern kennenzulernen. Die Teilnahme am Bundeswettbewerb sei eine sehr bereichernde Erfahrung gewesen. Außerdem habe sie hier auch ihr Thema für die Facharbeit in Französisch gefunden, denn es stellt eine Fortsetzung der Thematik ihres Wettbewerbbeitrages dar. Dess Thema war: die sie im zweiten Halbjahr geschrieben hat. Das Thema lautete: "On ne naît pas femme, on le devient. Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht". Das Thema ihrer Facharbeit lautet nun: L'actualité de la Déclaration des droits de la femme d'Olympe de Gouges - Comment peut-on expliquer la soumission subsistante des femmes?"
Auch die zweite Preiträgerin, Eleanor Kondla vom Sebastian-Münster Gymnasium Ingelheim stellte dann ihr Essay vor. Sein Thema war ein Zitat des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein: „Wir fühlen, dass selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die Antwort.“
Am Schluss der Siegesfeier überreichte Christoph Merklein aus Ingelheim, der Vertreter des Fachverbands Philosophie Rheinland-Pfalz, der den Landeswettbewerb ausgeschrieben hat und die Jury stellt, der Landessiegerin den Preis. Es handelte sich um die Skulptur einer Eule, dem Wahrzeichen der Philosophie sowie einen Buchpreis.
Alina Unold hat den Siegeressay nicht im Rahmen des Philosophieunterrichts schreiben können, da sie das Fach nach der 10. Klasse leider nicht gewählt hat. Vielmehr hatte ihre Deutschlehrerin Andrea Preis, die auch Philosophie und Ethik unterrichtet, den Wettbewerb zum Anlass genommen, im Deutschunterricht das erörternde und argumentierende Schreiben von Sachtexten zu üben, um die Schülerinnen und Schüler dadurch auf den Wettbewerb vorzubereiten und sie zur Teilnahme zu motivieren. Auf diese Weise kam das philosophische Talent von Alina Unold ans Licht. Außerdem bot der Philosophie-, Ethik- und Französischlehrer Achim Jung in Wallhalben eine AG zum Thema „Philosophieren in französischer Sprache“ an, durch die sich Alina Unold auf den Bundeswettbewerb vorbereiten konnte, denn beim nationalen Wettbewerb muss der Essay in einer Fremdsprache geschrieben werden, nämlich in Englisch, Französisch oder Spanisch. Alina Unold, die Französisch als Leistungsfach gewählt hat, hat bei dieser Gelegenheit bewiesen, dass sie auch in französischer Sprache sehr überzeugend philosophieren kann.
Philosophie wird am SGL sowohl als Grund- und als Leistungsfach angeboten. Das SGL ist sogar die einzige Schule in Rheinland-Pfalz, die Philosophie in der Oberstufe als Hauptfach anbietet. Anders als in anderen Ländern, gibt es Philosophie in Rheinland-Pfalz und auch in Deutschland nur an wenigen Schulen, zusätzlich zum Ersatzfach für Religion, d.h. Ethik. In Deutschland wurde das Fach Philosophie im 19. Jahrhundert nicht in den Kanon der Gymnasialfächer aufgenommen, da die Philosophen damals als gefährlich und staatsgefährdend geltende Gedanken vertraten, wie z.B. Demokratie, Freiheit und Menschenrechte. Denn Deutschland war bis 1918 und dann von 1933 bis nach dem Zweiten Weltkrieg ja keine Demokratie. In der DDR konnte man von 1949 bis 1989 auch nicht von einer freiheitlichen Demokratie sprechen. Das Fach Philosophie wurde am Ende auch nach der Wiedervereinigung und bis heute in Deutschland nicht in den verbindlichen gymnasialen Fächerkanon aufgenommen.

Der Schulleiter Philipp Wehmann, die Philosophie- und Deutschlehrerin Andrea Preis und Alina Unold mit der Siegerurkunde, die ihr von Philipp Wilhelm vom Ministerium für Bildung Rheinland-Pfalz überreicht worden ist. | Foto: Sickingen-Gymnasium Landstuhl
Außer den beiden Siegerinnen erhielten auch die anderen Schülerinnen, die ein Essay eingereicht hatten, eine Urkunde. | Foto: Sickingen-Gymnasium Landstuhl
Christoph Merklein, Alina Unold und Philipp Wilhelm | Foto: Sickingen-Gymnasium Landstuhl
Dr. Johannes Hilgart | Foto: Sickingen-Gymnasium Landstuhl
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Achim Jung aus Landstuhl

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