Die schönste Form von „lebenslänglich“
Statement einer „Sitzengebliebenen“

Ulrike Heckmann im Jahr 1974  | Foto: privat
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  • Ulrike Heckmann im Jahr 1974
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Bruchsal.Aus dem Blickwinkel einer „Sitzengebliebenen“ hat Ulrike Redecker eine besondere Sicht auf „ihre“ MuKs. Einmal MuKs - immer MuKs: Vor 50 Jahren wurde sie an der Musik- und Kunstschule Bruchsal angemeldet und heute ist sie immer noch da. Die Erkenntnisse damals als MuKs-Einsteiger und heute als Schulleiterin und Lehrkraft für Elementare Musikpädagogik ähneln sich.

???: Haben sich die Erwartungen Ihrer Eltern im Jahr 1969 mit der Anmeldung ihrer Töchter an der „Jugendmusikschule Bruchsal e.V.“ aus Ihrer Sicht erfüllt?
Ulrike Redecker: Meine Eltern schickten uns in die MuKs, weil sie der Überzeugung waren, dass man dort was fürs Leben lernt, dass Können Spaß macht und dass qualifizierte Lehrkräfte eine große Vorbildfunktion haben. Volltreffer! Zunächst verliebte sich „Klein Ulrike“ in ihren ersten Blockflötenlehrer und hat eifrig geübt, um ihm eine Freude zu machen. Später hat sie ihre erste Zigarette - inspiriert durch das einzigartige Vorbild ihrer unsterblichen Klavierlehrerin Hilde Feyler - geraucht.
Kurzum: Der Schatz an Erfahrungen, die man als MuKsler machen kann, ist weitaus größer als man dies in einem Prospekt formulieren könnte. Das gilt auch heute noch an der MuKs: Man darf durchaus darauf vertrauen, dass die Erwartungen übertroffen werden.

???: Wie entwickelte sich Ihre „Karriere“ als Blockflötenschülerin?
Redecker: Ich liebte das Zusammenspiel im Blockflöten-Spielkreis und im Ensemble für alte Musik mit Eduard Ludwig. Die Krönung meiner Blockflöten-Karriere war die Teilnahme beim Wettbewerb „Jugend musiziert“ mit meinem Blockflöten-Ensemble im Jahr 1971. Meine Lehrerin hatte mit Rotstift und peinlich groß in meine Noten geschrieben: „Nicht auf die Flöte beißen!“ Ich musste den Einsatz geben, alle schauten auf mich, also war mir die Frage „Was ziehe ich an?“ ebenso wichtig wie die Frage „Wie lang übe ich?“. So machte ich die lehrreiche Erfahrung, dass ich zwar perfekt gestylt war, die verbleibende Übe-Zeit lediglich für einen zweiten Preis ausreichte... Ich habe bis heute gewaltigen Respekt vor der Punktlandung bühnenreifer Leistungen. Das Engagement von Lehrkräften und Schülern von der ersten Vorbereitung über sämtliche Lampenfieber- und Durchhalte-Hürden bis zur Aufführung ist in den vergangenen 50 Jahren an der MuKs verlässliche Tradition.

???: Erst Blockflöte, dann Klavier, dann Zigaretten?
Redecker: Meine legendäre Klavierlehrerin Hilde Feyler war mir eine kostbare Partnerin von der Zeit der Pubertät bis hin zur Studienvorbereitung. Sie hat mich unglaublich gut gekannt; Hilde Feyler hat gespürt, wann es an der Zeit war für romantische Werke oder auch für ein vierhändiges Gershwin-Projekt Hand in Hand mit meiner Schwester Bärbel. Ja, und keiner konnte unter dem heißen Dach im Kinderheim St. Raphael so genussvoll einen Zug aus ihrer überlangen EVE nehmen, mit geschlossenen Augen eine nicht enden wollende Rauchfahne Richtung Metronom hauchen und gleichzeitig kommentieren „Das gefällt mir wie Du das spielst, Ulrikchen“ wie Hilde Feyler. Ich hab's tatsächlich probiert mit der Zigarette. Vor dem Spiegel. Es sah lächerlich aus und mir wurde sofort klar, das kann nur sie!

Heute weiß ich um die Bedeutung einer guten Lehrkraft als außerfamiliäre Bezugsperson. Deshalb liegen mir sorgfältige Personalentscheidungen besonders am Herzen. Wir treffen aus Respekt vor der Dimension dieser großen Verantwortung unsere Auswahl gemeinsam im Leitungsteam.

???:
Gab es besonders spannende Momente als MuKsler?
Redecker: Spannend waren zum Beispiel die Zeugnisse, die es lange Jahre an der MuKs gab. Meistens war zu lesen, dass man erfreuliche Fortschritte gemacht hat, eine starke Begabung hat, gut vom Blatt spielt. Einmal musste ich aber auch lesen „Mit etwas größerer Geduld und Ausdauer müsste Ulrike sich noch einige Fehler des Ansatzes und der Tonbildung auf der Blockflöte abgewöhnen“.
Glücklicherweise wurde ich nicht abgemeldet, sonst hätte ich den wunderbaren Moment verpasst als im Zeugnis stand, dass ich an Werken arbeite, die über das vorgeschriebene Unterrichtspensum beträchtlich hinausgehen! Bis heute bleibt es für mich mitunter eine Herausforderung, den richtigen Ton zu treffen...

Blockflöten-Flashmob am Samstag um 11 Uhr

Aufregend fand ich meine Zeit in der Dixieland-Combo mit Auftritten und „Muggen“ bis zum Landespavillon bei der Stuttgarter Gartenschau. Ich hab schrecklich viel geübt am Keyboard, damit alles total souverän wirkte und ich als lässiger Teenager nebenbei meinen Fans am Straßenrand zuzwinkern konnte, wenn wir in Bruchsal vor dem Schuhhaus Berg spielten. Den „Wild Cat Blues“ hab ich geliebt.
Wenn uns Wolfgang Wittke aber überraschend nen Tonart-Wechsel zurief, war schnelles Handeln angesagt, denn improvisieren konnte ich nicht: Schnell den Strom ausschalten, lächeln und einfach weiterspielen - ich hab schon immer gern Theater gespielt. Dabei sein ist alles, und ein manuelles Technik-Problem wurde kurzerhand durch ein elektrisches Technikproblem gelöst.

Für mich ist die MuKs heute so spannend wie damals. Noch immer reizen mich Momente, in denen Improvisation, kreative Lösungen und Durchhaltevermögen gefragt sind. Es ist geradezu beflügelnd, sich dabei von der Energie unseres kompetenten Musik- und Kunstschul-Kollegiums inspirieren zu lassen.

???: Und jetzt?
Redecker: Ich lade alle Ehemaligen ein, das Jubiläumsfestival zum Fünfzigsten als Hommage an ihre MuKs mitzufeiern, alte Erinnerungen wach werden zu lassen und womöglich nochmals aktiv zu werden. So werde ich zum Beispiel am Samstag, 25. Mai, um 11 Uhr wieder meine Kinder-Blockflöte auspacken und mich beim Blockflöten-Flashmob auf dem Bruchsaler Kübelmarkt unter alle Leute mischen, die Lust haben zu testen, ob gemeinsam so was ähnliches wie die „Ode an die Freude“ rauskommt. Das schöne: Es gibt keine Zeugnisse, schräge Töne bereichern die Klangfarbe und jeder ist willkommen!

Weitere Informationen

Das Gesamtprogramm für das Jubiläumsfestival „DRAUSSEN & GRATIS“, das die MuKS noch bis Sonntag, 26. Mai, ins Stadtzentrum holt, gibt’s auf www.muks-bruchsal.de

Autor:

Cornelia Bauer aus Speyer

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