Kunstwerk im Rheinberger Ehrenhof liebevoll restauriert
Facelifting für drei „alte“ Mädels

Der renommierte Bildhauer Max Kratz (1921-2000) schuf die Plastik „3 Mädchen“. 1957 hatte er von seinem Schwiegervater Gustav Rheinberger den Auftrag dazu erhalten.  Foto: Prof. Max Kratz Stiftung
  • Der renommierte Bildhauer Max Kratz (1921-2000) schuf die Plastik „3 Mädchen“. 1957 hatte er von seinem Schwiegervater Gustav Rheinberger den Auftrag dazu erhalten. Foto: Prof. Max Kratz Stiftung
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Pirmasens. „Facelifting“ für drei „alte“ Mädels. Weil der Zahn der Zeit an der gleichnamigen Plastik genagt hat, wurde das Kunstwerk von Max Kratz im Ehrenhof der einstigen Rheinberger-Arbeitersiedlung im Schaden liebevoll restauriert. Finanzielle Unterstützung erhielt die Stadt für diese Maßnahme von der Rheinberger-Stiftung.
In der Horebstadt nimmt „Kunst im öffentlichen Raum“ einen breiten Platz ein. Mehr als 60 Werke waren nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen worden, darunter repräsentative Skulpturen, monumentale Plastiken, historischen Brunnenanlagen und eindrucksvolle Stelen.
Kunstsinnig waren auch die beiden Schuhfabrikanten Gustav und Robert Rheinberger, die 1923 im Ehrenhof in der Arbeitersiedlung im Schachen ein Merkur-Brunnen mit Bronzeplastik errichten ließen. Auf einem dreistufigen Sockel ruhte eine Kugel mit zwei seitlich herausragenden Wasserspeiern. Sie sollte vermutlich den Planeten Merkur symbolisieren. Darauf stand eine Figur aus Bronzeguss, die den Götterboten Mercurius darstellte – vermutlich angefertigt von Bildhauer Georg Müller, der auch das Schuster Joss Standbild geschaffen hat. Es wird vermutet, dass während des Krieges diese Anlage der sogenannten Metallspende zum Opfer fiel.
Nachdem 1957 der Brunnen beseitigt worden war, stifteten anlässlich des 75-jährigen Firmenjubiläums der Eduard Rheinberger AG „treue Freunde des Hauses“, wie es auf der Inschrift heißt, eine neue Plastik. Zu den Spendern von damals gehörte das „Who ist Who“ des Schuheinzelhandels, darunter so klangvolle Namen wie Prange (Düsseldorf), Zumnorde (Münster), Dismer (Hamborn), Grüterich (Essen), Hoselmann (Duisburg), Rüter (Oberhausen), Vogelsang (Dortmund), Voss (Wuppertal) und Vosswinkel (Bochum). Den Auftrag erhielt Max Kratz, der seit 1951 mit Gerda, der Tochter von Gustav Rheinberger, verheiratet war. Im Jahr 1958 wurde die aus Kunststein gefertigte Skulptur „Drei Mädchen“ im Ehrenhof aufgestellt.
Wind und Wetter haben der filigranen Skulptur in den vergangenen 60 Jahren stark zugesetzt. Im Herbst war das Kunstwerk deshalb gesichert und demontiert worden. Rund ein halbes Jahr brauchte Steinmetzmeister Daniel Becker, um die „Mädels“ auf Vordermann zu bringen. Die fachgerechte Restaurierung erst möglich gemacht hat eine finanzielle Zuwendung der Liselott und Klaus Rheinberger Stiftung.
: Der Schachen als attraktives Wohnquartier erlebt aktuell eine Renaissance. Dabei reichen die Wurzeln des traditionsreichen Viertels weit in die Vergangenheit zurück. Ein wesentliches Element des 1889 in Angriff genommenen Generalentwicklungsplanes der Stadt Pirmasens war die Schaffung von Stadtteilzentren. Diese sollten die Kommunikation zwischen den Bewohnern fördern und gezielt bezahlbaren Wohnraum für Familien mit geringem Einkommen zu schaffen.

Das Viertel wurde von zwei richtungsweisenden Siedlungsprojekten nachhaltig geprägt. 1920 errichtete die Baugenossenschaft für das Bayerische Verkehrspersonal ihren ersten Wohnblock mit 18 Wohnungen in der Maxstraße. Bis 1931 sollten zahlreiche weitere Neubauten folgen. Nutznießer waren in erster Linie Bedienstete von Bahn und Post. 1970 verfügte die Baugenossenschaft über 162 Wohnungen, zwei Läden, eine Gaststätte und 27 Garagen.
Die Eduard Rheinberger Siedlung GmbH war der zweite wichtige Bauträger im Schachen. Ziel war es, nicht nur Wohnraum für Arbeiter und Angestellte der Schuhfabrik Eduard Rheinberger AG zu schaffen, sondern gleichzeitig auch den Ansprüchen moderner Stadtplanung gerecht zu werden. So verwundert es nicht, dass sich der Frankenthaler Architekt Fritz Larouette bei der Gestaltung des Werksviertels stark am Generalerweiterungsplan der Stadt Pirmasens orientierte.
Nachdem der Erwerb der Grundstücke auf dem Schachen abgeschlossen war, konnte im Januar 1932 mit den Vor- und Erdarbeiten begonnen werden. Ab Mitte April 1932 errichtete das Baugeschäft Gundelwein im ersten Abschnitt 16 Gebäude mit insgesamt 27 Wohnungen rund um den Ehrenhof. Pünktlich zum 50-jährigen Firmenjubiläum der Schuhfabrik wurde die Keimzelle der Siedlung am 1. August 1932 mit einer Feierstunde eingeweiht. Bis 1943 entstanden für die Rheinberger-Beschäftigten und deren Familien weitere 40 Häuser mit nochmals 79 Wohnungen im Schachen. ak/ps

Autor:

Andrea Kling aus Pirmasens

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